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Auf der Suche nach der Dichte des Universums  
  Welche Dichte hat eigentlich das Universum? Steckt der Großteil der Masse des Weltalls wirklich in "Dunkler Materie"? Und was haben weit entfernte Galaxien damit zu tun? Mit Hilfe der so genannten Galaxienhaufen und modernen Analysemethoden der Astronomie kommen Innsbrucker Astrophysiker - gefördert vom Wissenschaftsfonds (FWF) - den elementaren Konstanten unseres Universums auf die Spur.  
Viele Fragen offen
Selbst zu Beginn des 21.Jahrhunderts wissen wir immer noch nicht exakt, welche Dichte eigentlich unser Universum hat. Ebenso wenig sind wesentliche kosmologische Parameter wie die so genannte Hubble-Konstante - eine fundamentale Konstante der Kosmologie, die die Expansionsgeschwindigkeit des Kosmos angibt - genau bestimmt. Essenzielle Daten also, die näheren Aufschluss über den Anfang, die Entstehung und die Zukunft des Weltraums bieten.

Die Astrophysikerin Sabine Schindler hat sich nun gemeinsam mit ihrem Forschungsteam vom Innsbrucker Institut für Astrophysik an die Entschlüsselung dieser offenen Fragen rund um unser Universum gemacht.
Galaxiehaufen als Informationsquelle

Ausgangspunkt ihrer Arbeit sind die so genannten Galaxienhaufen, gebundene Ansammlungen von mehreren hundert Galaxien. Diese - kosmologisch gesehen - relativ jungen Objekte geben viel Information über ihren Entstehungsprozess und bieten den Wissenschaftlern Einblick in die Entwicklung von Galaxien.

"Als größte Strukturen im Universum sind die Galaxiehaufen auf Grund ihrer guten Sichtbarkeit nicht nur ideale Laboratorien, um physikalische Effekte unter extremen Bedingungen zu beobachten und zu untersuchen", erläutert die Astrophysikerin das vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderte Forschungsprojekt.

"Sie eignen sich auch als perfekte Untersuchungsobjekte zur Bestimmung wichtiger kosmologischer Konstanten."
Auf der Suche nach dem Ursprung
Durch die Kombination bereits bestehender Analyse- und Berechnungsmethoden können die Wissenschaftler noch genauere Zahlenergebnisse erzielen und in weiterer Folge noch besser definierte kosmologische Modelle erstellen.

Ziel des groß angelegten Projekts: Die neu gewonnenen Daten sollen weitere Informationen über den Ursprung und die Entwicklung des Weltalls liefern.
Die Dichte des Universums
Eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür ist die Bestimmung der Dichte des Universums. "Dieser Parameter entscheidet nämlich darüber, ob sich das Weltall immer weiter ausdehnt oder, ob sich die Expansion umkehrt und letztendlich alles kollabiert", erklärt Schindler.

Zur Klärung der Dichte unseres Weltraums sind vor allem die Massen der Galaxienhaufen von zentraler Bedeutung, aus denen die Forscher auf die Dichte schließen können. "Die Tücke liegt im Detail", führt Schindler aus.
Das Gewicht der Zwischenräume

"Das Gewicht eines Haufens setzt sich nämlich nicht nur aus der Masse der einzelnen Galaxien zusammen. Im Raum zwischen den Galaxien befindet sich auch eine große Menge von heißem, dünnen Gas, das ebenfalls schwer ins Gewicht fällt", sagt Schindler.

Das Gas lässt sich relativ leicht beobachten, seine Dichte gut bestimmen: "Dieses Gas sendet nämlich so hochenergetische Strahlung aus, dass es im Röntgenlicht sichtbar und mit den Röntgensatelliten auch gut zu beobachten ist. Die Strahlenemissionen geben uns dann nicht nur Aufschluss über die Gasmasse, sondern auch über die gesamte Haufenmasse."
Die Dunkle Materie
Gas und Galaxien machen im Schnitt aber nur etwa 25 Prozent der gesamten Masse des Haufens aus. "Der weitaus größte Teil steckt in einem unsichtbaren Stoff, der so genannten 'Dunklen Materie' ", erklärt die Astrophysikerin weiter.

Dieses kosmologische Phänomen gehört zu den großen Rätseln der Astronomie. Die Existenz der Dunklen Materie konnte bislang nur indirekt nachgewiesen werden, weil dieses Material keine Strahlen aussendet und lange Zeit von den Wissenschaftlern nicht exakt diagnostiziert werden konnte. Erst mit den modernen Analysemethoden beziehungsweise mit Hilfe der bereits gewonnen Daten rund um die Galaxienhaufen der Dunklen Materie kommen die Wissenschaftler dem Phänomen langsam auf die Spur.

"Bis jetzt ist noch völlig unklar, woraus diese Dunkle Materie eigentlich besteht", so Schindler. "Mit Hilfe der Massenbestimmungen von Gas und Galaxien können wir aber zumindest messen, wie viel Dunkle Materie vorhanden und wie sie im Weltraum verteilt ist."
Röntgenstrahlen und Gravitationslinseneffekt
Dazu verwenden die Forscher nicht nur die Röntgensatelliten zur Beobachtung, sondern auch den so genannten Gravitationslinseneffekt: "Dieser Effekt lässt entfernte Galaxien, die hinter Galaxienhaufen liegen, als verzerrte Bilder erscheinen", erklärt die Astrophysikerin. "Die Form und die relative Lage der Bilder erlaubt Rückschlüsse auf die Dunkle Materie."
Die mittlere Dichte
Die Verteilung der Dunklen Materie liefert den Forschern unter anderem Antworten auf die Frage nach den Anfängen des Weltalls.

Eines lässt sich jetzt schon sagen: "Aus dem Verhältnis von Gasmasse zu Gesamtmasse eines Haufens kann man auf die mittlere Dichte des Universums schließen", resümiert Schindler. "Wir nehmen an, dass die Massenanteile von Gas und Galaxien - also circa 20 Prozent Gas und fünf Prozent Galaxien - für das ganze Universum repräsentativ sind. Demzufolge würde sich ein Verhältnis der Dichte sichtbarer "normaler" Materie zur gesamten Materiedichte im Universum ebenfalls auf knapp 25 Prozent belaufen."

Der Rest ist dann lediglich eine einfache Frage der Messung, um auf die Dichte unseres Kosmos zu kommen.

In den nächsten Monaten sollen neben der Dunklen Materie auch noch weitere physikalische Phänomene erforscht werden: Unter anderem beschäftigen sich Schindler und ihr Team mit den verschiedenen Wechselwirkungen des Haufengases mit den Galaxien oder mit dem Magnetfeld innerhalb der Galaxienhaufen.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Sabine Schindler, Inst. für Astrophysik, Uni Innsbruck
->   Wissenschaftsfonds - FWF
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Das neue Universum-Magazin erscheint am 1. Oktober 2003.
->   Universum Magazin
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->   Mehr über Galaxien in science.ORF.at
->   www.innovatives-oesterreich.at
 
 
 
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01.01.2010