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Feuerbrand: Ernste Bedrohung des Erwerbsobstbaus  
  Die bakterielle Kernobst- und Zierpflanzenkrankheit mit dem klingenden Namen Feuerbrand, die 1993 erstmals in Österreich auftrat, entwickelt sich zu einer ernsten Bedrohung der Erwerbsobstbaus in Österreich. In Vorarlberg etwa sind bereits ganze 83 Prozent der rund 40 Hektar Intensiv-Obstanlagen stark befallen, 15 Prozent wurden gerodet.  
Die sagte Bernhard Url, Geschäftsführer der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien.
1957 nach Europa eingeschleppt
Der ursprünglich nur in den USA bekannte Feuerbrand wurde 1957 nach Europa - Großbritannien - eingeschleppt und breitet sich seither offenbar unaufhaltsam Richtung Osten aus.
Hochansteckender Erreger
Der Erreger des Feuerbrands, das stäbchenförmige Bakterium Erwinia amylovora, gilt als hochansteckend, erkrankte Bäume und Sträucher bedeuten einen Infektionsherd für die ganze Gegend.
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Gefährdete Arten und Übertragungswege
Gefährdet sind vor allem Obstgehölze wie Apfel, Birne oder Quitte, aber auch Ziergewächse wie Feuer-, Weiß- und Rotdorn, Zwergmispel oder Vogelbeere. Übertragen wird die Krankheit über offene Blüten, junge Triebe oder Verletzungen der Rinde, etwa durch Hagelschlag. Im Obstbau stellt aber auch der Schnitt eine erhebliche Infektionsgefahr dar, laut Url kann der Feuerbrand über ein infiziertes Schnittwerkzeug auf bis zu 300 Bäume übertragen werden.
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Blüten welken, Blätter werden schwarz
Grafik: ¿ APA, Foto: APA/Mueller, Quelle: APA
Die ersten Symptome des Feuerbrandes treten - je nach Witterung - wenige Tage bis Wochen nach der Infektion auf. Zuerst welken die Blüten rasch, Blätter werden rot und letztendlich schwarz.

Infizierte Triebe erscheinen zunächst fahlgrün und vertrocknen unter Braun- bis Schwarzfärbung. Dabei krümmen sich die Triebspitzen oft typisch hakenförmig nach unten. Letztendlich werden sämtliche erkrankten Triebe schwarz, die Pflanze sieht verbrannt aus, was der Krankheit auch den Namen gab.

Besonders bei feuchtem Wetter treten auch den Befallsstellen weißliche, später braune werdende Tropfen an klebrigem Bakterienschleim aus, dieser ist hochinfektiös.

Unter der Rinde frisch befallener Bäume ist das Holz meist rotbraun verfärbt und von Schleim durchsetzt, der auch durch die Rinde dringen kann. Ist der Feuerbrand einmal ausgebrochen, gibt es derzeit kein Heilmittel. Die Bäume und Sträucher müssen geschnitten und vernichtet werden, um wenigstens eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
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Auch Bienen oder Ameisen verbreiten Bakterium
Die Hauptinfektionszeit ist während der Blüte der Bäume und Sträucher, Bienen, Hummel oder Ameisen tragen zur Verbreitung des Bakteriums bei. Besonders gefährlich sind Tage mit Temperaturen um 18 Grad und einer hohe Luftfeuchtigkeit. "Die für die Bakterien günstige Witterung war 2003 an vergleichsweise wenigen Tagen gegeben, umso erschreckender ist die starke Ausbreitung der Krankheit in diesem Jahr", so der Experte.
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Erstmals auch in der Steiermark Anlagen gerodet
Seit dem ersten Auftreten des Feuerbrands 1993 in Vorarlberg hat sich die Krankheit unaufhaltsam nach Osten ausgebreitet. Heuer mussten erstmals auch in der "Apfelkammer Österreichs", der Steiermark, ganze Obstbaumanlagen gerodet werden, so Bernhard Url.

