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Musiker: Mehr graue Zellen in bestimmten Hirnregionen  
  Musiker haben "mehr" im Hirn. Zumindest mehr graue Substanz in bestimmten Regionen, die für das Hören, aber auch für das Sehen sowie die Kontrolle und Umsetzung von Bewegungen verantwortlich sind. Wie ein Forscherteam durch den Gehirnvergleich von Profimusikern, Amateuren sowie Nichtmusikern herausgefunden hat, ist das vermutlich auf das jahrelange Training von Kindesbeinen an zurückzuführen.  
Wie Christian Gaser von der Universität Jena und Gottfried Schlaug von der Harvard Medical School in Boston (USA) in der Fachzeitschrift "Journal of Neuroscience" berichten, dürften angeborene Unterschiede zwischen den Gehirnen von Musikern und Kontrollpersonen indessen keine so große Rolle spielen. Der endgültige Beweis für diese Folgerung steht allerdings noch aus.
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Der Artikel "Brain Structures Differ between Musicians and Non-Musicians" ist erschienen in "The Journal of Neuroscience", Bd. 23, Nr. 27, Seiten 9240-9245, vom 8. Oktober 2003.
->   Abstract des Artikels im "Journal of Neuroscience"
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Musiker als beliebte Forschungsobjekte
"Musiker sind beliebte Forschungsobjekte von Hirnforschern", meint Christian Gaser. Denn das Spielen eines Instruments beginnt bereits im frühen Kindesalter und stellt hohe Anforderungen an das Gehör und die Feinmotorik des Menschen.

Darüber hinaus müssen Musiker die visuelle Information "schwarzer Notenpunkte" rasch in Bewegung der Finger umsetzen.
Erstmals gesamtes Gehirn im Blickpunkt
Bisher wurde in Experimenten meist die Aktivität ausgewählter Hirnareale während des Musizierens bestimmt. "In der von uns vorgelegten Studie haben wir jedoch erstmals im gesamten Gehirn nach Unterschieden zwischen Musikern, Amateuren und Nichtmusikern gesucht", erläutert der Wissenschaftler.

"Indem wir die Hirnstrukturen der drei Gruppen verglichen, konnten wir gleichzeitig einen Zusammenhang zwischen der Intensität des absolvierten musikalischen Trainings und den unterschiedlichen Anteilen grauer Substanz herstellen", so Gaser weiter.
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Methode: Magnetresonanztomographie
Dazu wurden Aufnahmen des Hirns mittels Magnetresonanztomographie (MRT) angefertigt und mit einer neuartigen Methode Ebene für Ebene durchforstet. Beim "Vermessen" der Hirne und der anschließenden Auswertung brachte Gaser seine Kompetenzen als Elektrotechniker und Spezialist für voxelbasierte Morphometrie ein. So heißt nämlich im Fachjargon die Methode, mit der dreidimensionale Hirnlandschaften dargestellt werden. Gaser selbst hat eine weitere Methode entwickelt, mit der man die Veränderung dieser Landschaften im Zeitverlauf studieren kann.
->   Mehr dazu bei thieme.de
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Gehirne von Geburt an anders?
"Damit wollen wir nun endgültig klären, ob die Hirnstrukturen der Musiker von Geburt an anders sind und sie deshalb Musiker werden können - oder ob sich Unterschiede in den Hirnstrukturen erst durch das stete Training entwickeln," zeigt Gaser auf.

Obwohl vieles dafür spricht, dass das Training von Kindesbeinen an das "Mehr an grauer Hirnmasse" bewirkt, steht ein eindeutiger Beweis noch aus.
Lösung des Henne-Ei-Problems
Bild: Gaser/Uni Jena
Seit diesem Jahr "schauen" die Forscher um Schlaug regelmäßig "in die Köpfe" von heute 5 bis 7-jährigen amerikanischen Schulkindern.

Um den Trainingseffekt direkt nachzuweisen, werden die Kinder vom Beginn ihrer musikalischen Ausbildung an für mindestens drei Jahre begleitet.

Eine Testgruppe erlernt dabei ein Instrument zu spielen, eine weitere Gruppe erhält einen speziellen Musikunterricht ohne jedoch am Instrument zu trainieren und eine dritte Gruppe nimmt lediglich am Musikunterricht in der Schule teil.

Bei diesen Untersuchungen kommt die von Gaser entwickelte deformationsbasierte Morphometrie zum Einsatz, die kleinste Änderungen in den interessanten Hirnregionen im Zeitverlauf nachweisen kann.
Unterschiedliche Gehirnregionen betroffen
 
Bild: Gaser/Uni Jena

Interessante Areale, in denen Musikerhirne sich von Hirnen der Nichtmusiker unterscheiden.
Übung macht den Meister - und das Hirn
Wie die Autoren in ihrer Studie vermuten, sei das Plus an den kleinen grauen Zellen in motorischen, auditorischen und visuellen Hirnbereichen vor allem auf das jahrelange Training und weniger auf angeborene Strukturunterschiede im Gehirn zurückzuführen.

Die genauen Anteile von "Prädisposition und Übung", so die Forscher, könnten jedoch erst in Folgestudien bestimmt werden.
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Wie das Gehirn Klavierspielen lernt (15.10.03)
->   Menschliche Sprache formt musikalische Vorlieben (6.8.03)
->   Musikunterricht positiv für Gedächtnis von Kindern (28.7.03)
->   Warum falsche Noten schmerzen: Hirn auf Tonalität getrimmt (12.12.02)
->   Musikalität - ein Produkt der Evolution? (23.9.02)
 
 
 
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01.01.2010