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Klimawandel: Borkenkäfer bedroht auch alpine Wälder  
  Der Borkenkäfer gilt als der gefährlichste Forstschädling in unseren Breiten. Die anhaltende Trockenheit hat nun den heimischen Wäldern eine wahre Invasion der kleinen Schädlinge beschert. Verschont blieben bislang meist die höher gelegenen Waldgebiete, doch dank des warmen Wetters hat sich der Borkenkäfer heuer auch dort stark vermehrt. Nach Ansicht eines Experten ein Vorgeschmack auf das, was auf die alpinen Schutzwälder zukommen könnte - wenn der Klimawandel generell zu höheren Temperaturen führt.  
Der Borkenkäfer hat bisher höher gelegene Waldgebiete und somit auch die alpinen Schutzwälder weitgehend ungeschoren gelassen. Der heurige Sommer bot aber einen Vorgeschmack auf das, was kommen könnte, wenn sich der derzeitige Trend des Klimawandels fortsetzt.

"Auch wenn bisher in den Hochlagen keine direkten Schäden zu beklagen sind, registrieren wir heuer doch eine deutliche Vermehrung der Borkenkäfers bis in hochgelegene Regionen", sagte Manfred Josef Lexer, Professor am Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien im Gespräch mit der APA.
Heißer Sommer: Explosionsartige Vermehrung
Bild: Bundesamt f¿r Wald
Ein "Buchdrucker"
Generell verbuchen Forstexperten heuer eine explosionsartige Vermehrung der Borkenkäfer, vor allem der Fichtenschädlings-Arten "Buchdrucker" und "Kupferstecher". Laut dem Bundesamt für Wald (BFW - ehemals Forstliche Bundesversuchsanstalt) ist gegenüber der Vorjahr mit einer Verzehnfachung der Schadholzmengen zu rechnen.

Ursachen für die dramatische Entwicklung seien der ungewöhnlich heiße Sommer - die Borkenkäfer werden heuer erstmals in Österreich vier Generationen hervorbringen - und die Trockenheit, welche die Bäume schädigt und eine leichte Beute für die Schädlinge werden lässt.
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Trockenheit verursachte Borkenkäfer-Invasion
Die anhaltende Trockenheit hat den heimischen Wäldern 2003 eine wahre Borkenkäferinvasion beschert. Experten rechnen für heuer mit einer Schadholzmenge von fünf bis sieben Millionen Festmeter - zum Vergleich: Im Vorjahr waren es rund 600.000.
->   Mehr dazu in dem Artikel vom 26. August 2003
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Vom Wind gefällt Bäume als Brutstätten
Dazu komme, dass auch noch Nachwirkungen von Windwürfen aus den Vorjahren spürbar sind, so Lexer.

Werden vom Wind gefällte Bäume nicht rasch aus dem Wald entfernt - und das ist bei großflächigen Ereignissen in unzugänglichen Gebieten oft problematisch - werden sie zu Brutstätten für die Käfer. Durch den hohen Schädlingsdruck werden in der Umgebung auch gesunde Bäume befallen.
Bislang kein Problem in alpinen Schutzwäldern
Bild: dpa
Abgelöste Borke einer Fichte, die vom Borkenkäfer befallen ist. Ein Käferpaar kann bis zu 7.000 Nachkommen haben, und einige hundert der Insekten reichen bereits aus, um eine 30 Meter hohe Fichte absterben zu lassen.
"In den hochgelegenen Wäldern und alpinen Schutzwäldern war der Borkenkäfer bisher zwar kein Unbekannter, er entwickelte sich bisher aber nie zum Problem", erklärt der Experte. Die Insekten konnten sich bisher in den vergleichsweise kühlen Höhen nie so heftig vermehren, dass sie ernst zu nehmenden Schaden anrichten konnten.

Zum Vergleich: Wenn es auf 500 bis 600 Metern Meereshöhe Jahresmitteltemperaturen von acht bis neun Grad hat, so sind es in 1.800 Metern rund zwei Grad.

Auch die Trockenheit trifft die Bäume in den alpinen Gebieten weniger. Denn einerseits sind die Niederschläge in den Bergen generell höher, andererseits kommen die Bäume durch die geringeren Temperaturen mit weniger Wasser aus.
Höhere Temperaturen - mehr Käfer
Durch die bis zu vier Grad höheren Durchschnittstemperaturen im Sommer fühlten sich die Käfer allerdings in diesem Jahr auch in großen Höhen ungewöhnlich wohl und konnten sich entsprechend vermehren.

"Wenn der Trend des Klimawandels mit steigenden Temperaturen noch Jahre und Jahrzehnte weitergeht, so werden wir auch in den alpinen Schutzwäldern mit Schädlingen wie dem Borkenkäfer zu kämpfen haben", warnt Lexer.
Zudem mehr Unwetter und Stürme
Dazu kommt, dass steigende Temperaturen, wie die Meteorologen beteuern, "mehr Energie" in der Atmosphäre bedeuten. Unwetter und Stürme würden zunehmen. Damit werden Wälder und auch Schutzwälder zusätzlich von Windwurf bedroht, dies bedeute wieder ein "gefundenes Fressen" für den Borkenkäfer und somit einen Teufelskreis.

Als kurzfristig wirksame Maßnahme rät der Experte daher den Waldbesitzern und Forstverantwortlichen, bei waldbaulichen Maßnahmen in Zukunft noch sorgfältiger und mit Bedacht vorzugehen. So dürften bei Schlägerungen keine so genannten falschen Schlagfronten entstehen, an denen dann der Wind angreifen kann.
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Bekannte Richtlinien: Einhaltung wird wichtiger
"Eigentlich sind dies wohl bekannte Richtlinien, nur deren Einhaltung wird immer wichtiger", so der Wissenschaftler. Garantie für einen sturmfesten Wald gibt es aber nicht, ab Windgeschwindigkeiten von etwa 25 Metern pro Sekunde sind Schäden kaum zu verhindern.
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Experte: Artenstruktur wird sich ändern
Lexer erwartet auch, dass sich mit wärmer werdendem Klima auch die Artenstruktur in den alpinen Wäldern ändern wird.

Dort wo heute fast ausschließlich Fichten gedeihen, könnten in Zukunft auch mehr Buchen und Tannen einwachsen - ein durchaus positiver Aspekt der Geschichte. Das Potenzial ist jedenfalls da, wäre da nicht das Wild, das bei zu hohen Stückzahlen die natürliche Waldverjüngung be- bis verhindert.
->   Bundesamt und Forschungszentrum für Wald (BFW)
->   Mehr über Borkenkäfer bei der Schweizer Waldforschungsanstalt
 
 
 
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01.01.2010