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Wie Vogelgesang die Fortpflanzung beeinflusst  
  Der Gesang eines Vogelmännchens kann bei Weibchen den Hormonspiegel und auch das Wachstum der Eierstöcke beeinflussen. Doch wie genau die Lautsignale letztlich für die Fortpflanzung umgewandelt werden, war bislang nicht geklärt. Biologen sind nun der Lösung ein Stück näher gerückt: Sie haben ein Schlüsselhormon entdeckt, dass im Gehirn von Singvögeln in genau den Bereichen aktiv ist, die mit der Produktion und Verarbeitung von Lauten zusammen hängen.  
Die Forscher um George Bentley von der University of Washington stellten ihre Ergebnisse auf dem Jahrestreffen der Society for Neuroscience in New Orleans vor. Die Arbeit soll in der kommenden Ausgabe des Fachmagazins "Brain, Behavior and Evolution" veröffentlicht werden.
Weiteres Hormon als "Überraschung"
Schon seit Jahren ist bekannt, dass Lautsignale bei Singvögeln - zumindest saisonal - die Fortpflanzung beeinflussen können: In Reaktion auf den Gesang der Tiere werden bestimmte Hormone freigesetzt, die bei der Reproduktion eine wichtige Rolle spielen.

Doch wie das Gehirn jene spezifischen Laute herausfiltert, sie korrekt interpretiert und schließlich in hormonelle und Verhaltens-Signale umsetzt, war bislang unbekannt, heißt es in einer Aussendung der University of Washington.

Einen Aspekt dieser langgesuchte Verbindung könnte nun - überraschenderweise - ein weiteres Hormon darstellen.
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Die weitreichenden Folgen des Vogelgesangs
Aus Untersuchungen weiß man, dass bei manchen Singvogelarten durch den Gesang der Männchen die Eierstöcke der Weibchen besonders schnell anwachsen - und zwar im Frühling, wenn die Fortpflanzung ansteht. Bekannt ist ein ähnliches Phänomen bei Männchen: Hier kann der Gesang von anderen Männchen einen raschen Anstieg des Testosteron-Spiegels zur Folge haben. Dies wird interpretiert als Reaktion auf einen - vermeintlichen (die Ergebnisse wurden durch das Abspielen von Tonbandaufnahmen erhalten) - Eindringling ins eigene Revier.
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Alter Lehrsatz: Genau zwei Formen des Hormons
Einem Grundsatz der Vogelbiologie zufolge weisen Singvögel demnach lediglich zwei Typen eines bestimmten Schlüsselhormons der Fortpflanzung auf, des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH).

Nur einer dieser Typen löst jeden Frühling die diversen körpereigenen Vorbereitungen auf die Fortpflanzung aus, soweit der Wissensstand - zumindest bislang.
Dritte Form in lautverarbeitenden Hirnregionen
Doch das Forscherteam hat nun eine dritte Form des Hormons (GnRH-III) entdeckt, die ebenso die Freisetzung bestimmter Fortpflanzungshormone auslöst und das Wachstum der weiblichen Keimdrüsen steuert.

Das Interessante daran: GnRH-III findet sich nicht nur im Hypothalamus der Vögel, wo es die erwähnten Reproduktionsmechanismen reguliert. Im Gegensatz zu seinen zwei hormonellen Verwandten kommt es auch in Gehirnbereichen vor, die Lautsignale verarbeiten.
Direkt vom Gehirn ins Blut?
Möglicherweise, so spekulieren die Forscher, liegt hier erstmals ein Hinweis darauf vor, wie genau Lautsignale in eine die Fortpflanzung steuernde Hormonproduktion umgesetzt werden. GnHR-III könnte ohne Umwege über den Hypothalamus direkt aus den lautverarbeitenden Bereichen des Gehirns in den Blutkreislauf gelangen, so die These.

Die Wissenschaftler wollen nun weitere äußere Signale untersuchen, die bei der Fortpflanzung eine Rolle spielen und möglicherweise mit dem entdeckten Hormon in Zusammenhang stehen. Denn schließlich funktioniert der "Trick" bei den meisten Vögeln lediglich im Frühling - wenn die Bedingungen für die jährlich anstehende Paarung möglichst ideal sind.
->   "Brain, Behaviour and Evolution"
->   Department of Biology der University of Washington
->   Alles zum Stichwort Fortpflanzung in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010