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"Leberdialyse" als Überbrückungshilfe  
  Zur Behandlung von schwerem Leberversagen wird am Universitätsklinikum in Graz seit rund einem Jahr die so genannte "Leberdialyse" eingesetzt. Die Methode überbrückt die Wartezeit bis zur Transplantation.  
Es handelt sich dabei um ein Verfahren, welches den Körper - ähnlich wie bei einer Dialysebehandlung Nierenkranker - von Giftstoffen reinigt und damit die Funktion des Organs unterstützt. Einsatz findet die Methode bei Akutproblemen während der Wartezeit bis zur rettenden Transplantation.

Beim 34. Österreichischen Internistenkongress in Graz wurden am Donnerstag die Erfahrungen mit der neuen Methode präsentiert.
Die Leber: Biochemisch kompliziertes Organ
Die Leber ist ein biochemisch extrem kompliziertes Organ. Anders als beispielsweise beim Ausfall der Nieren und den Einsatz der Hämodialyse ist es hier nicht möglich, einen adäquaten Funktionsersatz zu finden, betonte der Spezialist Rudolf Stauber, Leiter der Leberambulanz an der Grazer Universitätsklinik für Medizin im Pressegespräch.

Man sei jedoch am Wege, Überbrückungsmöglichkeiten bei Leberversagen bis zu einer Transplantation zu bieten, bzw. bis sich die eigene Leber wieder erholt, so Stauber. "Von einem vollwertigen künstlichen Organ, die das Überleben der Patienten bei Versagen über längere Zeit ermöglicht, sind wir aber noch weit entfernt", dämpft Stauber zu hohe Erwartungen.
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Leberdialyse: Blut wird gefiltert
Während der Leberdialyse fließt das Blut des Patienten über einen Katheter in einen extrakorporalen Kreislauf mit dem Dialysator, der einen Membranfilter enthält. Die Gifte lassen sich in wasserlösliche und -unlösliche unterscheiden. Letztere sind an Albumin, das wichtigste Transportprotein des Blutes, gebunden.

Im Dialysator werden kleinere und mittlere albumingebundene Substanzen und auch Gifte, die normalerweise über die Leber entgiftet werden (Gallensäure, Aminosäuren, Fettsäuren, Medikamente, Ammoniak, Harnstoff) aus dem Blutkreislauf des Patienten entfernt. Im Gegensatz zu Albumin und den Lebergiften sind Blutzellen, Plättchen sowie Faktoren des Immun- und Gerinnungssystems praktisch nicht in der Lage, die spezielle Membran im Dialysator zu passieren; sie verbleiben im Blutstrom. Auf diese Weise werden die Giftstoffe, nicht jedoch die wichtigen Blutbestandteile filtriert.
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Beispiel Knollenblätterpilzvergiftung
Ein wichtiges Anwendungsgebiet für die Leberdialyse, die Stauber selbst lieber als "künstliche Unterstützungstherapie" bezeichnet, sei etwa der Einsatz nach einer Knollenblätterpilzvergiftung, sagte der Experte und fügte hinzu: "Durch die rechtzeitige Behandlung kann eine notwendige Transplantation überflüssig werden."

Die Indikation werde aber derzeit sehr streng gestellt: "Die medikamentöse Therapie muss vor Einsatz dieses aufwendigen Verfahrens ausgeschöpft werden", betonte der Leberspezialist.
Bereits neun schwer kranke Patienten behandelt

Im Grazer Behandlungsteam befinden sich Intensivmediziner, Leber- und Nierenspezialisten. Sie haben seit Juni 2002 Behandlungen an neun schwerst kranken Patienten durchgeführt.

Zwei dieser Patienten konnten bis zur erfolgreichen Lebertransplantation "überbrückt" werden. Wissenschaftlich beschäftigt sich das Team mit der Messung der Effektivität des Systems - "Voraussetzung für weitere exakte Arbeit auf dem zukunftsträchtigen Gebiet", so Peter Krisper von der Grazer nephrologischen Abteilung.
->   Universitätsklinikum Graz
->   www.innovatives-oesterreich.at
 
 
 
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01.01.2010