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Älteste Objekte figurativer Kunst entdeckt  
  Deutsche Archäologen haben neue spektakuläre Belege altsteinzeitlicher Kunst entdeckt. Die mehr als 30.000 Jahre alten Skulpturen aus Mammutelfenbein stellen einen Wasservogel, einen Pferdekopf und einen "Löwenmenschen" dar. Nach Ansicht von Experten handelt es sich um die ältesten Objekte figurativer Kunst, die bisher gefunden wurden.  
Nicholas Conard vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Tübingen berichtet von seinen Ausgrabungen in der aktuellen Ausgabe von "Nature". Die Figuren seien nicht größer als wenige Zentimeter und nicht schwerer als einige Gramm.
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Die Studie ist unter dem Titel "Palaeolithic ivory sculptures from southwestern Germany and the origins of figurative art" in "Nature" (Bd. 426, S. 830, Ausgabe vom 18. Dezember 2003) erschienen.
->   Original-Abstract in "Nature"
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Fundstelle nahe Ulm
 
Bild: Hilde Jensen, Universität Tübingen

Aufnahme des Wasservogels

Gefunden wurden die Skulpturen in der "Hohle Fels"-Höhle bei Schelklingen nahe Ulm von einem Team um Conard zwischen 1999 und 2002. Untersuchungen ergaben, dass die Höhlen der Region während des Winters und des Frühlings von Menschen bewohnt waren, schreibt Conard.
Zentrum der Kulturentwicklung
Viele Funde von Elfenbein-Abfällen bewiesen zudem die regelmäßige künstlerische Arbeit der Menschen dort.

Diese Erkenntnis werde durch die früheren Funde von Musikinstrumenten - etwa aus der Geißenklösterle-Höhle bei Blaubeuren - untermauert und beweise laut Conard, dass an der oberen Donau ein Zentrum der Kulturentwicklung gelegen habe.
->   Mehr über den "Hohlen Fels" (Uni Tübingen)
Grabungen bereits seit dreißig Jahren
 
Bild: Hilde Jensen, Universität Tübingen

Aufnahme des Pferdekopfs

Mit der Radio-Karbon-Methode wurde das Alter der fünf Zentimeter großen Figuren auf mehr als 30.000 Jahre datiert. Damit stammen sie aus einer Zeit, in der die Vorfahren der heutigen Menschen (Homo sapiens) und der Seitenzweig der Neandertaler nebeneinander lebten.

Bei den seit 1973 andauernden Grabungen an verschiedenen Stätten im oberen Donautal wurden bereits 17 weitere Figuren und auch eine aus Knochen geschnitzte Flöte gefunden. Seit mehr als fünf Jahren wird das Wissenschaftlerteam an der Universität Tübingen von Conard geleitet.
Experten: "Erstaunlich frühe Künstler"
Bild: Hilde Jensen, Universität Tübingen
Aufnahme des "Löwenmenschen"
Für den britischen Archäologen Anthony Sinclair, der die Funde aus der Schwäbischen Alb in "Nature" kommentiert, sind die 20 Figuren zusammen genommen "die älteste Sammlung figurativer Kunst weltweit".

Für das Schnitzen des Elfenbeins war große handwerkliche Geschicklichkeit erforderlich. Seit dem 19. Jahrhundert herrschte die Vorstellung vor, die Menschen hätten ihre künstlerischen Fähigkeiten erst sehr spät ausgeprägt. Diese Annahmen werden allmählich fragwürdig. "Die ersten modernen Menschen in Europa waren erstaunlich frühe Künstler", erklärt Sinclair.
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Im Juli 2001 hatten französische Forscher in der Region Ardeche Höhlenzeichnungen auf ein Alter von rund 30.000 Jahren datiert.
->   Sensationeller Archäologiefund in Frankreich (8.7.01)
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Genutzte Naturgegenstände noch älter
An einigen archäologischen Fundstätten wurden Gegenstände aufgefunden, die die Beschäftigung von Menschen mit Kunstwerken schon für Zeiträume zwischen 200.000 und 400.000 Jahren vor unserer Zeit nahe legen. Dazu zählen Steinarbeiten von den Golanhöhen, die 1981 gefunden wurden und rund 233.000 Jahre alt sind.

Darüber hinaus wurden im südafrikanischen Sambia Farbpigmente und Werkzeuge gefunden, die auf Malereien vor 350.000 bis 400.000 Jahren schließen lassen.

Bei diesen Funden handle es sich jedoch um genutzte Naturgegenstände, erläuterte Conard laut Nachrichtenagentur AFP. Dagegen seien die von seinem Team entdeckten Figuren "vollproduzierte dreidimensionale Kunstwerke".
->   Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Universität Tübingen
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Bakterien nagen an Höhlenkunst: Abhilfe aus Wien (2.7.02)
->   Älteste Kunstwerke der Welt entdeckt? (10.1.02)
->   Bildband auf den Spuren von Europas Kulthöhlen (25.10.01)
 
 
 
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01.01.2010