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Hormone weisen den Weg ins Eheglück  
  Eher durch Zufall entdeckten US-Wissenschaftler, wie sich der Erfolg einer Ehe bereits in den Flitterwochen vorhersagen lässt: Der Hormonspiegel der Paare lässt erkennen, ob sie wirklich glücklich sind.  
1988 hatten die Forscher des Ohio State University Medical Center eine Studie gestartet, die die Auswirkung von engen zwischenmenschlichen Beziehungen auf die Gesundheit der Partner untersuchen sollte.

Mehr als zehn Jahre später ergab sich ein ganz neuer Ansatzpunkt: Offenbar hatten die gescheiterten Partnerschaften schon zu Beginn der Ehe eine höhere Anzahl von Stresshormonen im Körper als ihre "erfolgreichen" Mit-Probanden.
Bis dass der Tod ...
Man habe ursprünglich sehr enge und für die Partner sehr wichtige Beziehungen untersuchen wollen, und daher frisch verheiratete Ehepaare für die Studie gesucht, sagt Janice K. Kiecolt-Glaser, Professorin für Psychiatrie an der Ohio State University und eine der Leiterinnen der Studie.
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Auswahlkriterien
Mehr als 2.200 Paare meldeten sich damals freiwillig für die Studie. Die Wissenschaftler wählten daraus 90 Paare aus, unter anderem indem sie Personen mit offensichtlich schwerwiegenden und häufig partnerschaftsschädigenden Problemen - wie z.B. chronische Depression oder Alkoholabhängigkeit - ausgliederten. Zu viele Faktoren hätten die Ergebnisse der Studie verwässert, so die Forscher.
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90 ''glückliche'' Paare ausgewählt
Die letztlich ausgewählten 90 Paare hatten keinerlei offensichtliche Probleme und waren "allem Anschein nach glücklich", so William Malarkey, Professor für innere Medizin und Immunologie am OSU und ein weiterer Leiter der Studie.

Für einen Erfolg der Beziehung schien also alles zu sprechen, da auch die Ehepartner selbst sich in Befragungen unterschiedslos als glücklich und zufrieden einschätzten.
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Verlauf der Studie
Jedes Paar verbrachte zu Beginn der Untersuchung 24 Stunden im Klinischen Forschungscenter der Universität. Den Probanden wurde dort zunächst eine intravenöse Sonde gelegt, damit ihnen ohne Komplikationen regelmäßig Blut entnommen werden konnte. Die Proben sollten dazu dienen, ihren Gesundheitszustand längerfristig kontrollieren zu können. Zudem mussten die Partner in einem offenen Gespräch Probleme in ihrer Beziehung diskutieren. Denn, so die Forscher, selbst "glückliche" Paare hätten natürlich gewisse Differenzen. Die Sitzung wurde auf Video aufgenommen und den Teilnehmern wurden währenddessen Blutproben entnommen.
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Partnerschaft wirkt auf Gesundheit
Die Studie über die Auswirkungen der Partnerschaft auf die Gesundheit und das Immunsystem der Probanden konnte in den folgenden Jahren erfolgreich durchgeführt werden.

Berichte über die Ergebnisse der Studie erschienen in diversen Fachzeitschriften: Aggressivität zwischen den Partnern hatte laut Studie einen starken Effekt auf ihr immunologisches System.

Der Grund: Je aggressiver und feindseliger die Paare während eines Streits waren, desto höher auch der Stresshormonspiegel in ihrem Blut: Epinephrin (besser bekannt als Adrenalin), Norepinephrin (Noradrenalin) und ACTH waren deutlich gestiegen.
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Stresshormone
Vor allem Epinephrin und Norepinephrin sind bekannt als so genannte Stresshormone. Sie gehören zu den Katecholaminen und sind Hormone, die auf den Sympathikus (Teil des vegetativen Nervensystems) erregend wirken. Sie erhöhen kurzfristig die Energiebereitstellung. Das zeigt sich in einer beschleunigten Herztätigkeit, Erhöhung des Blutdrucks, Freisetzung von Glukose und verstärkter Durchblutung der Muskulatur. Normalerweise werden Adrenalin und Noradrenalin fortlaufend in kleinen Dosen in das Blut abgegeben. In Stresssituationen allerdings kommt es zu einer hochdosierten Ausschüttung. Die wichtigste Aufgabe der in einer Alarmsituation freigesetzten Hormone Adrenalin und Noradrenalin besteht darin, gespeicherte chemische Energie wie Fett oder Glykogen zu mobilisieren und die Glukoseaufnahme in den Körperzellen zu unterstützen, um der vermehrten Muskeltätigkeit ausreichend Energie zur Verfügung zu stellen. Mit anderen Worten: wenn die Anzeichen auf "fight or flight" stehen, dann mobilisieren die Hormone unseren Körper für die Reaktion - Kampf oder Flucht.
->   Mehr zu Epinephrin und Norepinephrin auf britannica.com
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Hormone als Immun-Hemmstoff
Diese Hormone sind laut Kiecolt-Glaser bekannt als Immun-Hemmstoffe - sie schwächen das Immunsystem. Je höher der Hormonspiegel im Blut, desto anfälliger ist die betreffende Person für Krankheiten.

Die Folgerung: Lebt man in einer schwierigen und "unglücklichen" Beziehung, in der aggressives Verhalten ausgeprägter ist, so kann dieser Zustand die Gesundheit zum Teil stark beeinträchtigen.
Blutprobe als Erfolgsindikator der Ehe?
Die Forscher kamen erst kürzlich auf die Idee, die Blutproben aus der Anfangszeit der Studie auf einen neuen Aspekt hin zu untersuchen.

Möglicherweise, so die Fragestellung, könnte man daraus ablesen, welchen Erfolg die Partnerschaft haben würde. Mit anderen Worten: Kann uns eine Blutprobe sagen, ob die Ehe halten wird?
17 Paare geschieden
Alle 90 Paare wurden mehr als zehn Jahre nach Beginn der ursprünglichen Untersuchung aufgespürt. Nur 17 Paare waren inzwischen geschieden - eine Zahl, die weit unter dem nationalen Durchschnitt liegt.

Eine genaue Untersuchung der Blutproben hielt schließlich eine Überraschung bereit: Die Hormone Epinephrin, Norepinephrin und ACTH waren in deutlich höherer Menge in den Blutproben der inzwischen geschiedenen Paare zu finden, als in denen der nach wie vor verheirateten.

Bemerkenswert ist, dass unter den Proben auch solche waren, die den Partnern entnommen wurden, als sie schliefen. Der Hormonspiegel war also offenbar dauerhaft höher, nicht nur in emotional aufwühlenden Situationen wie etwa der auf Video aufgenommenen Problem-Diskussion.
Hormone als Partnerschafts-Killer?
Natürlich, so Kiecolt-Glaser, hätten die Hormone nicht eine funktionierende Partnerschaft zerstört. Das Ursache-Wirkung-Problem sei vielmehr anders gelagert.

Tatsächlich legen die Ergebnisse nahe, dass die Beziehungen - obwohl äußerlich nicht aggressiver wirkend bzw. von den Partnern genauso glücklich eingeschätzt wie die "erfolgreicheren" Ehen - von vornherein stärker durch Probleme mit dem Partner belastet waren.
''Rosa Brille'' versperrt klare Sicht
Die Stresshormone seien aus diesem Grund produziert worden, auch wenn es den Betroffenen nicht bewusst gewesen sei. Hätten die Paare hören können, was ihre Körper auf diesem Wege mitteilten, dann wäre ihnen vielleicht klar geworden, dass etwas nicht stimmt, so die Wissenschaftlerin.

Als frisch verheiratetes Paar sei man wohl eher dazu geneigt, Probleme zu ignorieren. Die Partner hätten vielleicht Angst, die Beziehung zu belasten und würden der Konfrontation aus dem Weg gehen, lautet Kiecolt-Glasers Einschätzung.

Die Wissenschaftler glauben allerdings nicht, dass das Ergebnis ihrer Studie praktische Auswirkungen auf Heiratswillige haben wird. Es sei eher unwahrscheinlich, dass für die Heiratserlaubnis ein Hormontest verpflichtend werden könnte, sagte Kiecolt-Glaser.

(abc/red)
->   Ohio State University Medical Center
 
 
 
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01.01.2010