Werner Lenz
Leiter der Abteilung Weiterbildung am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz
 
ORF ON Science :  Werner Lenz :  Wissen und Bildung 
 
Studieren - nicht nur mitschreiben!  
  Wozu studieren? Für bessere berufliche Qualifikationen, für höhere gesellschaftliche Verantwortung, für mehr Selbstbewusstsein? Die Universität braucht lehrende Forscher, die Zusammenhänge zwischen Wissenschaft, Beruf und Bildung vermitteln. Die universitären Lehraufgaben haben sich verändert - eine weitere Herausforderung an die Uni-Reform.  
Modernisierte Lehre
Das Studienjahr ist in Schwung gekommen. Dozenten tragen vor, Studenten schreiben mit. Overheadfolien, Skripten, Lehrbücher, Powerpoint und Internet werden eingesetzt. Lehren und Lernen hat sich schnell modernisiert.

Viele Hochschullehrer, meint der US-amerikanische Medienexperte Seymour Papert, verwenden allerdings die Lerntechnologien ohne ihren traditionellen Lehrstil zu ändern. Die Chancen der neuen Medien werden noch zu wenig genutzt. Langsam, langsam! Die ersten Versuche mit e-learning laufen schon. Lassen wir uns doch die nötige Zeit, um zu prüfen, bevor wir Bewährtes aufgeben.
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Abrechnung mit Lehrenden
Die organisierte Rückmeldung der Studierenden, die Evaluation der Lehre, wird wirksam. Zeugnisse für die Lehrenden? So ist eine Bewertung am Ende einer Veranstaltung - die summative Evaluation - wohl als Rechnung, schlimmstenfalls als Abrechnung zu verstehen.

Eine oder mehrere organisierte Rückmeldungen im Laufe einer Lehrveranstaltung - die formative Evaluation - geben dem Lehrenden noch Chancen in der Veranstaltung zu reagieren. Interessant ist diese Form, wenn ein Gespräch entsteht, in dem Absicht und Wirkung der Lehre erörtert werden können.
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Bezug zur Praxis
Die Lehraufgabe der Universität hat sich verändert. Idealtyp der Humboldtschen Universität war der Professor, der seine Forschungen und seine Theorien darstellte. Dahinter stand das Ziel wissenschaftlichen Nachwuchs heranzubilden. Ein Aufgabe, die heute am ehesten dem Dissertantenseminar und Privatissimum zukommt.

Durch die Akademisierung von Berufen erhielt die universitäre Lehre neue Aufgaben. Sie beruht zwar auf Forschung, ist aber meist gezielt auf Qualifikationen für eine Tätigkeit außerhalb der Universität und der Wissenschaft gerichtet. Diese Lehre kann deshalb kein Abbild der Forschung sein, sondern braucht eine eigene didaktische Konzeption und Struktur. Diese Lehre verlangt einen spezifischen Aufbau, der die Voraussetzungen und Motive, den Lernbedarf und den Praxisbezug der Studierenden viel stärker berücksichtigt.
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Kritisches Verhalten
Wissenschaftliche Lehre halte ich dann für gelungen, wenn sie die Studierenden zu forschender Haltung anregt. Studieren heißt nicht bloß Vorgesetztes zu lernen, aufzunehmen und wiederzugeben. Studieren ist mehr. Es bedeutet Wissen zu beurteilen, einzuordnen, in Beziehung zu setzen. Studieren verlangt Wissen in Frage zu stellen, den Zweifel zu kultivieren, Argumente abzuwägen, das Für-Wahr-Halten zu prüfen.
Bildung durch Wissenschaft zielt auf den Erwerb von Erkenntnissen und von Verhalten. Studierende sollen sich Wissen erarbeiten und eine Haltung aufbauen, die kritisch, das heißt beurteilend, mit Informationen und Aussagen umgeht.
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Wegweisende Vorbilder
Die Universität kann keine "universitas" (lateinisch: Gesamtheit) bieten. Wir wiederum können nicht alles erfassen. Unsere Bildung besteht im Umgang mit Fragmenten und Teilen. Im Wissen um diese Begrenzungen ergibt sich für Lehrende und insbesondere für Hochschullehrer: Wir sind Wegbereiter für Studierende, die sich ihren Weg, wie sie sich und ihr Verhalten bilden, selbst erschließen.

