Host-Info
Peter Lechner
Universität für Bodenkultur, Institut für Abfallwirtschaft, Department für Wasser, Atmosphäre und Umwelt
 
ORF ON Science :  Peter Lechner :  Umwelt und Klima 
 
Langzeitverhalten abgelagerter Abfälle  
  Im Sinne eines vorsorgenden Umweltschutzes sollen nur mehr vorbehandelte, reaktionsarme Abfälle abgelagert werden. Im Labor lassen sich die in einer Deponie langfristig ablaufenden Prozesse nachbilden. Im Vergleich mit natürlichen Analoga, wie Moore oder Bergbauhalden, läßt sich das zukünftige Emissionsverhalten modellieren und vorhersagen.  
Abfallqualität ist gefragt
Das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz sieht im Sinne eines vorsorgenden Umweltschutzes vor, daß nur solche Stoffe als Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung kein Gefährdungspotential für nachfolgende Generationen darstellt (Vorsorgeprinzip).
Zehn Jahre nach Erlaß des wegweisenden Abfallwirtschaftsgesetzes ist die Ablagerung unbehandelter Abfälle immer noch die Realität. In einigen Bundesländern ist das sogar bis zum Jahr 2008 möglich. Dabei werden die Abfälle langfristig den komplexen Wechselwirkungen natürlicher Systeme überlassen, deren Mechanismen wir erst unzureichend kennen. Sickerwasser- und Gasemissionen aus solchen Reaktordeponien werden die Umwelt weiter belasten.
Deponietechnik alleine ist zuwenig
In der Vergangenheit führte das fehlende naturwissenschaftliche Verständnis über die Vorgänge in einer Deponie zum Festschreiben von aufwendigen technischen Lösungen (sh. Deponieverordnung!). Diese sind kurzfristig auch erfolgreich, z.B. die Abdichtung der Oberfläche einer Deponie, oder eine mehrlagige Basisdichtung aus unterschiedlichen Materialien. Sie sind allerdings kostspielig, und führen bei der Ablagerung unbehandelter Abfälle zur Problemverschiebung in die Zukunft. Hohe Folgekosten, wie aufwendige Sickerwasserreinigung, unkontrollierte Methanemissionen (Klimawandel!), bis hin zu Sanierungsmaßnahmen (Ausräumen von Deponien!) entstehen.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik führte zum Verstehen der Vorgänge in einer Deponie und ermöglicht nun Maßnahmen im Vorfeld.
->   Info zur Deponieverordnung
Nur Abfallvorbehandlung gibt langfristig Sicherheit
Auch bei Ausschöpfen aller Vermeidungs- und Verwertungsoptionen werden zukünftig nicht unbeträchtliche Abfallmengen zur Ablagerung verbleiben. Diese sind im Sinne eines vorsorgenden Umweltschutzes so zu behandeln, daß bei ihrer Ablagerung die möglichen Emissionen keine ¿Problemverschiebung¿ in die Zukunft mehr darstellen. Das ist nur dann der Fall wenn Qualität und Emissionsverhalten dieser Reststoffe jener von natürlichen Stoffen und Prozessen angepaßt werden. Nur so wird das Gefährdungspotential der abgelagerten Reststoffe drastisch verringert und deren Emissionsverhalten prognostizierbar.
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Abfallvorbehandlung
Für die Vorbehandlung von Abfällen vor deren Ablagerung sind zwei grundsätzlich verschiedene Methoden verfügbar: Zum einen die Mechanisch-Biologische Abfallbehandlung (MBA), zum anderen die Verbrennung von Abfällen (MV) mit einer Nachbehandlung der Schlacken und Aschen.
Bei der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlung wird die organische Substanz zum Teil abgebaut, zum Teil zu humusähnlichen Verbindungen umgewandelt. Bei der nachfolgenden Ablagerung kommt es zu keinen Deponiegasemissionen mehr. Auch die Sickerwasseremissionen sind abwassertechnisch unproblematisch. Wie sich die humusähnliche organische Substanz langfristig verhalten wird ist Gegenstand unserer Untersuchungen.
Bei der Verbrennung wird die organische Substanz vollständig oxidiert. Die im Abfall enthaltenen Schwermetalle werden in der Schlacke und Flugasche aufkonzentriert. Um ein Freisetzen der Schwermetalle zu unterbinden sind Verbrennungsrückstände vor ihrer Ablagerung künstlich zu altern. Das langfristige Emissionsverhalten solcher künstlich gealterter Schlacken ist ebenfalls Gegenstand unserer Untersuchungen.
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Vergleich mit natürlichen Analoga ermöglicht Blick in die Zukunft
An der Abteilung Abfallwirtschaft der BOKU - Wien erforschen wir die auf die abgelagerten Abfälle einwirkenden stabilisierenden und mobilisierenden Mechanismen. Wir gehen der Frage nach, welche Gleichgewichte sich langfristig einstellen werden. Ermöglicht wird das durch einen Vergleich mit den Analoga in der Natur (Moore, anthropogene Böden, alte Ablagerungen, Bergbauhalden, Erzlagerstätten).

Wir entwickeln Untersuchungsmethoden, welche die natürlichen Vorgänge im Labor nachbilden (z.B. künstliche Alterung, Verwitterung) und wenden Analysenmethoden an, welche die Proben in ihrer Gesamtheit erfassen. Schlußendlich bilden wir die zukünftigen Szenarien experimentell und theoretisch im Modell nach.

In der Behandlung von abfallwirtschaftlichen Fragestellungen ist so wie in allen Umweltwissenschaften eine multidisziplinar-vernetzte Denkweise notwendig. Ein Gleichschritt zwischen naturwissenschaftlichem Verständnis und technischer Entwicklung spart hohe Folgekosten, erfordert allerdings von Wissenschaft und Praxis ein gemeinsames Denken und Handeln.
->   Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage http://www.boku.ac.at/abf/
 
 
 
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