Host-Info
Rainer Münz
Bevölkerungswissenschaftler, Senior Fellow am Hamburgischen Weltwirtschafts-Archiv
 
ORF ON Science :  Rainer Münz :  Gesellschaft 
 
Weltweit mehr Bevölkerungswachstum als erwartet  
  In 50 Jahren werden der aktuellsten UN-Bevölkerungsstatistik zufolge rund 9,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Bis 2050 wächst die Bevölkerung damit um über 50 Prozent an, mehr als noch vor wenigen Jahren erwartet.  
Derzeit leben auf unserem Planeten 6,1 Milliarden Menschen. In den kommenden 50 Jahren wird die Zahl der Erdenbürger voraussichtlich auf 9,3 Milliarden wachsen. Für die Menschheit bedeutet dies einen weiteren Zuwachs von über 50 Prozent in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts.

Dieses Wachstum erklärt sich aus dem Ungleichgewicht zwischen Geburten und Sterbefällen. Letztes Jahr kamen 136 Millionen Kinder zur Welt; nur 54 Millionen Menschen starben. Damit ergab sich ein Zuwachs von 82 Millionen Menschen innerhalb von 12 Monaten. Das ist ein Zuwachs von 225.000 Personen pro Tag.
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Grundlage unserer Vorhersage ist die mittlere Variante der aktuellsten UN-Bevölkerungsprognose. Noch vor zwei Jahren hatten die Statistiker der UN in der mittleren Variante für das Jahr 2050 bloß mit 8,9 Milliarden Menschen gerechnet. Nun erwarte sie um 430 Millionen Menschen mehr.
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Mehr Menschen in Asien und Afrika ...
Absolut am größten ist der Zuwachs bis 2050 in Asien. Die mittlere Variante der UN-Prognose rechnet in Asien mit einem Anstieg von derzeit 3,67 auf 5,43 Mrd. (Zuwachs 2000-2050: + 1,76 Mrd.). Fast so groß ist der erwartete Zuwachs in Afrika: nämlich von 794 Mio. auf knapp 2,0 Mrd. (Zuwachs 2000-2050: + 1,21 Mrd.). In Lateinamerika und der Karibik soll die Einwohnerzahl von 519 Mio. auf 806 Mio. wachsen (Zuwachs 2000-2050: + 287 Mio.)
... weniger in Europa
Von den heute hoch industrialisierten Staaten werden nur die USA und Kanada in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts deutliche Zuwächse haben. Beide Staaten hatten im Jahr 2000 ca. 314 Mio. Einwohner, für 2050 erwarten die UN-Statistiken 438 Mio. (Zuwachs: + 116 Mio.). Im Gegensatz dazu wird die Bevölkerung in Europa schrumpfen (einschließlich der Nachfolgestaaten der UdSSR: 2000-2050: von 727 auf 603 Mio., d.h. Abnahme: - 124 Mio.)
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Ursache für den Rückgang
Ursache des schon jetzt absehbaren deutlichen Bevölkerungsrückgangs in Europa sind die niedrigen Kinderzahlen pro Familie. Dies führt zu entsprechend geringen Geburtenzahlen und in vielen Ländern auch zu Geburtendefiziten.
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Demographische Gewichtung der Kontinente wird sich weiter verschieben
Die unterschiedliche Wachstumsdynamik führt dazu, dass sich die demographischen Gewichte der einzelnen Kontinente verschieben werden.

 


Verteilung der Weltbevölkerung nach Kontinenten, 1950 - 2050
Das bedeutet: In Afrika wird sich die Bevölkerung bis 2050 mehr als verdoppeln (+150%), in Asien und Lateinamerika immerhin noch um ca. 50% wachsen. Mehr als die Hälfte der Menschheit wird dann in Asien leben (58%).

Deutlicher wachsen wird der Anteil der Afrikanerinnen und Afrikaner (von heute 13% auf 21%). Im Gegensatz dazu wird sich der Anteil Europas und der Nachfolgestaaten der UdSSR an der Weltbevölkerung halbieren (von heute 12% auf 6%).
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Ende des Wachstums der Weltbevölkerung nicht abzusehen
Wird die mittlere Variante der UN-Prognose Realität, dann rückt auch das mögliche Ende das Wachstums der Weltbevölkerung in etwas weitere Ferne. Heute sieht es so aus, als könnte ein globales demographisches Null-Wachstum im 21. Jahrhundert nicht mehr erreicht werden.
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Zwei Gründe für neue Prognose
Die Revision der Prognose nach oben hat zwei Gründe: Zum ersten wurde die tatsächliche Familiengröße in einigen bevölkerungsreichen Entwicklungsländern von Statistikern und Experten bisher offenbar unterschätzt. Dies gilt insbesondere für Bangladesch, Indien und Nigeria.

Das heißt aber, dass der Rückgang während der 1990er Jahre nicht so groß war, wie ursprünglich angenommen. Daraus erklärt sich ein zweiter Grund für die Unterschätzung der demographischen Dynamik: Auch der zukünftige Rückgang der Kinderzahlen pro Familie dürfte aus heutiger Sicht etwas weniger stark ausfallen, als bisher angenommen.
Zahl der Menschen über 60 nimmt zu
Die UN-Prognose macht noch einmal klar, dass es in diesem Jahrhundert trotz weiter wachsender Weltbevölkerung zu einer massiven Alterung kommen wird. Vorreiter sind die Industriestaaten. Hier macht die Gruppe der über 60-Jährigen heute schon ein Fünftel der Bevölkerung aus.

Im Jahr 2050 wird jeder bzw. jede Dritte zu dieser Altersgruppe gehören. Weltweit wird sich die Zahl der Menschen über 60 bis 2050 mehr als verdreifachen. Die Zahl der Menschen über 80 wird 2050 sogar mehr als fünfmal so groß sein wie heute.
 
 
 
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