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Die geplante Gesundheitsreform auf dem Prüfstand  
  Das Österreichische Gesundheitssystem soll in den nächsten Monaten reformiert werden. Zur Diskussion stehen beispielsweise die Umwidmung von Krankenhausbetten oder auch erhöhte Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten. Der Ö1-Radiodoktor hat sich mit den im Augenblick diskutierten Veränderungsstrategien beschäftigt.  
Was bedeuten Maßnahmen wie der Abbau von 10.000 Akutspitalsbetten und Umwidmung von 6.000 weiteren Krankenhausbetten, Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten, Angleichung der Beiträge für Arbeiter und Angestellte, mögliche neue Selbstbehalte, Zusammenlegung von Unfallversicherung und Krankenversicherung, usw.?
->   Die weiteren Punkte des Regierungsprogramms (pdf-Dokument)
Bettenabbau und -umwidmung aus Patienten-Sicht
"Tatsächlich entsprechen Struktur und viele Zielrichtungen des Gesundheitswesens nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Bettenabbau bzw. Bettenumwidmung machen dann Sinn, wenn z.B. mehr Betten für Akutgeriatrie, also für alte Menschen mit plötzlich auftretenden Erkrankungen, geschaffen werden", sagt der Wiener Patientenanwalt Dieter Dohr.

"Darüber hinaus gibt es in Wien und den meisten anderen Bundesländern einen großen Bedarf von Palliativbetten, also spezialisierten Pflegebetten für Menschen, die so schwer erkrankt sind, dass nur noch Linderung der Beschwerden, aber keine Heilung mehr möglich ist", so Dohr weiter.

Doch: "Über einem Bett in einer bis dato normalen internen Station von einem Tag auf den anderen das Schild 'Palliativbett' anzubringen, also das Bett so umzuwidmen, bringt gar nichts. Denn das Wesentliche bei diesen Maßnahmen wäre die Gestaltung des Umfeldes, also der Ausbildung des Personals, die technische Ausstattung der Station etc., um eben jenen Patienten, die ihre letzten Wochen oder Monate in einem Spital verbringen, ein möglichst menschenwürdiges und optimales Umfeld bieten zu können."
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Bereits vergangenen Montag ging es im Ö1-Radiodoktor um das heimische Gesundheitssystem: Thema waren dessen grundlegende Strukturen und einige sich daraus ergebende Problemstellungen.
->   Mehr dazu im Artikel vom 15. September 2003
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Höhere Versicherungsbeiträge vermeidbar?
"Die Aussage, dass das Gesundheitssystem in Österreich nur etwa 8,5 Prozent des BIP kostet und Österreich damit im internationalen Vergleich ohnehin sehr günstig dasteht, ist eher umstritten", sagt Martin Gleitsmann, Vizepräsident des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungen. "Viele Experten meinen, dass die Wahrheit eher bei elf Prozent des BIP liegen dürfte."

Es stecke also viel Geld in dem System und bevor man über Beitragserhöhungen spreche, könnten Sparpotentiale ausgeschöpft werden, so der Experte weiter.
Verbesserungen bei Vernetzung, Qualitätssicherung ...
Verbesserungen sind laut Gleitsmann u.a. bei folgenden Punkten möglich: "Viele Sektoren im System wissen zuwenig voneinander. So ist die Vernetzung zwischen Spitälern und dem niedergelassenen Bereich mangelhaft und darunter kann auch der Patient leiden, indem er lange Wege zurück legen muss."

Es herrsche ein System der Beliebigkeit, was klare Aufgabenverteilungen betrifft, und somit finde auch Qualitätssicherung unzureichend statt. "Aus meiner Sicht braucht man im Moment keine neuen Einnahmen, sondern zunächst sind Einsparungen möglich, ohne die Versorgung damit zu verschlechtern."
Wohin soll der Weg führen?
Maria M. Hofmarcher, Gesundheitsökonomin vom Institut für Höhere Studien, ist eine profunde Kennerin und Analytikerin des Österreichischen Gesundheitssystems: Es sei hoch an der Zeit mittel- und längerfristige Ziele zu definieren, meint die Expertin.

"Beispielsweise wäre es sinnvoll, die wichtigsten Erkrankungsbilder in der Bevölkerung zu erfassen und geeignete Schritte in der Vorsorge zu setzen und/oder Fünf-Jahres-Maßnahmenpläne zu entwickeln. Dann muss man sich damit abfinden, dass die Ausgaben im Gesundheitsbereich nicht sinken, sondern steigen werden".
Einbindung der Menschen enorm wichtig
Falls das Wirtschaftswachstum sich weiterhin positiv entwickle, würden dafür auch Mittel zur Verfügung stehen, so Hofmarcher weiter. "Besonders wichtig erscheint mir, dass so viele Menschen wie nur möglich in diesen Prozess eingebunden werden. Wenn Patienten, Patientenvertreter, Selbsthilfegruppen, Soziale Dienste etc. am jetzigen Diskussionsprozess teilnehmen, schafft dies die richtige Atmosphäre."

Christoph Leprich, Ö1-Radiodoktor
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Ö1-Radiodoktor: Infomappe zur Sendung bestellen
Eine kostenlose Infomappe zur Sendung vom 22.9.03 kann bestellt werden unter: ORF Redaktion Radiodoktor, Postfach 1000, Kennwort: Gesundheitsreform, 1040 Wien oder per E-Mail an: radiodoktor@orf.at.
->   Radio Österreich 1
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01.01.2010