Host-Info
Reinhard Krepler
Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien - Universitätskliniken
 
ORF ON Science :  Reinhard Krepler :  Medizin und Gesundheit 
 
Entwicklungen in der Orthopädie  
  Anlässlich des 60. Geburtstags von Rainer Kotz, dem Vorstand der Universitätsklinik für Orthopädie am AKH Wien, fand unlängst die Klinikvorlesung "Orthopädie Gestern, Heute, Morgen" statt, die einen Überblick über die Entwicklung dieses Teilgebiets der Medizin gab.  
Aus der Vorlesung: Biologische Rekonstruktionen

Heute geht die Entwicklung deutlich in die Richtung der biologischen Rekonstruktionen. Die Knochenbank der Univ.Klinik für Orthopädie liefert Allografts (Transplantate) zum Ersatz von größeren Knochen- und Gelenkabschnitten. ¿Tissue ingeneering¿ bedeutet die Züchtung von Gewebe im Labor für die Implantation. Begonnen hat es mit der Knorpelzellsuspension für Knorpeldefekte im Knie.

In Zusammenarbeit mit der Harvard University und dem Genzyme Institut in Boston konnten 1996 die ersten Implantationen in Wien durchgeführt werden. Nach diesen erfolgreichen Behandlungen mit autologen Knorpelzellsuspensionen gibt es jetzt weitere Entwicklungen mit einer Knorpelzellmatrix, die in die Defekte eingebracht werden kann. Hier zeichnet sich durch die Verwendung von größeren und dickeren cell grafts nicht nur der Knorpelersatz bei kleinen Defekten bei jungen Patienten, sondern auch die Behandlung der Gonarthrose bei Älteren ab.
Retransplantationen

In der Orthopädie sind Retransplantationen bei großen Tumoren ebenfalls in den letzten 25 Jahren in großer Zahl ausgeführt worden. An der Schulter kann durch Entfernung eines großen Tumors die Deckung am Thorax unter Umständen durch den Arm vorgenommen werden und damit deren kompletter Gefäß-Nervenstrang erhalten werden.

Aber auch bei teilweiser Resektion (Durchtrennung) und Reanastomose (Zusammennähen) der Nerven und Gefäße kann sich eine anfängliche bestehende Radialisparese (Lähmung des Unterarms) wieder zurückbilden und dem Patienten eine gute Funktion geben. Auch im Ellbogenbereich kann bei Erhaltung der Hand dem Patienten bei kurzem Arm eine Restfunktion durch Verwendung von Trizeps und Bizeps für die Handfunktion und somit eine befriedigende Selbständigkeit im täglichen Leben gegeben werden.
Wachstumsprothesen

Parallel zu den biologischen Entwicklungen sind technische Entwicklungen gelungen, die Amputationen vermeiden lassen, sodass über moderne modulare Ersatzsysteme Knochen der oberen und unteren Extremität in beliebiger Größe und Länge ersetzbar geworden sind. Auch bei Kindern sind verstümmelnde Operationen seltener geworden und wir können durch die Verwendung von Wachstumsprothesen, die früher manuell in einzelnen Operationen ausgedreht wurden, bis zum Ende des Wachstums den Beinlängengleichstand und die gute Funktion für den Patienten erreichen.

Durch eine weitere neue Entwicklung mit einem implantierten Automaten kann durch die Bewegung im Knie ein Wachstum über ein Uhrmechanikerwerk im Kniegelenk erzielt werden. Statt einer weiteren Operation kann der Patient durch forcierte Beugung selbst oder mit Hilfe des Arztes eine langsame, kontinuierliche Verlängerung des Beines erzielen. In Extremfällen wurden ganze Knochenabschnitte ersetzt und nicht nur mit einem Wachstumsmechanismus, sondern auch mit einer Verankerung der Sehnen an der Metallprothese versorgt.
Tumorresektion

Zu den schwierigsten Operationen in der Orthopädie zählt heute die onkologisch radikale Tumorresektion an der Wirbelsäule, die bei einigen Patienten seit 1991 gemacht wurde. Die Schwierigkeit besteht nicht nur in der Schonung des Duralsackes, sondern auch in der Mitnahme des Voroperations-, bzw. Biopsietraktes.

Auch die Rekonstruktion ist langwierig und schwierig, sodass so ein Operationsteam von bis zu 10 Personen von acht Uhr in der Früh bis weit über Mitternacht im Operationssaal steht, um dem Patienten die einzige Überlebenschance, die er hat, zu wahren.
Zukunft der Orthopädie
Die Bedeutung des Faches Orthopädie wird steigen, einerseits durch die Zunahme des Alters der Menschen, die dann der orthopädischen Behandlung bedürfen und andererseits durch die Verbesserung der Möglichkeiten, Menschen mit Erkrankungen am Bewegungsapparat operativ zu helfen.

Denkbar ist eine Kombination der technischen Lösungen mit den biologischen, eine Kombination aus Endoprothetik und tissue ingeneering, Ersatz mit hochwertigen biokompatiblen Materialien, die an der Oberfläche mit Proteinen beschichtet und mit Knochen oder Knorpelzellen überzogen sind und so zum körpereigenen Gewebe werden.

Rückfragehinweis:
AKH-Univ.Klinik für Orthopädie
Univ.Prof.Dr. Rainer Kotz
rainer.kotz@akh-wien.ac.at

AKH-Informationszentrum
Karin Fehringer
post_akh_aiz@akh.magwien.gv.at
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Zur Person Rainer Kotz
Herr Prof. Dr. Rainer Kotz hat nach seiner Promotion 1967 zielstrebig seine Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie in Wien betrieben und diese 1974 abgeschlossen. Seine Habilitation (1979) zum Thema ¿die Wende der Prognose des Osteosarkoms¿ war bereits durch seine große Affinität zur Onkoorthopädie geprägt und hat zu einschneidenden Veränderungen in der Behandlung der Knochentumoren geführt und neue Perspektiven eröffnet. Nach einer kurzen Leitungsphase der orthopädischen Abteilung des Sanatoriums Hera wurde er 1984 zum Nachfolger seines Lehrers Prof. Chiari berufen und hat seither die Geschicke der Universitätsklinik für Orthopädie in Wien bestimmt. Die Folgejahre waren durch eine stürmische Entwicklung des Faches und den Umzug in das neue Allgemeine Krankenhaus geprägt. Er selbst hat umfangreiche Ehrungen und Anerkennungen des Faches erhalten und war als nationaler, deutscher und Weltpräsident der Orthopädie aktiv.
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