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Impfen gegen MKS: Pro und Contra  
  Bei der informellen Tagung der EU-Landwirtschaftsminister in Östersund in Schweden hat man sich darauf geeinigt, auch weiterhin keine großflächigen Impfungen gegen die Maul- und Klauenseuche durchzuführen. Erst nach dem Ende der gegenwärtigen Krise soll ohne den jetzt herrschenden emotionalen Druck darüber nachgedacht werden, hieß es.  
Die Haltung der EU-Kommission zu diesem Thema ist eindeutig: Sie verweist darauf, dass die MKS-Prophylaxe seit 1991 in der Union verboten ist. Lediglich stark räumlich und zeitlich begrenzte Maßnahmen - wie derzeit in Großbritannien und den Niederlanden - könnten mit der Genehmigung des ständigen Veterinärausschusses in Brüssel erlaubt werden.
->   Die Haltung der EU-Kommission zu MKS
Kein genereller Schutz gegen MKS
Eine generelle Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche existiert nicht. Veterinäre verweisen darauf, dass es mehr als 60 verschiedene Subtypen dieses Erregers gibt.

Gegen den derzeit in Europa grassierenden Typus O gibt es hingegen sehr wohl eine Prophylaxe. Eine großräumige Durchimpfung macht für Walter Baumgartner von der Veterinärmedizinischen Universität Wien aber keinen Sinn.
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Univ.Prov. Dr. Walter Baumgartner ist Vorstand der II. Medizinischen Klinik für Klauentiere an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Seine Arbeitsschwerpunkte sind infektiöse und nichtinfektiöse Erkrankungen bei Rind, Schaf und Ziege.
->   II.Medizinischen Universitätsklinik für Klauentiere
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Nur bei Rindern relativ unproblematisch
"Die Impfung stellt bei Schweinen, Schafen und Ziegen ein Problem dar, weil sie im Gegensatz zu Rindern schlechte Antikörper-Bilder sind", erklärt Baumgartner. Ein Schwein zum Beispiel müsste in etwa alle sechs Wochen neuerlich geimpft werden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es trotzdem an MKS erkrankt.
Mehr Krankheitsfälle durch Impfungen
Baumgartner verweist darauf, dass in Regionen, in denen in der Vergangenheit geimpft wurde, die Zahl der Krankheitsausbrüche sogar höher war als dort, wo man auf diese Schutzmaßnahme verzichtet hat. Dafür gibt es zwei Gründe:

Im Normalfall erkranken immunisierte Tiere zwar nicht, wenn sei befallen werden, sie können das Virus aber weitergeben. Abgesehen davon hat es immer wieder sogenannte Impfdurchbrüche gegeben. Wenn das Serum nicht gänzlich inaktive Viren enthält, kann das Tier krank werden und andere mit MKS anstecken. Es ist daher schon vorgekommen, dass die Maul- und Klauenseuche erst durch Schutzimpfungen in ein Land eingeschleppt worden ist.
Geimpft oder krank?
Aber auch in anderer Hinsicht ist der zur Zeit erhältliche Impfstoff problematisch: Gegenwärtig kann nicht festgestellt werden, ob die Antikörper, die ein Tier entwickelt hat, von einer Infektion oder einer Impfung herrühren. Wirtschaftliche Maßnahmen - wie etwa Handelsembargos - wären die Folge. An sogenannten Marker-Impfstoffen, die eine Unterscheidung ermöglichen, wird noch gearbeitet, erklärt Baumgartner.

Bis es soweit ist, dürften flächendeckende MKS-Impfungen in der EU auch weiterhin verboten bleiben. Not- und Schutzimpfungen, wie sie derzeit in Großbritannien und den Niederlanden praktiziert werden, hätten hingegen durchaus ihre Berechtigung, betont Baumgartner.
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"Notimpfungen, wie das die Engländer jetzt machen, erfolgen in Form einer sogenannten Unterdrückungsimpfung, wobei die geimpften Tiere innerhalb von zwei, drei Wochen danach gekeult werden. Dabei wird ein Radius von zwei bis vier Kilometer um einen Hof festgelegt, auf dem MKS aufgetreten ist."
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Bei Schutzimpfungen, wie derzeit in den Niederlanden, wird ein wesentlich größerer Radius festgelegt. In einem Umkreis von bis zu 60 Kilometer wird jedes Tier immunisiert. Bei dieser sogenannten Ringimpfung beginnt man von außen und arbeitet sich langsam zum Seuchenherd vor, erklärt Baumgartner.

Der Vorteil: Durch den großen Sicherheitsabstand zum betroffenen Hof müssten nicht automatisch alle Tiere getötet und vernichtet werden. Es bestehe zwar eine gewisse Virusgefahr, doch nach umfangreichen hygienischen Maßnahmen und dem Ablauf der Beobachtungsfrist könnten Mastrinder sehr wohl in die Lebensmittelkette gelangen, betont der Veterinär.

 


Genügend Impfstoff wäre vorhanden
Im Gegensatz zu den flächendeckenden Maßnahmen, die Baumgartner wörtlich als "Blödsinn" bezeichnet, wäre bei Schutz- und Notimpfungen nur ein Bruchteil der EU-weit 400 Millionen Klauentiere betroffen. Genügend Impfstoff bereitzustellen sei daher innerhalb weniger Tage möglich, betont er. Zahlreiche Länder hätten bereits Hunderttausende Dosen geordert, die Industrie sei vorbereitet.

Bei Rindern wäre bereits innerhalb von acht bis zehn Tagen ein belastbarer Impfschutz aufgebaut, erklärt Baumgartner.

Johannes Stuhlpfarrer, RÖI
->   Link: Mehr zur Maul- und Klauenseuche
 
 
 
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01.01.2010