Werner Lenz
Leiter der Abteilung Weiterbildung am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz
 
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Studieren in Japan  
  Japans Universitäten suchen sich ihre Studierenden selbst aus. Was in Österreich Hochschullehrer wünschen, wurde dort bereits verwirklicht. Auch Studiengebühren sind selbstverständlich. Das Studium ist ein Fulltime-Job.  
Schneefall zu erwarten!
"Wir empfehlen früher aufzubrechen, um die Prüfung nicht zu versäumen." So schloß ein Wetterbericht Ende Jänner im japanischen Fernsehen. Die Botschaft richtete sich an knapp 600.000 junge Japanerinnen und Japaner, die am Ende ihrer Schulzeit standen. Gemeint war die Eingangsprüfung in die Universität, die landesweit durchgeführt wurde.
Wie eine Maturaprüfung
Der Charakter des Examens entspricht der Matura. Wissen und Kenntnisse verschiedener Schulfächer werden abgefragt und zentral ausgewertet. Je nach erreichter Punktezahl entscheiden die künftigen Studierenden dann, bei welcher Universität sie die fachspezifische Aufnahmsprüfung Anfang März wagen. Genau! Die Universität wählt sich ihre Studierenden in einem schriftlichen und mündlichen Verfahren aus.
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Heirat muß warten
Das Studium erfolgt in etwa 600 postsekundären Einrichtungen - nicht alle sind Vollzeituniversitäten. 99 Universitäten sind staatlich, der Rest privat organisiert. Auf unseren Lebensstandard umgerechnet beträgt die monatliche Studiengebühr zwei- bis dreitausend Schilling in staatlichen Universitäten, in privaten doppelt so viel. Mit abnehmender Zahl der Jugendlichen beginnen sich vor allem kleine Privatuniversitäten zu sorgen, wie sie das wirtschaftlich verkraften können.
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Studiengebühren
Studieren kommt teuer, nicht nur wegen der Studiengebühr auch wegen des eigenständigen Lebens außerhalb des Elternhauses.

"Meine Tochter studiert in Tokio, mein Sohn in Nagoya", erzählt mir ein Kollege. "Es gehört zu meiner Überzeugung, daß sie während des Studiums nicht mehr bei den Eltern wohnen sollen!"
Studieren ist eine Vollzeitbeschäftigung. Die Eltern finanzieren und investieren. Alle Studierenden jobben in irgendeiner Weise: im Service von Lokalen, als NachhilfelehrerInnen, im Supermarkt ...
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Die hohen Kosten und die zeitige Beanspruchung bringen mit sich: studiert wird unmittelbar nach der Schule. Dies fällt bei einem Gang über den Campus auf. Durchwegs junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren. Heirat und Nachwuchs, eigene Familie, gehören in die Zeit nach der Beendigung des Studiums. Das ist klar getrennt.
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Studieren verbindet
Die Universitäten wurden, so wie das gesamte Bildungswesen nach dem Zweiten Weltkrieg, unter Einfluß der Besatzungsmacht USA nach amerikanischem Muster organisiert. Auf ein dreijähriges breites Grundstudium, das mit einem Bachelor abschließt, folgt ein zweijähriges Masterstudium.

Wer sich ambitioniert fühlt, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, absolviert danach ein zweijähriges Dokto-ratsstudium. Das Studium ist so organisiert, daß jeweils ein Jahrgang zusammenbleibt und der Abschluß einheitlich erfolgt. In dieser Zeit entstehen wichtige Bindungen für den Zusammenhalt im späteren Berufsleben.
Strukturreformen
An den Universitäten setzen strukturelle Reformen gerade ein. Sie zielen auf Autonomie, ökonomische Ausrichtung, höhere Professionalität in der Ausbildung, intensivierte Berufsbezogenheit, mehr Wettbewerb und Internationalisierung ... Diese Zielsetzungen sind uns bekannt, genauso wie die Schwierigkeiten sie zu erreichen.
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Werner Lenz, hielt sich von Mai 2000 bis März 2001 an der Universität Hiroshima als Gastprofessor auf.
->   Homepage von Werner Lenz
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