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Asthma als Produkt übertriebener Hygiene  
  Immer mehr Hinweise deuten darauf hin, dass viele einfache Infektionen im Frühkindesalter vor Allergien und auch vor Asthma schützen. Die so genannte Hygiene-Hypothese bei Allergien gewinnt dadurch immer mehr an Bedeutung.  
"Laut einer Erhebung, die wir vor drei Jahren unter 10.000 Kindern im Alter zwischen sechs und acht Jahren gemacht haben, leiden in Österreich ziemlich sicher acht bis zehn Prozent der Kinder dieser Altersgruppe an Asthma", sagte der Co-Präsident des Europäischen Lungenkongresses, Maximilian Zach, am Dienstag gegenüber der APA.
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Asthma: 50 Prozent Zuwachs pro Dekade
Pro Dekade - so internationale Zahlen - steigt die Zahl der Asthma-Patienten um rund 50 Prozent. Weltweit leiden 150 Mio. Menschen daran. Pro Jahr sterben 180.000 Menschen an Asthma.
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Studie: Vom Nutzen der Infektionen
Die Gründe für die Entwicklung werden immer klarer: Es handelt sich um eine Krankheit auf dem "Boden" einer genetischen Vorbelastung. Doch eine entscheidende Rolle spielen schließlich Umwelteinflüsse.

Zach: "Vor Jahren schon hat eine Münchner Wissenschafterin nachgewiesen, dass die Kinder in der ehemaligen DDR wesentlich seltener an Asthma erkrankten als die Kinder in Westdeutschland. Das war offenbar der Effekt der Kinderkrippen, wo die Kinder der DDR häufig untergebracht wurden. Sie steckten sich ständig gegenseitig mit Infekten an."
Übertriebene Hygiene fördert Allergien
Der Spezialist von der Grazer Kinderklinik weiter: "Es gibt offenbar im ersten Lebenshalbjahr ein 'Fenster', in dem das Immunsystem der Kinder durch häufige Infekte darauf trainiert wird, sich auch künftig stärker gegen Infektionen zu wenden - und nicht gegen andere Reize (Allergene, Anm.)." Hingegen fördert "Super-Hygiene" offenbar Allergien.
Antibiotika im ersten Lebenshalbjahr fördern Allergien
Als Beleg führte der Wissenschafter auch eine US-Studie an, die bei dem europäischen Lungenkongress in Wien präsentiert wurde: Kinder, die in den ersten sechs Lebensmonaten häufig Antibiotika verabreicht bekamen, hatten später das Dreifache Asthma-Risiko im Vergleich zu anderen Kindern.

Zach: "Es könnte sein, dass das dadurch bedingt ist, dass die Antibiotika die Darmflora schädigen." Auf diese Weise fiele zeitweise der ständige Kontakt mit den verschiedensten bakteriellen Keimen weg. Das Immunsystem sucht sich schließlich andere "Gegner" und reagiert auf an sich ungefährliche Reize (Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilden-Kot) mit einer Allergie.
Antibiotika: ja, aber dosiert
Laut dem Grazer Experten spricht das keinesfalls gegen den Segen, den Antibiotika in der Beherrschung von schweren bakteriellen Infektionen mit sich bringen.

Zach: "Natürlich wird man Kindern, die das benötigen, Antibiotika geben. Aber man sollte sich überlegen, ob im jeweiligen Fall nicht eine virale Infektion vorliegt und deshalb Antibiotika nicht notwendig sind." Die Mittel gegen bakterielle Infektionen sollten nur dann verwendet werden, wenn dies sinnvoll ist.

Die Hygiene-Hypothese spricht auch keinesfalls gegen Impfungen, welche Infektionskrankheiten verhindern. Der Grazer Kinderarzt und Lungenspezialist: "Impfungen stellen ja gerade eine Art Training für das Immunsystem dar."
->   Lungenfachärzte tagen in Wien (wien.orf.at)
->   Mehr zum Thema Asthma im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010