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Die Grenzen der musikalischen Computerkunst  
  Seit Beginn des Computerzeitalters wird Elektronik dazu verwendet, Musik nachzubearbeiten und zu generieren. In seiner Diplomarbeit am Institut für Elektroakustik und experimentelle Musik fragt Peter Kollreider nach den Limitationen dieser computerbasierter Kunst - veröffentlicht im Uni-Portal mnemopl.net und als Rezension nachzulesen in science.ORF.at.  
Limits der Computerkunst
Rezensiert von Oliver Gingrich

Ist musikalische Computerkunst durch die Verwendung eines bestimmten Programms vordeterminiert? Erlauben Programme für elektronische Musik zwar zuvor Unmögliches - setzen sie dabei aber nicht den Anwendern auch Schranken? In wie fern hilft Interpretation diese Diskrepanz zu überbrücken?

Diesen Fragen geht Peter Kollreider in seiner Diplomarbeit als Polemik am Institut für Elektroakustik und experimentelle Musik nach.
Österreich als Zentrum experimenteller Musik
Seit mehr als einer Dekade gilt Österreich wieder als Zentrum für experimentelle Musik. Künstler wie Peter Rhezak mit seinem Label Mego oder etwa die Gameboymusiker wie Christoph Kummerer haben Wien als Brutkasten auch international in diesem minimalistischen Bereich zu einigem Renommee verholfen.

Peter Kollreider nimmt in seiner Diplomarbeit nicht konkret Künstler ins Visier, sondern fragt generell - nach den Limitationen von computerbasierter Kunst im Zeitalter der Computerdependenz.
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Interpretation und Gegeninterpretation
Seit Beginn des Computerzeitalters wird Elektronik dazu verwendet, Musik nachzubearbeiten und zu generieren. Nicht nur die deutsche Pioniergruppe Kraftwerk, nun wieder in den Schlagzeilen, hat dabei Erstaunliches geleistet. Wie sehr ist der Künstler in der Suche nach Abstraktion in der Musik bei gleichzeitigem Willen zur Sinnvermittlung selbst ein Produkt seiner Zeit bzw. Opfer seines Programmes? Formt die Struktur (das Programm) das Ereignis oder das Ereignis die Struktur?

Textfragmente als typisches Merkmal von technoider Musik - für Kollreider an sich bereits Abstraktion und ein aus jeglichem Zusammenhang gerissenes Sein - stellen dabei oftmals die Schlüssel zu einer vorschnellen pro forma-Adelung der Künstler durch die Hörer dar.
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Technobilder - mit Symbolen bedeckt
Der von Vilem Flusser geprägte Begriff von Technobildern hilft dabei zu erläutern, wie Textfragmente in technoid-musikalischer Umgebung wirken: "Technobilder sind Flächen, die mit Symbolen bedeckt sind, welche Symbole linearer Texte bedeuten."

Die Entwurzelung, aber auch die "Möglichkeit des Recodierens und Rekombinierens" erzeugt aus Textfragmenten in ihrer zeitlichen Kausalität eines Liedes gesehen eine Sinnvermittlung, die mitunter bar jeder intendierte Assoziationskette sein kann. Der Autor argumentiert, dass diese Grauzonen in der Interpretation das Etikett Kunst manchmal nicht verdienen.
Musikalische Sinnaufladung durch Worthülsen
Frei nach Adorno sind Begriffe ohne textuellen oder memetischen Zusammenhang bereits von hohem Abstraktionsgrad. Nur in der Einbettung in Umgebungsvariablen kann Sinnaufladung entstehen.

Oftmals geschieht diese Sinnaufladung für den Zuhörer aber auch durch eine vorgegaukelte Linearität im Rahmen einer musikalische Komposition, so der Autor.

Programme wie die Software MAX der Gruppe cycling '74 unter www.cycling74.com laden zum experimentieren ein, ohne dass profunde Auseinandersetzung von Nöten wären. Oftmals säßen Laien an den Apperaturen, die beim Versuch an den Wurzeln der Akustik zu rühren Codes aufzubrechen versuchen, die sie noch nie verstanden hatten.
->   www.cycling74.com
Krönung durch Musikprogramme
Abstraktes lädt zu assoziativem Denken ein, dabei werden Wortfragmente gerne vorschnell freimütig interpretiert. Jedoch wird ohne Hinterfragung der Interdependenz zwischen Programm und Autor und Werk bei der Bewertung die Schlüsselrolle des begrenzten technischen Fortschrittes außer Acht gelassen.

Ernten Künstler die Früchte ihres Programms? Oder schaffen sie etwas emergentisch Ganzes, welches die Summe der Teile sprengt. So ließe sich der Diskurs zusammenfassen, den Peter Kollreider anhand Vilem Flussers Text über Technobilder angezettelt wissen will.

Eine unkonventionelle Diplomarbeit gespickt mit Textfragmenten, Codes und anderen Textgenres als neuartige Form des Diskurseinstiegs - abgegeben an der Universität für Darstellende Kunst Wien, ist nachzulesen bei mnemopol.net.
->   Direktlink zur Arbeit (Anmeldung erforderlich)
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Informationen zum Autor: Peter Kollreider
Peter Kollreider besuchte am Institut für Elektroakustik und experimentelle Musik den Lehrgang für Computermusik und experimentelle Medien. Nach dessen Abschluss beendet er soeben sein zweites Studium: Kommunikationswissenschaft an der Uni Wien.

Seine Forschungsschwerpunkte umfassen dabei: Dramaturgie, Inszenierung, Kommunikationsstrategien. In seinem Diplomarbeitsthema widmet er sich medialen Gesten bei Frank Hartmann. Als Musiker bildet Peter Kollreider nach dem Projekt satellite footprint-shop nun "Silicone Pumpgun" (www.siliconepumpgun.com). Weitere künstlerische Aktivititäten umfassen: Installationen, elektroakustische Kompositionen, Videos).
->   www.just-another-victim.net
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->   Sämtliche "mnemopol"-Beitrage in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010