Host-Info
Ulrich Körtner
Institut für Systematische Theologie der Evangelisch-Theologischen Fakultät und Institut für Ethik und Recht in der Medizin, Universität Wien
 
ORF ON Science :  Ulrich Körtner :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Für und Wider Xenotransplantation  
  Die Xenotransplantation, d.h. die Übertragung tierischer Organe auf den Menschen, ist noch Zukunftsmusik. Ihr Ziel ist es, die Knappheit an transplantierbaren Organen zu beenden. Tierische Organe ließen sich in beliebiger Menge erzeugen, wogegen menschliche Organe nur in begrenzter Zahl zur Verfügung stehen.  
Die Xenotransplantation wirft jedoch eine Reihe von technischen, vor allem aber von ethischen Fragen auf. Zunächst braucht man Tiere, die dem Menschen physiognomisch möglichst ähnlich sind. Das ist am ehesten das Schwein, das zu diesem Zweck freilich gentechnisch verändert werden muss. Man spricht dann von transgenen Tieren.
Schwer abschätzbare Risiken
Vorausgesetzt, dass die Züchtung solcher Tiere zu medizinischen Zwecken gelingt, bleiben immer noch medizinische Risiken, die sich derzeit schwer abschätzen lassen.

Zum einen können durch Tiere auf den Organempfänger Krankheitserreger (Viren) übertragen werden. Zum anderen weiß man noch nicht, welche Wirkungen die tierischen Gene des Spenderorgans auf den menschlichen Körper hätten. Wie schwer sich diese Risiken abschätzen lassen, zeigt der BSE-Skandal, der gerade eine neue Stufe erreicht.

...
Ethisch problematisch ist außerdem die Züchtung von Chimären, d.h. von Tier-Mensch-Mischwesen, wie der jüngste Konflikt um ein entsprechendes Patent des Europäischen Patentamtes zeigt.

...
Weitere ethische Bedenken kommen hinzu. So wird einerseits gefragt, ob es der Menschenwürde widerspricht, einem Patienten tierisches Gewebe einzupflanzen.

Andererseits ist umstritten, ob es ethisch überhaupt vertretbar ist, Tiere als Organfabriken zu benutzen. Was letzteres betrifft, besteht ethisch wohl kein Unterschied zwischen der Tierzucht zum Zwecke der Fleischproduktion und der Tierzucht zu medizinischen Zwecken.

Grundsätzlich spricht ¿ abgesehen von der Frage möglicher Gesundheitsrisiken ¿ ethisch auch nichts gegen die Implantation tierischen Gewebes. Die psychologischen Probleme, welche der Empfang eines tierischen Organes aufwerfen könnte, sollten allerdings sehr ernst genommen werden.

Ein Einwand sind außerdem die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten. Wie teuer wäre später eine Xenotransplantation? Könnte sie jeder Mensch erhalten?

Alternative: Klonen?
Was sind die Alternativen? Die Organzüchtung aus körpereigenen Zellen wird wohl noch länger Zukunftsmusik als die Xenotransplantation bleiben. Allenfalls Blutzellen, Nervenzellen oder kleinere Zellgewebe werden sich vielleicht schon bald züchten lassen.
...
Eine weitere Alternative sind künstliche Organe. Eine einfacher Muskel wie das Herz lässt sich so vielleicht ersetzen, Leber oder Lunge aber kaum.
...
So bleibt als wirkliche Alternative zur Xenotransplantation eigentlich nur die Erhöhung der Spendenbereitschaft für menschliche Organe - und die Förderung einer vorbeugenden Medizin und der persönlichen Gesundheitsvorsorge. Denn viele lebensbedrohliche Organschäden sind die Folge einer ungesunden Lebensweise. Vorbeugende Medizin ist allemal besser als jede Reparaturmedizin, auch wenn wir auf diese nicht werden verzichten können.
->   Xenotransplantation ¿ The Official Journal
->   Ärzte Zeitung online - Beiträge zum Thema Xenotransplantation
->   Weitere Diskussionsbeiträge auf ON-Science
 
 
 
ORF ON Science :  Ulrich Körtner :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick