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Weltgesundheitstag fördert psychische Gesundheit  
  Immer mehr Menschen leiden unter seelischen Krankheiten. In Österreich selbst ist jeder Sechste von psychischen Störungen betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation reagiert nun auf diesen Trend und widmet den Weltgesundheitstag 2001 der seelischen
Gesundheit.
 
Der Weltgesundheitstag 2001 hat zum Ziel, für das Thema "Psychische Gesundheit" weltweit einzutreten, und zwar unter dem Generalmotto "Mental Health -Stop Exclusion - Dare to Care" (Psychische Gesundheit - Ausgrenzung
stoppen - Mut zur Hilfe).

Kein Land und kein Mensch ist immun gegen seelische Erkrankungen, ihr Einfluss auf psychologische, soziale und wirtschaftliche Gegebenheiten belegt.
Psychische Krankheiten werden oft falsch diagnostiziert
Etwa 400 Millionen Menschen leiden weltweit an psychiatrischen oder neurologischen Krankheiten oder an den psychosozialen Folgen des Missbrauchs von Alkohol oder Drogen. Von vier Menschen, die sich hilfesuchend an ihren Gesundheitsdienst wenden, ist mindestens einer von diesen Krankheiten betroffen, die oft nicht richtig diagnostiziert und entsprechend auch nicht fachgerecht behandelt werden.
Stigmatisierung psychisch Kranker
Es gibt Behandlungsmöglichkeiten für viele dieser Krankheiten, die es den betroffenen Personen erlauben, am gesellschaftlichen Leben unbehindert teilzunehmen. Andererseits gibt es noch immer gesellschaftliche Barrieren sowohl für die Behandlung als auch für die Wiedereingliederung von psychisch Kranken.
Der erste Österreichische Psychiatriebericht
Aus Anlass des Weltgesundheitstages hat ein Expertenkomitee unter Vorsitz von Heinz Katschnig, Vorstand der Psychiatrischen Universitätsklinik am Wiener AKH den ersten "Österreichischen Psychiatriebericht" erstellt.

Er soll einen Überblick über den Zustand der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung der Betroffenen geben.
Jeder sechste Österreicher leidet an psychischen Störungen
Etwa 16 % der Österreicher geben bei Befragungen an, in den vergangenen vier Wochen an psychischen Störungen im Sinne einer Depression, einer Angststörung oder einer psychosomatischen Störung gelitten zu haben.

Frauen (17,5 %) sind davon häufiger betroffen als Männer (15,0 %); jüngere häufiger als ältere, arbeitslose Menschen häufiger als berufstätige und alleinlebende (ledig/geschieden/verwitwet) häufiger als verheiratete Menschen.
Immer mehr Demenz-Erkrankungen
Gegenwärtig leiden rund 90.000 Österreicher an einer Form der Demenz. Durch die steigende Zahl sehr alter Menschen wird sich dieser Anteil aber sehr rasch erhöhen: Bis zum Jahr 2050 wird es in Österreich rund 230.000 an Demenz erkrankte Personen geben.

Kamen 1950 noch rund 120 Erwerbsfähige auf eine an Demenz erkrankte Person, werden es im Jahr 2050 nur mehr 17 Erwerbsfähige auf eine an Demenz erkrankte Person sein.
Psychiatrische Krankheiten weltweit im Vormarsch
Unter allen Krankheiten, die lebensqualitätverringernd und behindernd sind, finden sich in den Industrienationen bei der Gruppe der 15 ¿ 44jährigen unter den ersten zehn Krankheiten allein vier psychiatrische Krankheiten: Depression, Schizophrenie, manische Depression und Zwangskrankheiten.
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Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass Depressionen, die derzeit an vierter Stelle aller Krankheitsursachen stehen, in 20 Jahren bereits an zweite Stelle gerückt sein werden.
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Psychische Erkrankungen als Ursache für Berufsunfähigkeit
Pensionierungen aufgrund von Invalidität wegen psychischer Krankheiten nehmen im langjährigen Verlauf stark zu. Von 1985 bis 1999 sind sie um das Zweieinhalbfache gestiegen.

1985 wurde knapp 2000 Personen ein Pension wegen einer psychischen Krankheit zuerkannt, zehn Jahre später waren es mehr als 3000 und 1999 bereits knapp 4700 Personen, die wegen einer psychischen Krankheit in Pension gegangen sind.

Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Invaliditätspensionen insgesamt aber gesunken.
Selbstmordrate sinkt
Die Suizidraten haben seit 1986 von 28,3 je 100.000 Einwohner auf 19,0 je 100.000 Einwohner im Jahre 1999 abgenommen.
Damit liegt die Suizidrate erstmals seit 1945 unter 20 Prozent.

Galt seinerzeit Österreich als Land mit besonders hoher Suizidrate (wie heute noch Estland, Lettland, Finnland oder Ungarn), so gehört Österreich heute zu den Ländern mit mittlerer Suizidrate (gemeinsam etwa mit Schweden, Deutschland, USA).
Psychiatrische Krankheiten häufig nicht in entsprechenden Abteilungen behandelt
Jährlich werden etwa 100.000 Österreicher wegen diagnostizierter psychiatrischer Erkrankungen in österreichischen Krankenanstalten behandelt.

Vier von zehn dieser Behandlungen finden allerdings nicht in psychiatrischen Krankenanstalten statt.

Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck will dem durch den vermehrten Ausbau von kleineren psychiatrischen Abteilungen an regionalen Krankenhäusern begegnen.
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Österreich hat derzeit einen psychiatrischen Bettenschlüssel von rund 0,5 Betten je 1000 Einwohnern und liegt damit in Europa am unteren Ende der Skala.
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Steigende Zahl an Zwangseinweisungen
Als überraschend werten Experten die Erkenntnis, dass Einweisungen nach dem Unterbringungsgesetz in geschlossene Bereiche von psychiatrischen Anstalten zunehmen. Etwa eine von fünf Aufnahmen erfolgt zwangsweise.

Vom Unterbringungsgesetz 1991 hat man eigentlich den gegenteiligen Effekt erwartet, sagt Staatssekretär Waneck.

Den Ursachen für die steigende Zahl an Zwangseinweisungen soll nun auf den Grund gegangen werden.
Geänderte Verschreibepraxis bei Medikamenten
Die Zahl der Verschreibungen von Antidepressiva ist über die vergangenen zehn Jahre stark angestiegen.

Die Zahl der Verschreibungen von Tranquilizern hat hingegen leicht abgenommen.

Generell stagniert die Zahl der Verordnungen von traditionellen Antipsychotika, die der atypischen, nebenwirkungsärmeren Antipsychotika steigt dagegen.

Allerdings betreffen rund 70 % aller Verordnungen noch die traditionellen Antipsychotika.

Die hier vorgelegten Daten stammen aus dem Österreichischen Psychatriebericht, der am Freitag präsentiert wurde.
Eine Vielzahl von Veranstaltungen werden rund um den Erdball am Weltgesundheitstag, dem 7. April 2001, durch die WHO und die Organisationen gestartet, die mit neurologischen und psychiatrischen Krankheiten befasst sind.
->   Weltgesundheitstag 2001
Mehr über Depressionen auf science.orf.at
->   Volkskrankheit Depression
->   Günter Bernatzky: Musiktherapie bei Depressionen
 
 
 
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01.01.2010