News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Kieferknochen wächst in der Achselhöhle  
  Bislang war die Behandlung schwerer Schädigungen des Kieferknochens für Patienten mit einigen Unannehmlichkeiten verbunden. Eine neue Methode, entwickelt von einem Grazer Kieferchirurgen, soll nun Abhilfe schaffen: Dabei wird das körpereigene Knochengewebe in ein millimetergenaues Modell des defekten Kieferstücks gegeben und für etwa drei Monate in die Achselhöhle des Patienten transplantiert. Danach kann das passgenaue Stück Knochenersatz direkt in den Kiefer eingesetzt werden.  
Die Technik zur Produktion von Transplantaten für den Kieferbereich wird der Grazer Kieferchirurg Günter Schultes am 25. September beim Österreichischen Zahnärztekongress in Salzburg (23. bis 27. September) präsentieren.
Bisherige Methode: "Relativ ungenau"
"Bisher wurde Gewebe aus dem Beckenkamm entnommen und direkt in den Defekt transplantiert. Diese Methode ist nicht nur relativ ungenau, sondern behindert den Patienten auch monatelang", so Schultes.
Neue Technik: Hohles Kunststoffmodell als Basis
Auf Basis dieser Methode hat Schultes in Graz einen neuen Weg entwickelt, um schwere Defekte im Kieferbereich zu behandeln.

Vor der Operation wird nach Vorlage der zu ersetzenden Knochenpartie ein hohles Kunststoffmodell gefräst. Dann wird Gewebe aus dem Beckenkamm entfernt und in das Kunststoffmodell gepackt.
Sofortige Durchblutung in der Achselhöhle
"Das Modell wird dann in die Achselhöhle eingesetzt und sofort durchblutet. Dort hat das Gewebe drei Monate Zeit, sich an die Modellvorlage anzupassen."

Die Achselhöhle sei für diesen Eingriff deswegen ideal, weil der Patient während der dreimonatigen "Anpassungszeit" des Transplantates kaum behindert werde, so Schultes. Danach wird der "Legobaustein", der millimetergenau passe, in den Defekt implantiert.
...
Vorteile: Geringe Kosten, kurze Liegezeiten
Die Behandlungsmethode sei günstig, so der Grazer Arzt, da die Modellherstellung kaum Kosten verursache. Für den Patienten bedeutet die neue Methode vor allem kurze Liegezeiten: Zur Beckenkammentfernung sei ein siebentägiger Aufenthalt im Krankenhaus fällig. Nach dreimonatiger Einheilung unter der Achselhöhle müsse der Patient noch einmal für acht Tage ins Spital, wo das Transplantat "eingebaut" wird.
...
Bei extremem Knochenschwund, nach Unfällen
Angewendet wird das so genannte präfabrizierte Beckenkammtransplantat unter anderem bei extremem Knochenschwund oder nach Unfällen, durch die der Patient Ober-, Unterkiefer oder die Nase verliert. Ein weiteres Wirkungsfeld der neuen Behandlungsmethode könnten zudem Tumorpatienten sein.
Bislang keine Probleme bei Behandlung

Seit einem Jahr wendet Schultes die neue Behandlungsmethode in Graz an. Bis jetzt habe es noch keine Probleme mit den Transplantaten gegeben, die in die Achselhöhle eingesetzt werden.

Um den Erfolg des Eingriffes zu gewährleisten, sei es vor allem wichtig, dass das Transplantat gut durchblutet ist. Trotzdem sei diese Behandlungsmethode kein Alltagseingriff, sondern werde nur bei schweren Fällen eingesetzt, erläutert Schultes.
->   Grazer Uniklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
->   www.innovatives-oesterreich.at
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Gesichtschirurgie: Körpereigene statt künstliche Implantate (16.6.03)
->   Innsbrucker Ärzte züchteten Teil von Kiefergelenk nach (4.2.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010