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Zeitungsmarkt: Auflagenwachstum per Aktien  
  Heutzutage hat es ein Printmedium schwer, wenn es am dichten Medienmarkt bestehen möchte: Es muss nicht nur gute publizistische Arbeit leisten, sondern auch als profitorientiertes Unternehmen geführt werden, das in ein Netzwerk kapitalstarker und risikofreudiger Aktiengesellschafter eingebettet ist. Ein Wiener Historiker hat nun - gefördert vom FWF - festgestellt, dass dieser Ökonomisierungsprozess und die damit verbundenen Veränderungen in der Organisation von Medienunternehmen bereits Ende des 19. Jahrhunderts begonnen haben.  
Enge Verflechtung von Print- und anderen Branchen
Der Forschergruppe von der Kommission für Historische Pressedokumentation der Akademie der Wissenschaften erörterte dazu unter der Leitung von Peter Csendes die "Netzwerke sozialer Beziehungen in der Wiener Zeitungsproduktion 1889-1945" - so auch der Titel des vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Forschungsprojekts.

Der Forscher konnte anhand von Daten aus dem Handelsregister sowie dem "Compass" - einem seit 1868 erscheinenden Finanz-Jahrbuch, das die Daten des Führungspersonals sämtlicher Wiener Zeitungsaktiengesellschaften enthält - aufzeigen, dass bereits Ende des 19. Jahrhunderts enge personelle Verflechtungen nicht nur innerhalb des Printsektors, sondern auch mit anderen Wirtschaftsbranchen vorherrschten. Insbesondere gilt dies mit der Maschinen- und Metall, der Textil- und der Zuckerindustrie sowie mit dem Bankenbereich.
Dramatischer Wandel um Jahrhundertwende
"Speziell um die Jahrhundertwende nahm die Gründung von Kapital- und Aktiengesellschaften zu, die den wachsenden finanziellen Aufwand einer Zeitungsproduktion übernahmen und das steigende unternehmerische Risiko trugen", erläutert Oggolder.

"Die neuen Strukturen veränderten die damalige Medienlandschaft dramatisch: Die Gesamtauflage in Wien stieg immens, die Zeitungsproduktion wird zunehmend differenziert und professionalisiert."
Wirtschaftskrise und Faschismen bremsten
 
Bild: Universum Magazin

Durch Aktienankäufe und -beteiligungen konnte sich beispielsweise die "Steyrermühl" (siehe Bild) auf diese Weise damals als größter Wiener Zeitungsbetrieb etablieren. Die Wirtschaftskrise in den späten 20er Jahren und der politische Umbruch des austrofaschistischen Ständestaats bremsten die Entwicklung aber zusehends.
Langsame Erholung nach 1945
Zur Spitze getrieben wurde diese Rückentwicklung nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich. "Doch auch nach der Befreiung vom NS-Regime fand die heimische Medienlandschaft nur langsam zu den ökonomischen Strukturen der Jahrhundertwende zurück", resümiert der Historiker.

"Der Grund dafür liegt darin, dass die Besatzungsmächte die Zeitungslizenzen vornehmlich an Vertreter der Parteien vergaben - in der Annahme, das die angestrebte Demokratisierung damit eher gewährleistet wäre."

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Kommission für Historische Pressedokumentation
->   Wissenschaftsfonds (FWF)
->   Universum Magazin
 
 
 
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01.01.2010