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"Vater der Wasserstoffbombe" Edward Teller ist tot  
  Der "Vater der Wasserstoffbombe", Edward Teller, ist am Dienstag im Alter von 95 Jahren im kalifornischen Stanford gestorben. Der Physiker zählte zu den Pionieren der Atomwissenschaft und arbeitete während des Zweiten Weltkriegs an der Atombombe mit. Teller erlag den Folgen eines Schlaganfalls, wie eine Sprecherin des Lawrence-Livermore-Laboratoriums erklärte. Sein Zerwürfnis mit seinem früheren Chef Robert Oppenheimer brachte dem gebürtigen Ungarn viel Kritik ein. Berühmt geworden war sein Ausruf, mit dem er 1952 auf die Zündung der ersten Wasserstoffbombe im Pazifik reagiert haben soll: "It's a boy!"  
Am 7. September 1989 bekannte der Physiker anlässlich eines Besuches in Graz: "Ich glaube an die Wissenschaft, ich glaube an das Recht, ja an die Pflicht zu wissen." Auf die Frage, wie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen umzugehen sei, darauf hatte Teller zeitlebens eine klare Antwort parat - wenn auch eine äußerst kontroversielle.
->   Interview mit Edward Teller (www.llnl.gov)
1952: Explosion der ersten Wasserstoffbombe
Am 1. November 1952 wurde im Wettrüsten der Supermächte eine neue Runde eingeläutet: Die USA zündeten auf einem Atoll der Marshallinseln im Pazifik die erste Wasserstoffbombe.

Der Sprengsatz mit der Bezeichnung "Mike" war mit zehn Megatonnen 700 Mal so stark wie die Atombombe von Hiroshima. Die Insel Elugelab verschwand spurlos, an ihrer Stelle klafft unter Wasser ein kilometerbreiter Krater.

Die Macht der neuen Bombe übertraf sogar die Kalkulationen der Wissenschaftler. Nur Monate später, am 12. August 1953, explodierte die erste sowjetische H-Bombe.
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"It's a boy"
Teller und der Mathematiker Stanislaw Ulam wurden zu den Vätern der neuen Fusionsbombe, die - wie bereits die Atombombe - im streng geheimem Labor auf dem Hügel von Los Alamos (New Mexico) entstand. Als Teller 1952 vom geglückten Fusionsversuch im Pazifik hörte, soll er überglücklich ausgerufen haben: "It's a boy!" (Es ist ein Bub.)
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"Kein Grund zur Entschuldigung"
Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP sah er Anfang 2002 keinen Grund, sich für seine Rolle im Kalten Krieg zu entschuldigen. Wie damals glaubte er bis zuletzt, dass die von ihm mitentwickelten Waffen die Welt vor dem Sturz in den Abgrund bewahrten.

Zum Thema Oppenheimer äußert er sich ambivalent. Oppenheimer war der Physiker, unter dessen wissenschaftlicher Leitung im Rahmen des amerikanischen Atomenergieprojekts ("Manhattan Project") die Atombombe entwickelt wurde.
->   Biografie von Edward Teller (www.achievement.org)
Zerwürfnis mit Oppenheimer
Nach dem Krieg widersetzte sich Oppenheimer dem von Teller befürworteten Bau einer noch stärkeren Wasserstoffbombe. 1953 wurde daher wegen angeblicher kommunistischer Gesinnung ein Untersuchungsverfahren gegen ihn eingeleitet, in dem Teller gegen ihn aussagte.

1954 verlor Oppenheimer den Zugang zu allen Staatsgeheimnissen und wurde erst 1963 rehabilitiert. Teller galt seit seiner Aussage bei vielen seiner früheren Freunde als Abtrünniger.
Memoiren: "Was, wenn wir das nicht getan hätten?"
Seine Frau Mici, mit der er 66 Jahre verheiratet war, starb 2000. Im Jahr 2001 veröffentlichte Teller, der als Jude von Ungarn nach Deutschland und dann weiter in die USA geflohen war, seine Erinnerungen unter dem Titel "Memoirs: A Twentieth Century Journey in Science and Politics" (Memoiren: Eine Reise in Wissenschaft und Politik im zwanzigsten Jahrhundert).

Darin schreibt er: "Oft bin ich gefragt worden, ob ich es bedaure, an der Atom- und der Wasserstoffbombe gearbeitet zu haben. Meine Antwort ist Nein. Ich bedaure die Todesopfer und die Verletzten zutiefst, welche die Atombomben forderten, aber meine beste Erklärung dafür, warum ich die Arbeit an den Waffen nicht bedauere, ist eine Frage: Was, wenn wir das nicht getan hätten?"
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Literatur-Tipp
In der Wissenschaftszeitschrift "Nature" (Band 415, S. 735 - 736) erschien am 14. Februar 2002 eine Rezension von Tellers Memoiren mit dem Titel "Carry a big stick".
->   Zum Original-Artikel (kostenpflichtig)
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->   Wasserstoffbombe: Vor 50 Jahren erstmals gezündet
->   Mehr zum Stichwort Atombombe im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010