Werner Lenz
Leiter der Abteilung Weiterbildung am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz
 
ORF ON Science :  Werner Lenz :  Wissen und Bildung 
 
Bildung für morgen
Internationale Bildungsforschung 2002 - 2006
 
  Bildung hat sich als wichtiges gesellschaftspolitisches Thema positioniert. Internationale Bildungsforschung will helfen, politische Entscheidungen bezüglich Universitätsreform, Schulqualität oder Weiterbildung zu beurteilen. Derartige Politikberatung unternimmt die OECD. Eine koordinierte österreichische Bildungsforschung ist noch nicht erkennbar.  
Erfreuliche Ergebnisse
Das Thema Bildung findet sich wieder in den Schlagzeilen. Reform der Universität, Qualität der Schulen, Kosten des Bildungswesens werden erörtert. Immer öfter werden internationale Ergebnisse der Bildungsforschung zum Vergleich herangezogen. Für Schülerleistungen sind es zum Beispiel die Daten der PISA-Studie, die zuletzt für Österreich freundliche Ergebnisse brachten.
Bildungsdaten
Im Rahmen der OECD ist das CERI (Centre for Educational Research and Innovation) für Bildungsforschung zuständig. Delegierte mit Bildungsexpertise aus den 30 Mitgliedsstaaten steuern die länderübergreifenden Forschungsprojekte. Die Publikation "Education at a Glance", liefert jährlich einen vergleichenden Überblick über die wichtigsten internationalen Bildungsdaten.
...
Bildungsforschung 2002
Im letzten Jahr wurde auf einer Konferenz der Bildungsminister das Forschungsmandat des CERI für weitere fünf Jahre verlängert. Die Forschungsschwerpunkte, deren Aktivitäten ab 2002 in Gang kommen, konzentrieren sich auf: Internationale Bildungsindikatoren und Bildungsstatistik; Schule für morgen; Wissensmanagement; Internationalisierung postsekundärer Bildung; Innovationen des Bildungssystems; Strategien sozialer Integration; Gehirnforschung und Lernen.
->   CERI
...
Gehirnforschung und Lernen
Mit "Learning Sciences and Brain Research" wurde ein völlig neues Forschungsfeld eröffnet. Dem Zusammenhang von Gehirnentwicklung mit Literarität, mathematischem Denken und Lernen in der Lebensspanne gilt die besondere Aufmerksamkeit dieser interdisziplinären Forschung. Praxis- und politikrelevante Ergebnisse sollen publiziert und eine interaktive Website eingerichtet werden. Dieser Forschungszweig will anstehende Probleme der
lebensbegleitenden Bildung aus neuer Sicht bearbeiten.
Bildungspolitik
Lebenslanges Lernen zu ermöglichen, ist inzwischen in den meisten OECD-Mitgliedsstaaten zu einer anerkannten bildungspolitischen Intention geworden. Bildungsforschung beginnt sich dieser Zielsetzung anzunehmen. Die OECD formuliert ihr Ziel ökonomisch mit "Investing in Competencies for All". Es liegt an den Wissenschaftlern, Forschungsfragen so zu stellen und Ergebnisse so zu interpretieren, dass die sozialen Konsequenzen im Blickfeld bleiben. Der Bildungspolitik kommt die Aufgabe zu, den "humanen Faktor" nicht zu vernachlässigen.
...
Systemsteuerung
Auf Grund der europäischen Integration und der ökonomischen Globalisierung befinden wir uns bereits in einer fundamentalen Umwälzung des gesamten Bildungssystems. Dessen Steuerung beruht in Österreich allerdings allzu oft auf tagespolitischem Kalkül. Eine koordinierte Bildungsforschung, die wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse mit politikberatendem Charakter liefert, existiert kaum. Ihr Aufbau - sowie die gezielte Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs - ist dringend notwendig, soll mit der internationalen
Entwicklung Schritt gehalten werden.
...
Keine Nivellierung
Internationale Vergleichsdaten verführen die nationale Bildungspolitik leicht dazu, gemäß den Durchschnittswerten - etwa bei Studentenzahlen "nach unten", bei Studiengebühren "nach oben" zu korrigieren. Dazu besteht kein Anlass! Ziel ist nicht die statistische Nivellierung. Die Daten geben Orientierung, sind aber keine Vorgabe. Auch die im internationalen Vergleich positiven Leistungen österreichischer Schülerinnen und Schüler will niemand auf Durchschnittswerte reduzieren. Wer für die Universitäten "Weltklasse" propagiert und zu "den Besten" gehören will, darf bei Bildungsausgaben nicht sparen oder elitär denken.
 
 
 
ORF ON Science :  Werner Lenz :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick