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Evolution: Schafsjagd lässt Hörner kleiner werden  
  Die Evolution geht mitunter äußerst menschliche Wege: So lässt offenbar die Trophäen-Jagd die Hörner einer nordamerikanischen Schafsart schrumpfen. Weidmänner hätten es vor allem auf Böcke mit besonders eindrucksvollen Hörnern abgesehen und würden diese schon in jungen Jahren schießen, berichten britische und kanadische Forscher. Diese bekämen dadurch weniger Gelegenheit, Nachwuchs zu zeugen - und die Erbanlagen für besonders große Hörner an die nächste Generation weiterzugeben.  
Die Wissenschaftler um David Coltman vom Department of Animal and Plant Science der britischen University of Sheffield haben sich die Hörner der nordamerikanischen Dickhornschafe - lateinisch Ovis canadensis - ganz genau angesehen.

Neben der Größe der Hörner hat demnach auch das Körpergewicht der Tiere durch die Bejagung signifikant abgenommen. Die Ergebnisse des Forscherteams sind in der aktuellen Ausgabe von "Nature" erschienen.
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Der Artikel "Undesirable evolutionary consequences of trophy hunting" von David Coltman und Kollegen ist in "Nature" (Bd. 426, Seiten 655 - 658, vom 11. Dezember 2003(erschienen).
->   Abstract des Artikels in "Nature"
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Der Mensch als Faktor der Evolution
Die Evolution ist vor allem eine Geschichte der fortwährenden Anpassung von Lebewesen - etwa an geänderte Lebensbedingungen durch einen Klimawandel. Was die Welt der Fauna und Flora angeht, spielt auch der Mensch seit geraumer Zeit eine wichtige Rolle.

Eine solche menschliche Einflussnahme hat nun das kanadisch-britische Forscherteam untersucht - am Beispiel der recht eindrucksvoll behörnten Schafe.
Seit Jahrzehnten unter Beobachtung
Bild: Corbis
Die Dickhornschafe auf dem kanadischen Ram Mountain im Bundesstaat Alberta stehen seit mehr als 30 Jahren unter wissenschaftlicher Beobachtung.

Seit 1971 werden die Tiere jährlich gefangen und vermessen, später kamen für genetische Untersuchungen Haar-, Gewebe- und Blutproben hinzu.

Die Forscher werteten diese Daten nun aus, um den Einfluss der Jagd auf die Entwicklung der Schafe zu überprüfen. Denn die Böcke können zwischen August und Oktober legal von den Einwohnern Albertas gejagt werden.
Horngröße und Körpergewicht nehmen ab
Wie die Wissenschaftler feststellten, nahm nicht nur die Horngröße männlicher Schafe, sondern auch ihr Körpergewicht über die Jahre hinweg ab. Da beide Merkmale vererbbar sind, vermuten die Wissenschaftler, dass die Trophäen-Jagd für diese Entwicklung verantwortlich ist.

Seit 1975 seien 57 Böcke geschossen worden. Die Tiere gehörten eher zu den eindrucksvolleren Vertretern ihrer Art - hatten also besonders starke Hörner bzw. waren eher größer als ihre nicht erlegten Alterskollegen.

Zudem war ein Großteil davon jünger als acht Jahre. Damit hatten die Tiere längst noch nicht ausreichend Zeit, ihre genetischen Merkmale - die sie letztlich auch für die Jäger so attraktiv machten - an nachkommende Generationen weiter zu geben.
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Dickhornschafe: Bis zu 13 Kilo schwere Hörner auf dem Kopf
Dickhornschafe kommen im Westen Nordamerikas vor, in den Rocky Mountains, Kalifornien und bis nach Mexiko. Sowohl Männchen als auch Weibchen tragen Hörner. Während die kreisförmig gebogenen Hörner der Böcke eine Länge von mehr als einem Meter und ein Gewicht von bis zu 13 Kilogramm erreichen können, sind die Hörner der Weibchen eher unscheinbar. Böcke sind zudem mit einem Körpergewicht von bis zu 135 Kilogramm fast doppelt so schwer wie die weiblichen Tiere, die nur rund 70 Kilogramm auf die Waage bringen.
->   Mehr über Dickhornschafe in www.tierwissen.de
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Sportjagd weltweit als einflussreicher Faktor
Die Sportjagd sei eine der tiefgreifendsten menschlichen Aktivitäten, die weltweit wilde Säugetierpopulationen beeinflussten, schreiben die Forscher in "Nature". Vor allem in den Bergen lebende Paarhufer - wie eben Ovis canadensis - sind demnach ob ihrer Hörner oder Geweihe schwer begehrt.

Ein Jäger soll tatsächlich 1998 und 1999 mehr als eine Million Kanadische Dollar (rund 625.000 Euro) für spezielle Genehmigungen zur Jagd auf die begehrten Dickhornschafböcke bezahlt haben.

Obwohl die Einnahmen für die Abschuss-Lizenzen dem Naturschutz in der Region zu Gute kämen, müssten derartige Konsequenzen berücksichtigt und ein weiterer "genetischer Verfall" der Schafspopulationen verhindert werden.
Beispiel Afrika: Immer mehr "zahnlose" Elefanten
Hinweise darauf, dass die Jagd die Evolution von Tierpopulationen beeinflusse, gibt es nach Angaben der Forscher im Übrigen auch aus Afrika: Dort würden zunehmend Elefanten ohne Stoßzähne gesichtet - möglicherweise eine Folge der Elfenbeinwilderei.
->   Department of Animal and Plant Science der University of Sheffield
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   "Milch-Gene": Koevolution bei Mensch und Kuh (24.11.03)
->   Die Geschichte des "treusten Freundes" des Menschen (22.11.03)
->   Zuchtpferde stammen von 77 Ur-Stuten ab (16.7.02)
 
 
 
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01.01.2010