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Herz-Gentherapie: Virus als DNA-Fähre  
  Was man vor einigen Jahren noch für einen Wunschtraum gehalten hat, wird offenbar Wirklichkeit: Eine Gentherapie zur Wiederherstellung einer unterbrochenen Sauerstoffversorgung in kranken Herzen. Per Virus-Genfähre wird dabei die genetische Information für die Neubildung von Blutgefäßen eingeschleust.  
Das erklärten führende Wissenschaftler im Rahmen des Europäischen Kardiologenkongresses in Wien.

Der Hintergrund: Manchen Patienten mit Koronarkrankheit - also der "Verkalkung" der Herzkranzgefäße - kann auch mit modernsten Methoden der Bypass-Operation oder Ballon-Aufdehnung der Engstellen nicht mehr geholfen werden. Dann gibt es kaum mehr gut wirksame Behandlungsmöglichkeiten.
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Kardiologenkongress: Mammutveranstaltung in Wien
Österreichs Hauptstadt als "Mekka" der Herzspezialisten: Vom 30. August bis zum 3. September findet in Wien der Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) statt. Die Veranstaltung erreicht echte Mammut-Dimensionen: Bis zu 40.000 Gäste werden erwartet, etwa die Hälfte davon sind Wissenschaftler bzw. Mediziner.
->   Mehr zum Kongress: Wien als "Herz-Mekka"
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Gefäßneubildung könnte helfen
Helfen könnte in solchen Fällen eine Therapie, die zur Neubildung von Blutgefäßen im Herzen führt - der Prozess nennt sich Angiogenese. "Keine einzige uns bekannte medizinische Therapie kann bisher einen solchen Effekt erzielen", erklärte dazu Gabor Rubanyi von dem US-Biotech-Unternehmen Berlex.

So genannte Blutgefäß-Wachstumsfaktoren wie VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) oder FGF (Fibroblast Growth Factor) als körpereigene Substanzen haben allerdings eine solche Wirkung. Per Gentherapie wollen sich die Unternehmen Berlex bzw. Schering diese zunutze machen.
Ein Adenovirus als Genfähre
Zwar könnte man auch versuchen, die Wachstumsfaktoren direkt ins Herz einzubringen, doch eleganter ist die Verabreichung jener Gene, die für Produktion solcher Faktoren verantwortlich sind.

Um das zu realisieren, konstruierten Wissenschaftler eine auf einem Adenovirus basierende Genfähre, die mit dem Gen für den Wachstumsfaktor FGF versehen wird. Die Viruspartikel werden in die Herzkranzgefäße eingebracht - und schmuggeln die Erbinformation in die Zellen hinein.
Im Tierversuch erfolgreich
Auf diese Weise soll die Gefäßneubildung wieder in Gang kommen. Das gelang mit Ad5FGF-4, so heißt das Produkt, bereits im Tierversuch (Schweine) und mittlerweile auch in klinischen Versuchen an Patienten.
Bereits erste Ergebnisse einer klinischen Studie
"Die Agent 2-Studie untersuchte, ob die Therapie mit Ad5FGF-4 bei Anwendung im Herzen die Durchblutung verbessern kann", erklärte dazu Cindy Grines, vom William Beaumont Hospital in Royal Oak im US-Bundesstaat Michigan.

35 Patienten erhielten die Gentherapie. 17 Kranke bekamen stattdessen ein Scheinmedikament. Dabei konnte durch die echte Gentherapie die Größe des schlecht durchbluteten Herzareals um 21 Prozent verringert werden. Die Behandlung wurde recht gut vertragen. Manchmal kam es aber vorübergehend zu Fieber.
Untersuchung mit 900 Patienten läuft
Derzeit wird die neue Gentherapie bereits in größeren Studien mit 900 Patienten untersucht. Dabei soll untersucht werden, ob die Behandelten auf dem Laufband auch wieder stärker belastbar werden.

Nach den Angaben eines beteiligten Forschers reicht offenbar bereits die einmalige Verabreichung der Gentherapie für einen Effekt aus. Die Behandlung scheine zudem auch sicher zu sein, so Gabor Rubanyi.
->   European Society of Cardiology
->   Österreichische Kardiologische Gesellschaft
Mehr zum Kongress in science.ORF.at:
->   Mit High-Tech gegen Herzinfarkte (1.9.03)
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01.01.2010