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Reicher Mann sucht schöne Frau  
  Kontaktanzeigen aus Zeitungen der letzten 100 Jahre hat ein Verhaltensbiologe der Universität Münster miteinander verglichen. Das zeitlose Ergebnis: Reicher Mann sucht schöne Frau.  
20.000 Anzeigen und ein Jahr
Rund 20.000 Anzeigen aus fünf Zeitungen in verschiedenen Zeiträumen wurden von Gerd-Heinrich Neumann, Professor für Verhaltensbiologie an der Uni Münster, und den Studentinnen Pia Lehmann und Almut Bendig ausgewertet.

Ein Jahr lang stöberte das Team in Archiven um heraus zu finden, welche Eigenschaften Liebeshungrige damals und heute anpriesen und was der oder die Richtige mitbringen sollte.
Frauen vertrauen auf Attraktivität
Frauen, so stellte Neumann fest, werben in Kontaktanzeigen heute wie vor hundert Jahren mit ihrer Attraktivität. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts priesen in zwei Zeitungen rund 33 Prozent der annoncierenden Frauen ihre Schönheit an, am Ende des Jahrhunderts waren es sogar 53 Prozent. Nur wenige Frauen lobten dagegen ihre intellektuellen Fähigkeiten.

''Seit 100 Jahren hält ein Großteil der Frauen die eigene Attraktivität für ein großes Kapital'', schlussfolgert der Wissenschaftler und ist von diesem Ergebnis keineswegs überrascht. Schönheit signalisiere dem anderen Geschlecht seit jeher unbewusst Fortpflanzungsfähigkeit und Fruchtbarkeit.
Männer setzen auf Statussymbole
Wenn Männer dagegen in der Zeitung nach der Frau fürs Leben suchen, setzt ein großer Teil nach wie vor auf Statussymbole und verspricht finanzielle Sicherheit. ''Ich war überrascht, dass trotz der Unabhängigkeit von Frauen heutzutage noch so viele Männer mit Erfolg und Geld locken'', sagt Neumann.

Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts warben über 80 Prozent der inserierenden Männer mit einer gesicherten Existenz.
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So hieß es in den dreißiger Jahren in einer Anzeige im Münsterland: ''Als katholischer, solider Kaufmann suche ich die Bekanntschaft einer jungen, hübschen Dame, die lebensfroh, modern, fleißig und sparsam ist, zwecks baldiger Heirat.''
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Männer locken immer noch mit Geld
Im Jahr 2000 versuchten trotz weit verbreiteter finanzieller Unabhängigkeit der Frauen noch immer rund vierzig Prozent der Männer, mit ihrem Erfolg zu locken. Sie prahlten vom ''Golfspiel in den USA'' und stellten ihren Job in den Vordergrund. Ein Überbleibsel aus Zeiten, als der Mann der Frau bei der ''Brutpflege'' den Rücken frei hielt, meint Neumann.
Neuer Trend: Geborgenheit
Überrascht waren die Anzeigen-Forscher vom neuzeitlichen Wunsch der Singles nach Geborgenheit. Vor hundert Jahren sei dieser Wunsch in fast keiner Anzeige aufgetaucht, heute forderten in allen fünf Zeitungen 29 Prozent der Frauen und sogar über 50 Prozent der Männer solche Nestwärme.
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''Geborgenheit beim Partner soll die gesellschaftliche Anonymität und den Verlust religiöser Verbundenheit ausgleichen'', glaubt der Verhaltensbiologe Neumann.
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Geborgenheit halten Bendig und Lehmann deshalb für den Geheimtipp schlechthin. Vielleicht muss es dann gar nicht unbedingt die laut Anzeige ''atemberaubende, hinreißende charmante, Multimillionärin'' sein, ''eine Frau, die ganz Frau ist'' oder "Mannequin und vom Typ fast wie ein Mädchen''.

(dpa/red)
 
 
 
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01.01.2010