News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Gesellschaft 
 
Hormonersatz: Auch mehr Brustkrebsfälle in Österreich?  
  Ein Teil des Zuwachses an Brustkrebs-Erkrankungen während der letzten Jahre dürfte auch in Österreich auf die Hormonersatztherapie in der Menopause zurückzuführen sein. Dies erklärten führender österreichische Krebs-Experten am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.  
Anlass für die Pressekonferenz war die vom 25. bis 27. September stattfindende Jahrestagung heimischer Fachleute für Brusterkrankungen im Alten Wiener AKH. Das Thema: "Brustkrebs und Hormone 2003".
Studie: Brustkrebs durch Hormontherapie
Der Hintergrund: Wie science.ORF.at berichtete, erschien vor wenigen Wochen in der angesehenen britischen Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet" eine Studie, die an 1,08 Millionen Frauen unter Hormontherapie einen deutlichen Anstieg der Brustkrebsrate nachwies:

Plus 30 Prozent bei einem reinen Östrogenersatz, eine Verdoppelung unter Östrogen-Gestagen-Behandlung und plus 45 Prozent unter dem synthetischen Hormon Tibolon.

Seither steht - nach der Women's Health Initiative Study aus den USA mit einem ähnlichen Ergebnis - der "Hormon-Haussegen" in der Medizin endgültig "schief".
->   Kombinierte Hormontherapie erhöht Brustkrebsrisiko (8.8.03)
Experte: "Ganz großes medizinisches Drama"
Der Wiener Krebsspezialist und Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie am Wiener AKH, Christoph Zielinski, pointiert:

"Wir brauchen keine neue Studie. Wir brauchen keine neue Studie in Österreich. Wir brauchen keine neue Analyse. Wer das nicht lesen kann, kann Englisch nicht lesen. Wir müssen das umsetzen. (...) Ich halte das (Entwicklung bei der Hormonersatztherapie, Anm.) für ein ganz großes medizinisches Drama. Ich halte das für eine der größten Verirrungen in den letzten 20 Jahren."

Medizin, aber auch Gesellschaft und Medien seien daran beteiligt gewesen, dass man eben sehr leicht an die positive Wirkung der Hormone bis hin zum "Jungbrunnen" zu schnell und zu sehr glaubte.
Zusätzliche Erkrankungen durch Hormonersatz
Dazu der Präsident des Kongresses, der Wiener Chirurg Michael Gnant:

"1980 hatten wir pro Jahr rund 3.000 neue Brustkrebserkrankungen. Jetzt sind es rund 5.200. Man kann davon ausgehen, dass ein Teil dieser (zusätzlichen, Anm.) Erkrankungen auf den Hormonersatz zurückzuführen ist."

Gnant betonte jedoch, dass gerade in den vergangenen fünf Jahren die Sterblichkeit der Patientinnen mit Brustkrebs in Österreich um 20 Prozent zurückgegangen sei.

Zwischen 1988 und 1992 lag die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von Brustkrebspatientinnen in Österreich bei 77,3 Prozent, zwischen 1993 und 1997 bereits bei 84 Prozent.
...
Beunruhigende Zahlen
Zielinski hat mit dem Präsidenten der Österreichischen Krebshilfe auf der Basis der wissenschaftlichen Studien aus dem Ausland eine Abschätzung der Folgen in Österreich erstellt.

- Man kann davon ausgehen, dass 30 Prozent der Österreicherinnen im Wechsel Hormone einnehmen. Das sind wahrscheinlich rund 226.000 Frauen, die zu den Präparaten greifen.

- Weniger als fünf Jahre Östrogen-Therapie brächte bis zum 65. Lebensjahr in dieser Gruppe 339 zusätzliche Mammakarzinom-Erkrankungen; Mehr als fünf Jahre bedeuteten 1.130 zusätzliche Fälle (bis 65).

- Weniger als fünf Jahre Östrogen-Gestagen-Kombination (am häufigsten verwendet) würde zu 1.356 zusätzlichen Karzinomen führen; Mehr als fünf Jahre bedeuteten 3.955 zusätzliche Fälle (jeweils auf die Personengruppe und das Alter bis 65 berechnet).
...
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   EU-Arzneiagentur will Hormontherapie untersuchen (5.9.03)
->   Österreichische Krebshilfe warnt vor Hormonersatz (18.8.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010