News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Brustkrebs: Menstruationszyklus bei OP entscheidend?  
  Alleine in Österreich erkranken pro Jahr rund 5.000 Frauen an Brustkrebs - mit steigender Tendenz. Letzter Ausweg ist häufig eine Operation, doch auch nach Entfernung der Brust die gefürchteten Metastasen in Körper entstehen. Eine vieldiskutierte - und bislang unbewiesene - These: Der Menstruationszyklus zum Zeitpunkt des chirurgischen Eingriffs könnte Auswirkungen auf Erfolg oder Misserfolg der Behandlung haben. Neue Nahrung erhält dieser Ansatz nun durch eine aktuelle Studie: Demnach haben die Hormone bei Mäusen deutliche Auswirkungen auf die Entstehung weiterer Krebsherde.  
Die Forscher um Ann Chambers vom kanadischen London Regional Cancer Center haben weiblichen Mäusen in verschiedenen hormonellen Stadien Hautkrebszellen injiziert, um dann die Verbreitung des Krebses genauer zu untersuchen. Ihre Ergebnisse wurden im Fachjournal "Cancer Research" publiziert.
...
Der Artikel "Estrous cycle influences organ-specific metastasis of B16F10 cells" von A. Chambers. S. A. Vantyghem und C. O. Postenka ist erschienen in "Cancer Research", Bd. 63, Seiten 4763 - 4765 (online publiziert am 7. September 2003).
->   Abstract des Originalartikels in "Cancer Research"
...
Österreich: 5.000 Neuerkrankungen pro Jahr
Bösartige Tumore in der Brust sind die häufigste Form einer Krebserkrankung bei Frauen. Alleine in Österreich erkranken pro Jahr rund 5.000 Frauen an so genannten bösartigen Mammakarzinomen - mit steigender Tendenz.
Metastasen trotz operativer Entfernung
Die massivste Behandlungsform: eine chirurgische Entfernung der Brust. Doch die besonders gefürchteten Metastasen im Körper können auch dann noch auftreten, sie gelten als häufigste Todesursache bei Brustkrebserkrankungen.

Über einen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Operation und der Ausbreitung des Tumors gibt es widersprüchliche Ergebnisse.
OP-Termin nach hormonellem Zyklus?
Einige Studien zum Thema haben ergeben, dass Frauen nach Brustkrebsoperationen in einer bestimmten Phase ihres Menstruationszyklus mit einer höheren Wahrscheinlichkeit sekundäre Tumoren entwickeln werden. Andere Untersuchungen wiederum konnten eine solche Verbindung nicht nachweisen.

Zudem wurden die relevanten Daten erst rückblickend gewonnen und die jeweilige menstruelle Phase der Frauen war möglicherweise nicht präzise aufgezeichnet worden.

Doch die These wird ernst genommen. Das zeigen etwa großangelegte Studien, die derzeit in den USA durchgeführt werden - und die genau jene Verbindung zwischen Zyklus-bedingten Hormonschwankungen und Erfolg oder Misserfolg einer Brustkrebsbehandlung klären wollen.
Mäusestudie: Hoher Progesteron-Level - Metastasen
Die Debatte um den hormonell bedingten "richtigen Zeitpunkt" einer Tumoroperation erhält aber schon jetzt neue Nahrung. Denn die Ergebnisse der kanadischen Studie an Mäusen sind ziemlich eindeutig.

Die Forscher um Ann Chamber injizierten weiblichen Mäusen Hautkrebszellen und hatten dabei vor allem den jeweiligen hormonellen Zustand der Tiere im Blickpunkt. Das Ergebnis: Bei hohem Östrogen-Level zeigten sich keine Metastasen.

War dagegen zum Zeitpunkt der Injektion der Level an Progesteron im Körper besonders hoch, so entwickelte knapp ein Drittel der Mäuse Eierstockkrebs. Ein Ergebnis, dass die Forscher in seiner Deutlichkeit überrascht hat, wie Studienleiterin Chamber in einer Aussendung erklärte.
...
Kombinierte Hormontherapie und Brustkrebsrisiko
Hormone und Brustkrebs bestimmen derzeit auch in anderer Hinsicht die öffentliche Diskussion: Eine britische Studie an mehr als einer Millionen Frauen, die Anfang August publiziert wurde, hat die immer wieder aufflackernde Debatte um das Brustkrebsrisiko durch so genannte Hormonersatztherapien stark angeheizt.

Laut der Untersuchung birgt eine kombinierte Gestagen-Östrogen-Therapie ein vier Mal größeres Risko, an Brustkrebs zu erkranken, als die Behandlung mit dem Hormon Östrogen allein. In Folge warnte etwa die Österreichische Krebshilfe "vehement" vor dem Brustkrebsrisiko durch Hormonersatztherapien und das Gesundheitsministerium gab ein Gutachten in Auftrag. Auch die EU-Arzneimittelbehörde will die Therapien nun untersuchen lassen.

Kombinierte Hormontherapie und Brustkrebsrisiko (8.8.03)
Österreichische Krebshilfe warnt vor Hormonersatz (18.8.03)
Hormonersatz: Politik reagiert auf warnende Studien (19.8.03)
EU-Arzneiagentur will Hormontherapie untersuchen (5.9.03)
Hormonersatz: Auch mehr Brustkrebsfälle in Österreich? (9.9.03)
...
Wirken Hormone auf das Gewebe?
Die mögliche Folgerung daraus: Die Hormone könnten die Metastasenbildung fördern, indem sie nicht direkt auf den Tumor, sondern vielmehr auf das Gewebe wirken, in dem sich die "treibenden" Krebszellen schließlich einnisten.

Im Fall der untersuchten Mäuse spekulieren die kanadischen Wissenschaftler, dass die Hormone möglicherweise das Wachstum von Blutgefäßen stimulieren und somit das Eierstockgewebe empfänglicher für die Krebszellen bzw. für die Bildung von Tumoren machen.
"Schutz-Hormone" als mögliches Medikament
Dagegen könnte die Entdeckung von "schützenden" Hormonen oder anderen Molekülen vielleicht zu einer medikamentösen Verabreichung der Substanzen vor einer Operation führen, meint Chamber. Ein Ansatz, den man etwa an ihrem Mausmodell untersuchen könne.
Experte: Zu früh für echte Maßnahmen
Dennoch: Für wirkliche Maßnahmen bei den Operationsterminen von menschlichen Patientinnen sei es zu früh, kommentiert der Brustkrebsexperte Gabriel Hortobagyi von der University of Texas in Houston die Studienergebnisse.

Schließlich könne sich das Bild bei Frauen und weiblichen Mäusen deutlich unterscheiden, meint der Mediziner. Doch auch er sieht die Ergebnisse als weiteres Argument für korrekte klinische Untersuchungen.
Mehr Aktuelles zum Thema in Brustkrebs in science.ORF.at:
->   Brustkrebs möglicherweise durch Viren ausgelöst (22.8.03)
->   Studie: Aspirin soll auch Brustkrebs vorbeugen (10.4.03)
->   Wissenschaftler entdecken "Brustkrebs-Stammzellen" (24.2.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010