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Astronomische Beobachtungen vom Flugzeug aus  
  Zur Erforschung des Universums nutzen Astronomen ein ganzes Arsenal an Beobachtungsinstrumenten - große Observatorien auf der Erde ebenso wie Teleskope im Weltraum. Ein neues Projekt ist jetzt genau dazwischen angesiedelt ist: Astronomie vom Flugzeug aus.  
Die Idee der amerikanischen und deutschen Wissenschaftler ist nicht neu, aber dank ihrer speziellen Ausrüstung soll die "fliegende Sternwarte" künftig einzigartige Beobachtungen ermöglichen.
Jumbojet mit Schiebedach
Bei dem Projekt SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) handelt es sich um eine Boeing 747 mit einem Infrarot-Teleskop an Bord.

Der "Jumbojet mit Schiebedach" soll den Astronomen ungeahnte Ausblicke ins All ermöglichen. Dazu wird SOFIA bis zu acht Stunden lange Beobachtungsflüge in Höhen zwischen zehn und 15 Kilometern absolvieren.
Himmelsobjekte in Infrarot
Bild: NASA
Bestimmte Phänomene im Universum lassen sich nur in infrarotem Licht beobachten. So ist etwa über die Entstehung und Entwicklung von Galaxien noch wenig bekannt.

Um mehr darüber zu erfahren, müssen die Wissenschaftler möglichst weit ins All hinaus blicken - bis in die Frühzeit des Universums vor mehr als zehn Milliarden Jahren.

Doch das ohnehin schon schwache Licht der frühesten Galaxien hat seine größte Intensität im infraroten Wellenlängenbereich, ist also dort auch am besten zu sehen. Daher lässt sich die Geburt von Sternen im infraroten Wellenlängenbereich am besten verfolgen. Wie auch Beobachtungen von Planeten, Kometen und Ringe in unserem Sonnensystem die besten Ergebnisse im infraroten Wellenbereich liefern.

Zudem werden Staubwolken im Weltraum, die für das menschliche Auge undurchdringlich sind, in infrarotem Licht nahezu durchscheinend.
->   Informationen der NASA zur Infrarot-Astronomie
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Hindernis Erdatmosphäre: SOFIA soll helfen
Der Grund für die hoch fliegenden Pläne des SOFIA-Projekts ist die Erdatmosphäre, die astronomische Beobachtungen im Infraroten weitgehend verhindert. Die Strahlung aus dem All umfasst das gesamte Spektrum elektromagnetischer Wellen. Aber nur ein Teil dieses Lichts erreicht tatsächlich die Erdoberfläche - manche Wellenlängen werden von der Atmosphäre mehr oder weniger "verschluckt".

Das gilt insbesondere für infrarotes Licht, das durch Wasserdampf und Kohlendioxid in der Luft größtenteils abgeblockt wird.
Um dennoch Prozesse im Infraroten erforschen zu können, müssen Astronomen daher hoch hinaus - aber selbst Berggipfel bieten nur eingeschränkte Möglichkeiten.
->   Informationen zum Elektromagnetischen Spektrum (Wikipedia)
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Satelliten sind nur Teillösung
Für die Himmelsbeobachtung im infraroten Bereich werden auch Satelliten in der Umlaufbahn eingesetzt. Ein Nachteil dabei ist die lange Vorlaufzeit derartiger Missionen: Wenn der Satellit endlich ins All startet, ist die technologische Entwicklung auf der Erde meist schon einige Schritte weiter.

Dazu kommt, dass Satelliten - einmal im Orbit - zwar für Langzeitbeobachtungen geeignet sind. Auf kurzfristige Ereignisse oder Veränderungen können die Astronomen damit jedoch kaum reagieren.

Ein weiteres Problem ist der Umstand, dass die maximal möglichen Abmessungen auf den Trägerraketen die Größe des Teleskopspiegels begrenzen - und damit auch seine Auflösung.
SOFIA stets auf dem letzten Stand
Das SOFIA-Astroflugzeug hingegen hat einen Teleskopspiegel von 2,7 Meter Durchmesser an Bord. Damit ist er deutlich größer als jene von Infrarot-Satelliten. Ein weiterer Vorteil: SOFIA kann jederzeit mit den jeweils neuesten technischen Geräten ausgerüstet werden.

Die Astronomen sind in der Lage, flexibel unterschiedliche Flugstrecken zu planen - je nach gewünschter Beobachtungskampagne. Ausgangsbasis des Projekts ist das NASA Ames Research Center im kalifornischen Moffett Field nahe San Francisco.
->   SOFIA-Homepage der NASA
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Erfolgreicher Vorgänger
SOFIAs Vorgänger war das Kuiper Airborne Observatory - kurz KAO. Dabei handelte es sich um eine adaptierte Militärmaschine von Typ C-141 "Starlifter", ausgestattet mit einem Infrarot-Teleskop von knapp einem Meter Spiegeldurchmesser. Dem Umbau des Militärjets zum Astroflugzeug waren jedoch konstruktive Grenzen gesetzt. So wurden die Messungen immer wieder durch Triebwerksvibrationen beeinträchtigt.
->   Kuiper Airborne Observatory (NASA)
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SOFIA-Lager aus Österreich
Ein besonders wichtiger Bauteil für SOFIA stammt aus Österreich. Die Firma MCE in Linz - ein Tochterunternehmen der VA Tech - entwarf und baute das Lager, in dem sich das Fernrohr dreht.

Diese Spezialkonstruktion muss extreme Anforderungen erfüllen - immerhin wiegt das Teleskop 17 Tonnen. Zudem dürfen Vibrationen, die von den Triebwerken ausgehen, nicht die astronomischen Beobachtungen stören.
Erster Testflug für Mitte 2004 geplant
Inzwischen ist das gesamte Teleskop, das in Deutschland gebaut wurde, bereits in der Boeing 747 installiert. Wenn alles gut geht, wird SOFIA Mitte 2004 die ersten Testflüge absolvieren. Das "fliegende Infrarot-Auge" soll künftig aber nicht nur spektakuläre Bilder aus dem All liefern.

Die Projektbetreiber NASA und DLR möchten SOFIA auch nutzen, um ihre astronomische Forschung einer breiteren Öffentlichkeit nahe zu bringen. Dazu ist geplant, dass neben den beteiligten Wissenschaftlern selbst immer wieder auch Journalisten, Lehrer oder auch ganze Schulklassen an Beobachtungsflügen teilnehmen.

SOFIA soll im Idealfall 20 Jahre lang unser Wissen über das Weltall erweitern.

Ivo Filatsch, Modern Times
->   Deutsche SOFIA-Homepage
->   Europäisches Infrarot-Weltraumteleskop ISO
->   Österreichische Beteiligung an ISO
->   SIRTF-Homepage der NASA
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Mehr Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in der Sendung "Modern Times" am Freitag, 28.11.2003 um 22.35 Uhr in ORF 2.
->   "Modern Times"
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01.01.2010