Wir sollen sie nicht gängeln oder bevormunden, nicht mit gewichtigen Büchern, Skripten, Zahlen und Fakten erdrücken, nicht im Dickicht des Wissens ersticken lassen. Wir agieren als Vorbilder, indem wir offen legen, wie wir als Lehrende und Forscher Wissen schaffen. Wir sind Wegweiser, von denen aus die Studierenden eigenständig ihren Bildungsweg gehen.
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Portal Weiterbildung
Neue Lehr- und Lernformen sind zu erproben. Die Kooperation zwischen Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft bietet sich an. Am Mittwoch, 7. 11. 2001, Beginn 16.00 Uhr, wird im Wallgebäude, Merangasse 70, 8010 Graz, der Zugang zu einem elektronischen "Portal Weiterbildung" eröffnet. Bei der von der Abteilung Weiterbildung veranstalteten Tagung, wird auf die Verbindung von Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft eingegangen.
->   Portal Weiterbildung
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Gute Lehre
"Wenn alles schläft und einer spricht, so nennt man dieses Unterricht." Doch die Schule hat sich längst von diesem Spottbild entfernt. Universitätslehrer tun sich schwerer. Ihre Aufgabe ist ja, wie vorhin ausgeführt, eine zweifache: Forschung und Lehre. Abgesehen davon, dass sie hierzulande seit Jahren mit Einsparungen und Reformen gequält werden, erhalten sie kaum Unterstützung für ihre Lehraufgaben. Doch die ersten Evaluationsergebnisse (an der Universität Graz) sind ermutigend. Die Zufriedenheit der Studierenden mit der Lehre ist hoch - sie nimmt im Studienverlauf sogar zu.
Studium gibt Mut
Die Wissenschaftler und ihre lernbereiten Studierenden sind es wert, in die Universitäten zu investieren, Lehre und Forschung zu fördern. Vor allem ist eine neue Sichtweise wichtig.

Ein Studium ist kein Mittel, um brauchbare Menschen zu erzeugen. Ein Studium unterstützt Menschen sich selbstbestimmt zu bilden. Es soll ihnen Kraft geben, ihren Bildungsweg, ihre Berufsfähigkeit, ihre Lebensform zu entwickeln. Es soll sie ermutigen, das aktuelle Weltgeschehen - regional und global - zu verstehen, zu kommentieren und mitzugestalten.
Aufbruch
Bildung braucht leichtes Gepäck. Wer lehrt, meine ich, sollte die Lernenden auf ihren selbstorganisierten Aufbruch vorbereiten. Wissenschaftliches Lehren kann beitragen die Fesseln der Vorurteile zu lösen und Kraft für eigenständiges Urteilen zu erwerben.

Es soll helfen zu argumentieren, Konflikte anzusprechen, Widersprüche zu erkennen, Kritik zu äußern und anzunehmen. Studieren heißt den sicheren Hafen zu verlassen und selbstvertrauend ins Unbekannte aufzubrechen. Studieren versetzt in Unruhe. Wenn diese zu heftig ist, erstarren wir in Angst oder reagieren panisch. Mild dosiert regt sie an - wir setzen Segel und brechen auf zu neuen Bildungsufern.
->   Abteilung Weiterbildung
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Präsentation der Internet-Plattform
"Portal für Weiterbildung"

PROGRAMM
Mittwoch, 7. November 2001
16.00 bis 18.00 Uhr
8010 Graz, Universitätszentrum Wall, Merangasse 70, Mehrzwecksaal, Parterre links

Eröffnung
- "Neues Studium - Alte Bildung"
Univ.Prof. Dr. Werner Lenz, Abteilung Weiterbildung

- "Theater - Bildung oder Unterhaltung ?"
Karen Stone, Intendantin Theater Graz

- "Weiterbildung in der Wirtschaft"
Dipl.Päd. Stephan M. Baron, Director Human Resources AVL-List

- Präsentation "Portal Weiterbildung"
mit WEB-Site Beispielen

Diskussion
Buffet
Sponsoring der Firma bit media, e-learning solution

Moderation: Claudia Reiterer, ORF Wien, betrifft-Redaktion
->   Portal für Weiterbildung
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