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Kampf der Killeralge  
  Eine eingeschleppte tropische Alge ist zur Gefahr für die instabile Ökologie des Mittelmeeres geworden. Mittels einer Meeresschnecke soll jetzt der Alge der Garaus gemacht werden.  
Erste Versuche des Meeresbiologen Alexandre Meinesz sind vielversprechend. Allerdings ist die Schnecke nicht winterhart, verträgt die tiefen Meerestemperaturen von Oktober bis Februar nicht.

Die Meeresbiologen suchen nun ihr Heil in der Genmanipulation. Alle anderen entwickelten Abwehrmaßnahmen haben sich in der praktischen Erprobung als wenig sinnvoll erweisen. Versucht worden war, die Algen großflächig abzusaugen, sie mit Wechselbädern nachhaltig zu schädigen oder sie vom Sonnenlicht abzuschirmen. Diese Verfahren funktionieren nur in begrenzten Gebieten, wie etwa im französischen Unterwasser ¿ Nationalpark Port Cross.
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Eingeschleppt von Meeresbiologen
Es waren Meeresbiologen des berühmten Aquariums von Monte Carlo, die verantwortlich für die "grüne" Pest waren. 1984 sind einige wenige Exemplare der Alge mit dem Abwasser des Aquariums ins freie Meer gelangt sind. Die Wissenschafter haben die Gefahr unterschätzt. Niemand glaubte daran, dass sich die aus tropischen Gewässern stammende Alge im vergleichsweise kalten Wasser des Mittelmeeres vermehren würde.
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Winterfest in kurzer Zeit
Tatsächlich hat sich die Alge in Rekordzeit auf die neuen, härteren Umweltbedingungen eingestellt und überwuchert nun schon an die 10.000 Hektar der Küstengewässer vor Frankreich und Italien. Erste Kolonien wurden in diesem Sommer in der Kroatischen Adria entdeckt.

Das größte Problem besteht derzeit darin, dass die Meeresalge Caulerpa Taxifolia die angestammte Meeresfauna verdrängt. Damit wird die Nahrungskette empfindlich gestört und das Meer verödet.
Grüne Wüste Cote d'Azur
Am schlimmsten Betroffen von der Invasion der Mutanten ist die Cote d'Azur. Besonders im östlichen Teil sind die flachen Küstengewässer zur grünen Wüste geworden. Der Meeresboden ist über Tausende Hektar von dichten Teppichen der Caulerpa Taxifolia bedeckt.

Das angestammte Mittelmeer Seegras wurde verdrängt. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Wasserqualität. Seegras hat eine ähnliche Funktion wie Korallen in tropischen Meeren: es filtert das Wasser und absorbiert Schadstoffe. Die von der Caulerpa Taxifolia eroberten Zonen haben eine weit schlechtere Wasserqualität.

Ähnlich betroffen sind die italienische Riviera und die spanische Costa Brava. Erste Meldungen von Cualerpa Taxifolia-Kolonien kommen aus Tunesien und zuletzt auch aus der Adria. Für die Adria könnte die Ausbreitung der tropischen Algen zur ökologischen Katastrophe werden.
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Eine Alge auf Kreuzfahrt
Zur Verbreitung der Killeralge hat vor allem der Yachttourismus im Mittelmeer beigetragen. Über die Anker und Ankerketten der Yachten werden die Algen in die bisher noch weitgehend unberührten Küstengebiete eingeschleppt. Als weitere Übertragungswege wurden Fischernetze erkannt. Auf der ständigen Suche nach ergiebigen Fischgründen haben die Fangflotten ihren Aktionsradius bis in die letzten Meeresbuchten ausgedehnt. Auf diesem Weg erreichen die Algen sämtliche Häfen des Mittelmeeres.
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Aus für die Küstenfischerei
Der Angriff der Killeralge zeigt erste wirtschaftliche Auswirkungen. Mit dem Seegras sind die angestammten Weichtiere verschwunden, die Nahrungskette ist empfindlich gestört. Zum anderen fehlen den Fischen die Laichgründe, sie wandern ab oder sterben aus. Das bedeutet das Ende für die Küstenfischerei.

An der Cote d'Azur ist es stellenweise bereits so weit. Die Fischer sind entweder arbeitslos, oder müssen sich neue Fanggründe suchen. Daraus resultiert die Überfischung der letzten attraktiven Fischgründe und eine weitere Verbreitung der gefährlichen Algen.

Des weiteren steht Caulerpa Taxifolia dem Unterwassertourismus entgegen. Die grüne Wüste ist kein interessantes Revier für Sporttaucher. Eine monotone Unterwasserlandschaft interessiert niemanden.
Gemeinsam gegen die Killeralge
Die Mittelmeerstaaten und die EU haben ein Forschungsprojekt gestartet an dem alle wichtigen meeresbiologischen Stationen und Universitäten der Region beteiligt sind. Die Entdeckung der algenfressende Meeresschnecke ist das erste Ergebnis der gemeinsamen Anstrengung. Wenn es auch noch nicht gelungen ist, eine winterharte Form der Schnecke zu züchten, ist das nur eine Frage der Zeit.

Projektleiter A. Meinesz, Meeresbiologe der Universtität Niceenken gibt allerdings zu bedenken, "dass mit der Einbürgerung eines weiteren Exoten neue Probleme entstehen könnten. Sollte die winterharte Mutation der Schnecke zur Verfügung stehen, dann müsste eine unabhängige Kommission von Experten erst die Entscheidung über den Einsatz der Schnecke treffen", fordert Professor Meinesz.
Gesetze gegen den Wildwuchs
Welche Bedeutung die Mittelmeer¿Staaten der Caulerpa ¿ Taxifolia zumessen, und wie ernst die Situtaion ist, zeigt sich daran, dass Frankreich und Spanien dem Feldzug gegen die Alge per Gesetz geregelt haben. Auf dem Papier allein wird man allerdings die grüne Pest nicht eindämmen können.

Gerhard Roth, Modern Times-Redaktion
->   Mehr zur Killeralge von Alexandre Meinesz
 
 
 
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01.01.2010