Insgesamt mussten in vier verschiedenen Gemeinden fünf Hektar geopfert werden. Gemessen an den 5.900 Hektar Obstanlagen in der Steiermark erscheine das zwar noch gering, Url befürchtet aber, dass die Befallsraten in den kommenden zwei bis drei Jahren drastisch ansteigen könnten.

Meldungen über Feuerbrand kamen heuer bereits aus 149 der 543 steirischen Gemeinden.
Alarmierende Befallszahlen aus Salzburg und OÖ
Auch in Salzburg sind die heurigen Befallszahlen alarmierend. "Drei Viertel aller Mostbirnbäume in Salzburg zeigen Feuerbrand-Symptome", so Url. Es gebe Schätzungen, wonach 7.000 Bäume in 54 von 119 Gemeinden mit Feuerbrand befallen sind.

In Oberösterreich, wo der Obstbau vor allem in extensiven Anlagen betrieben wird, gab es laut AGES 2001 900 befallene Obstbäume, im Jahr 2002 bereits über 40.000. Im heurigen Jahr sei ein weiterer Anstieg zu befürchten, Befallsmeldungen würden praktisch aus allen Bezirken einlagen.
Auch Tirol massiv betroffen
Auch Tirol ist massiv betroffen, 3,5 Prozent der Erwerbsanbaufläche wurden alleine in diesem Jahr gerodet. In manchen Gemeinden musste sogar der gesamte Obstbaumbestand vernichtet werden.
Selbst Antibiotika helfen nicht hundertprozentig
Ein Heilmittel gegen den Feuerbrand gibt es bis dato nicht. Versuche, die Ausbreitung der Krankheit mit Antibiotika (Streptomycin) zu bekämpfen, sind laut Url keine langfristige Perspektive. Das Mittel wirke nicht hundertprozentig, und auch bei sachgerechter Anwendung sei nicht auszuschließen, dass etwa Honig verunreinigt werden.

Außerdem berge der Einsatz von Antibiotika die Gefahr von Resistenzbildungen unter den Bakterien. "Der Einsatz von Streptomycin wäre nur in absoluten Notfällen lokal zu erwägen", sagte Url. Derzeit ist das Mittel in Österreich nicht zugelassen, in Deutschland gab es einige Einsätze "wegen Gefahr im Verzuge".
Aufmerksamkeit zur Eindämmung gefordert
Als wichtigste Maßnahme zur Eindämmung des Feuerbrands oder wenigstens zur Verlangsamung der Ausbreitung empfiehlt die AGES "Aufmerksamkeit aller Beteiligten".

Nicht nur Erwerbsobstbauern, sondern auch Hobby-Obstgärtner und sonst mit Pflanzen befasste Personen sollten demnach bei den ersten Symptomen des Feuerbrandes sofort tätig werden, die Krankheit melden, betroffene Triebe radikal zurück schneiden bzw. die ganzen Pflanzen vernichten. Dabei dürften auch einzeln stehende Bäume nicht vergessen werden

Bei der AGES laufen die Fäden der Feuerbrand-Bekämpfung und -Forschung zusammen. Heuer wurden bisher 2.170 Verdachtsproben untersucht, in 913 Fällen wurde der Verdacht auf Feuerbrand bestätigt. Die Probennahmen erfolgt meist durch den Feuerbrandbeauftragten der Gemeinden.
->   Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)
->   Schweizer Portal www.feuerbrand.ch
->   Deutsches Portal www.feuerbrand.de
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Die AGES bereitet laut Paul Mazakian derzeit auch eine eigene Info-Homepage zum Feuerbrand unter "http://www.feuerbrand.com" vor. Ab November sollte die Seite arbeiten und alle verfügbaren Infos und Hinweise zu diesem Thema bieten. Bis dahin ist auch ein Folder "Feuerbrand" erhältlich, er kann bei der AGES (01/73216-0) bestellt werden.
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01.01.2010