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Forscher bringen Lichtstrahl zum Stillstand  
  Licht bzw. dessen winzige Teilchen - genannt Photonen - zu kontrollieren, ist ein erklärtes Ziel der Wissenschaft. Steht doch bei Erfolg der vielbeschworene Quantencomputer in Aussicht. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist nun Physikern gelungen: Sie haben für den Bruchteil einer Sekunde einen Lichtstrahl zum völligen Stillstand gebracht.  
Nichts ist schneller als das Licht - doch unter bestimmten Bedingungen bzw. in bestimmten Materialien können die Pulse verlangsamt werden, wie man weiß.

Die Forscher um Michal Bajcsy vom Department of Physics der Harvard University haben nun das Maximum erreicht - und Photonen gleichsam "eingefroren". Die Ergebnisse des Forscherteams wurden im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht.
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Der Artikel "Stationary pulses of light in an atomic medium" ist erschienen in "Nature", Bd. 426, Seiten 638-641, vom 11. Dezember 2003 (doi:10.1038/nature02176).
->   Abstract des Artikels in "Nature"
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Lichtstrahl bereits 2001 "gestoppt"
Anfang 2001 sorgte eine Meldung für einige Aufregung: Physikern war es damals gelungen, einen Lichtstrahl für kurze Zeit in einer Wolke aus Natriumatomen "einzufangen".

Genauer gesagt: Die Photonen gaben - kontrolliert durch einen Laserstrahl - ihre elektromagnetischen Informationen kurzzeitig an die Atome ab. Danach gingen jene Informationen wieder auf die winzigen Lichtteilchen über - und der Lichtstrahl verließ die Atomwolke.

Das Licht wurde hier aber in Wahrheit nicht "eingefroren" - die Eigenschaften der Photonen gingen vielmehr auf das Medium über.
->   Mehr dazu: Licht erstmals zum Halten gebracht (19.1.01)
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Licht, elektromagnetische Strahlung und Photonen
Was man gemeinhin als Licht bezeichnet, ist im engeren Sinne elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Bereich des Spektrums (Wellenlängen von 380 bis 780 nm). Im weiteren Sinne zählt man dazu auch infrarote oder ultraviolette und Röntgenstrahlung. Das Photon wiederum oder "Lichtquant" ist ein Elementarteilchen und bildet jene genannten Strahlungen. Schon Newton hat im Übrigen die Existenz der Lichtteilchen vermutet. Ein experimenteller Beweis gelang allerdings erstmals 1923.
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Neuer Versuch unter ähnlichen Bedingungen
Anders der Versuch, den nun die Harvard-Physiker durchgeführt haben: Das Forscherteam verwendete zunächst fast die gleichen Ausgangsbedingungen wie beim Experiment von 2001.

Auch hier diente ein Gas - in diesem Fall aus Rubidium-Atomen - als Medium. Es wird (ebenso wie die Wolke aus Natriumatomen beim früheren Experiment) durch Bestrahlung mit einem Laser durchsichtig, sodass die Lichtteilchen in die Wolke eindringen können.

Auch hier wird jener so genannte Kontrolllaser abgeschaltet, wodurch die Wolke undurchsichtig wird und die Photonen "stecken bleiben".
Zwei statt einem Kontrolllaser
Bei Versuch 1 wurde danach der Kontrolllaser einfach erneut angeschaltet und die Photonen verließen (nach jener kurzen Zeit, in der ihre elektromagnetischen Eigenschaften in den Atomen gespeichert waren) die Gaswolke wieder.

Anders nun die aktuelle Versuchsanordnung: Die Physiker beleuchteten die Rubidium-Atome von zwei Seiten mit einem Kontrolllaser. Dabei kommt es zu einer Interferenz beider Strahlen - sie überlagern sich bzw. verstärken oder löschen sich teilweise aus.
Licht wie zwischen Spiegeln festgehalten
Zwar werden die gespeicherten Photonen auf diese Weise wieder freigelassen bzw. erhalten ihre elektromagnetischen Informationen zurück (siehe Experiment 1), doch das Licht wird wie zwischen Spiegeln innerhalb der Gaswolke festgehalten.

Erst wenn einer der zwei Kontrolllaser abgeschaltet wird, verlässt das Lichtsignal die atomare Wolke wieder.
Für einige Hundertstel Millisekunden
Die Physiker hielten somit erstmals tatsächlich einen Lichtstrahl an - wenn auch "nur" für einige Hundertstel Millisekunden. Doch aus der Sicht der Photonen ist dies eine ziemlich lange Zeitspanne. Schließlich legen sie in nur einer Sekunde gewöhnlich an die 300.000 Kilometer an Entfernung zurück.
Ausblick auf die Zukunft: Quantencomputer und Co
Eine heute noch weit entfernte Anwendung für die Kontrolle von Lichtpulsen liegt im vielbeschworenen Quantencomputer, der eines Tages die Informationsspeicherung revolutionieren soll. Und auch die Quantenkryptografie - Traum so manches Geheimdienstes - beruht auf der Kontrolle von Licht.
->   Harvard University Department of Physics
Mehr zum Licht in science.ORF.at:
->   Wie Lichtpulse Materie magnetisieren (20.4.03)
->   Teleportation: Physiker erhöhen Effizienz des "Beamens" (12.2.03)
->   Wird das Licht langsamer? - "Einstein hätte das gehasst" (9.8.02)
->   Erster Feststoff, der Licht speichert (8.1.02)
->   Alles zum Stichwort Quanten im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010