Christian Gastgeber
Österreichische Nationalbibliothek
BIBLOS-Redaktion und Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Byzanzforschung
 
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Prager Buchkunst des Mittelalters aus der ÖNB  
  Am 3. November 2004 wird im Prager Palais Clam Gallas aus der Reihe der "Illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Österreichischen Nationalbibliothek" (ÖNB) der dritte Band des Grundlagenwerkes zur gotischen Buchmalerei, "Mitteleuropäische Schulen" für den Raum Böhmen, Mähren, Schlesien und Ungarn (mit Ausnahme der Hofwerkstätte König Wenzels IV.) innerhalb des Zeitraumes von 1350 bis 1400 von den Autoren Ulrike Jenni und Maria Theisen präsentiert.

Das Buch wird von der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben.
 
Prag als Zentrum der Buchkunst

Thronender Gottvater mit Stifter,
Böhmen 1391
Während der Regierungszeit Kaiser Karls IV., vor allem aber unter seinem bibliophilen Sohn und Nachfolger Wenzel IV., hatte sich die Reichs- und Residenzstadt Prag zum Zentrum der Buchkunst Mitteleuropas entwickelt.

Künstler aus ganz Europa hatten sich in der Nähe des Hofes niedergelassen und fanden hier die besten Voraussetzungen für ihre Arbeit.

Das Amalgam aus italienischer, franco-flämischer, süddeutscher und böhmischer Kunst war es schließlich, das Prag nicht zuletzt zu einem der bedeutendsten Zentren des so genannten "Schönen Stils" der Jahre um 1400 machte.

Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Ein Gemeinschaftsprojekt von FWF, ÖAW und ÖNB
Zahlreiche in Prag hergestellte Codices befinden sich heute aufgrund dynastischer oder monastischer Beziehungen der beiden Länder Böhmen und Österreich in der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB).

Diese wissenschaftlich aufzuarbeiten, ist das Ziel eines vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gemeinsam mit dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien (Otto Pächt-Archiv) finanzierten Katalogisierungsprojektes.

Das jüngste Ergebnis dieser Arbeit, ein erster Katalog der illuminierten Handschriften Ostmitteleuropas, wird am 3. November im Österreichischen Kulturforum in Prag einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.
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Vom Beschreibstoff Pergament zum Papier

Sauls Tod, Mähren 1380
Das Forschungsgebiet fokussiert die Buchkunst der Jahre 1350 bis 1400 - eine Zeit, in welcher der traditionelle Beschreibstoff Pergament nach und nach durch eine für die gesamte Entwicklung der Buchproduktion entscheidende Neuerung ersetzt wurde: das Papier.

Das neue Material lässt sich mit Hilfe der Wasserzeichenanalyse sehr präzise zeitlich und regional zuordnen. Es wurde vor allem für Universitäts- und Klosterhandschriften des täglichen Gebrauchs verwendet. Bücher für Liturgie und Repräsentation wurden nach wie vor auf Pergament geschrieben und kostbar illuminiert.
Prachthandschriften - Alltagsbücher

Detail eines zwölfszenigen
Zyklus zum Leben des
Evangelisten Lukas, Prag 1368, Troppauer Evangeliar
Der Katalog enthält neben dem prachtvoll ausgestatteten Evangeliar des Johannes von Troppau, das 1368 für Herzog Albrecht III. hergestellt wurde und das daher traditionell mit den Anfängen der Wiener Handschriftensammlung verbunden wird, auch selbst der Fachwelt noch unbekannte Bücher aus den Depots.

Dazu zählen rare Handschriften der ehemaligen Prager Kartause, die nur einen Tag nach dem Tod König Wenzels IV. von Anhängern des Jan Hus niedergebrannt worden war (1419). Die fliehenden Mönche hatten einige Bücher in benachbarte Schwesterklöster retten können.

Von den seither über Europa verteilten Restbeständen der Kartäuserbibliothek befindet sich die größte Sammlung in der Österreichischen Nationalbibliothek zu Wien. Sie waren nach Aufhebung der Kartause Aggsbach in die Hofbibliothek gelangt.
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Buchpräsentation
In zwei Vorträgen stellen die Autorinnen die Ergebnisse ihrer Katalogisierungsarbeit vor:
Maria THEISEN, Die Bibliothek der Kartause Smíchov bei Prag - ein Rekonstruktionsversuch
Ulrike JENNI, Das Evangeliar des Johannes von Troppau - eine böhmische Prachthandschrift von 1368. Kunst im Dienste der Herrschaft.
Moderiert wird vom tschechischen Kunsthistoriker und Mitarbeiter Karel STEJSKAL.
Die Veranstaltung findet bei freiem Eintritt am 3. November 2004 im Palais Clam Gallas, Husova 20, Prag 1, statt. Beginn: 18.00 Uhr.
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