Peter Höller
Bundesamt und Forschungszentrum für Wald, Institut für Lawinen- und Wildbachforschung, Innsbruck
 
ORF ON Science :  Peter Höller :  Technologie 
 
Radar in der Schnee- und Lawinenforschung  
  Die Lawinenunfälle der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, dass bei tiefer Lage von Verschütteten das Auffinden derselben mit Sonden nicht oder nur sehr schwer möglich ist. Neben der Möglichkeit mit LVS-Geräten zu suchen, was für die Kameradenrettung immer noch ein unerläßliches Hilfsmittel darstellt, kann auch der Einsatz von Radar erwogen werden.  
Diese Technik wird in der Schnee- und Lawinenforschung in vielen Bereichen genützt und stellt eine weitere Möglichkeit dar, Lawinenverschüttete in angemessener Zeit zu orten.
Vom Mikrowellenradar bis hin zur Geschwindigkeitsmessung
In der Schweiz wurde Mitte der 80er Jahre am Institut für Schnee-und Lawinenforschung ein frequenz-moduliertes kontinuierlich sendendes Mikrowellenradar eingesetzt um die Fließhöhen von Lawinen als auch die Schichtung der Schneedecke zu bestimmen.

Aktuelle Untersuchungen aus den USA (Institute of Arctic and Alpine Research) beschäftigen sich derzeit mit dem Einsatz von Radar zur Bestimmung der Stratigraphie der Schneedecke.
Zur Messung von Lawinengeschwindigkeiten verwendeten Schweizer Forscher ein Mikrowellen-Doppler-Radar.
Österreich: Mobil einsetzbares Radar entwickelt
In Österreich hat das Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung der TU Graz ein mobil einsetzbares Radar entwickelt. Dieses Gerät ist das wohl derzeit modernste, weil durch Verwendung von zwei Frequenzen (5,8 GHz und 35,8 GHz) sowohl die Geschwindigkeit von Fließ- als auch Staublawinen bestimmt werden kann.

Es wird vom Institut für Naturgefahren (vormals Institut für Lawinen- und Wildbach- forschung) sehr erfolgreich zur Messung von Lawinengeschwindigkeiten eingesetzt, unter anderem bei EU-Projekten.
Ortung Lawinenverschütteter mittels Radar
Schon Ende der 70er Jahre wurden bei einer internationalen Tagung in Graz verschiedene
Radartechnologien diskutiert, unter anderem der Einsatz von Einzelimpulsradar zur Ortung verschiedenster Einschlüsse in der Schneedecke.

Voraussetzung für die Anwendung ist der hohe Unterschied der Dieelektrizitätskonstanten von Schnee und Körper. Außerdem wurde das System des Doppler-Radar zur Detektion der Herztätigkeit vorgestellt. Damit können noch lebende Personen aufgefunden werden.
Radarsuche kann durch Witterung eingeschränkt sein
Grundsätzlich muss bei Radarsystemen berücksichtigt werden, dass nach Lawinenunfällen nicht immer Flugwetter herrscht. Eine sofortige Suche mit dem am Hubschrauber angebrachten Radargerät kann deshalb durch die Witterungsbedingungen entsprechend eingeschränkt sein.

Aber auch die Tatsache, dass die Funktion bei feuchtem Schnee nicht einwandfrei gewährleistet ist, sei hier erwähnt.
Radar wurde 2001 zweimal erfolgreich eingesetzt
Wissenschaftler vom Norwegischen Geotechnischen Institut haben zuletzt mit Hilfe von Radar die Schneeverteilung untersucht sowie Gletscherspalten unter einer geschlossenen Schneedecke detektiert. Außerdem kam das Gerät bei der Suche von Lawinenopfer zum Einsatz. Das Gerät arbeitet mit einer Frequenz von 900 Mhz und wird auf einem Schlitten montiert, dieser kann manuell oder von einem Schneemobil gezogen werden.

Die aktuelle Literatur zeigt, dass das Radar bei zwei Unfällen (Schweiz und Norwegen) im
Februar 2001 zum Einsatz kam. Dabei wurde das Gerät parallel mit traditionellen Methoden verwendet. Während die Opfer mit Sonden und Hunden nicht gefunden werden konnten, war es möglich die Personen mit Hilfe des Radars zu lokalisieren.
Österreich: Schneedeckenradar von Patentamt anerkannt
In Österreich wurde kürzlich von den Österreichischen Bundesbahnen mitgeteilt, dass die Entwicklung eines Schneedeckenradars vom Österreichischen Patentamt anerkannt ist. Dieses Radar wurde vor allem für das Aufzeigen von Inhomogenitäten in der Schneedecke (Schichten) entwickelt, soll aber zukünftig auch zur Ortung von Lawinenverschütteten zum Einsatz kommen.

Ein weiteres Radar der Firma Wintertechnik befindet sich derzeit in einer Testphase. Das Gerät wurde bereits bei der Lokalisierung von Verschütteten verwendet.
Verschiedene Forschungsprojekte in Planung
Verschiedene Forschungsprojekte sind angedacht, um diese Systeme soweit zu adaptieren, dass sie für den Einsatz verwendet werden können. Das Institut für Naturgefahren (vormals Lawinen- und Wildbachforschung) wird sich für diese Weiterentwicklungen entsprechend einsetzen.

[7.2.05]
->   Bundesforschungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW)
->   Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung der TU Graz
->   Eidgenössisches Institut für Schnee-und Lawinenforschung
->   Institute of Arctic and Alpine Research
->   Norwegian Geotechnical Institute
 
 
 
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