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Information nach Quanten-Art  
  Schon seit langem wird die Informationstheorie von Shannon kritisiert. Sie sei zu eng und gehe nicht weit genug. Die Quantenphysik erweitert nun die klassische Informationseinheit - das Bit - zum Qubit und kann damit Information beschreiben, die vor ihrer Beobachtung noch nicht vorhanden war.  
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Dieser Artikel ist der zweite Teil des Matrix-Beitrags "Vom Information Overload zum Informationswert" von Mariann Unterluggauer. Teil I behandelt die leidvolle Geschichte des Informationsbegriffs und die verwirrende Anzahl von Definitionen des Begriffs, die nicht unbedingt in Beziehung zueinander stehen.
->   Was bedeutet schon Information
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Das neue Weltbild der Quantenphysik
Das Qubit ist nicht nur fragil, es ist auch in der Lage, so einige Denkweisen über den Haufen zu werfen. In der Quantenphysik setzt man scheinbar alles daran, ein neues Weltbild entstehen zu lassen.

Noch weiß niemand, wohin das führen wird, aber die Quantenphysiker scheinen bei ihren Experimenten ständig auf etwas Neues zu stoßen, das mit den alten Denkbildern nicht mehr in Einklang zu bringen ist.
Auch Shannon muss dran glauben
Vor kurzem veröffentlichte Anton Zeilinger gemeinsam mit seinem Kollegen Caslav Brukner eine Arbeit, in der sie zeigen, dass in der Quantenphysik auch die Informationstheorie von Shannon keine Berechtigung mehr hat.
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Anton Zeilinger: "Die Shannonsche Informationstheorie verwendet man zur quantitativen Charakterisierung der Information auf einer Zeichenkette in einer Sprache. Im Deutschen zum Beispiel kommt der Buchstabe 'E' oft vor. Demnach bringt das 'E' im Gegensatz zum 'Y' einen geringen Informationsgewinn. Dabei nimmt man aber an, dass der Buchstabe, der auf dem Papier steht, schon vor meiner Beobachtung, bevor ich hinsehe, existiert hat. In der Quantenphysik ist es so, dass viele Eigenschaften erst durch die Beobachtung entstehen. Die wesentliche Voraussetzung bei Shannon ist aber, dass das, was ich mit meinem Maß beschreibe, schon vorher da war. Das ist in der Quantenphysik nicht der Fall."
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->   Conceptual inadequacy of the Shannon information in quantum measurements
Es fängt schon beim Bit an
Claude Elwood Shannon führte in seiner Informationstheorie den Begriff Bit ein, binary digit: Ein Bit ist die elementarste Einheit einer Information, die mit dem Wert 0 oder 1 dargestellt wird.

Die Bezeichnung Bit ist allerdings keine Erfindung von Shannon. Er selbst nennt, in "A mathematical Theory of Communication" seinen Kollegen J.W.Tukey als Namensgeber.
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Anton Zeilinger: "Auf einer breiteren Ebene ist es die Antwort auf eine Frage. Zum Beispiel auf die Frage: Sitze ich hier oder sitze ich nicht hier? Ja oder nein? Ein Bit kann nur diese beiden Möglichkeiten zulassen. Ein Qubit ist ein Ding, in dem ja und nein bzw 0 und 1 in einer Überlagerung der beiden Möglichkeiten existieren kann. Ein Qubit ist in irgendeiner Form gleichzeitig 0 und 1. Ich kann mir jetzt aussuchen, ob ich das Qubit frage: Bist Du 0 oder 1?"
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Allerdings kann das Qubit nur auf eine bestimmte Frage eine definitive Antwort geben. Trotzdem antwortet es - aus welchem Grund auch immer - manierlich, wenn es gefragt wird. Die Antwort, so Anton Zeilinger, wird aber eine zufällige sein, die mit der Eigenschaft des Qubits nichts zu tun hat.
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Anton Zeilinger: "Wenn es mir gelingt ein Qubit so zu beobachten, dass ich es nicht zerstöre, dann behält es diese Eigenschaften bis zur nächsten Messung. Wenn ich bei der nächsten Messung die gleiche Frage stelle, wird es sagen: Jaja, so ist es. Wenn es zum Beispiel um die Haarfarbe des Qubits geht, wird es mir antworten: Ja, ich habe schwarze Haare. Wenn ich jetzt eine andere Frage stelle: Welche Augenfarbe hast Du?, dann wird das Qubit sagen: Ups, das weiß ich nicht, und wird zufällig irgend etwas antworten. Es geht dann wieder mit dieser Antwort zum Nächsten. Bei einer quantenmechanischen Beobachtung wird gleichzeitig mit der neuen Information, die durch die Beobachtung entsteht, die alte zerstört."
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Zufall oder Informationsmangel?
Statistiker haben eine andere Auffassung vom Zufall, meint Norbert Kusolitsch. Schließlich könnte man ja auch fragen, "Ob das, was wir als Zufall bezeichnen, nicht nur der Mangel an Information ist? Beispielsweise, wenn Sie sagen, ich weiß nicht welche Lottozahlen nächste Woche gezogen werden, könnte das nicht ein Mangel an Information sein, den ich über die Ziehungsmaschine habe?"
Information aus der alten Welt
Die Meinung, dass die Informationstheorie von Shannon tot sei, taucht nicht erst seit den 60er Jahren immer wieder auf. Auch vor sechs Jahren diskutierten in Moskau Wissenschaftler darüber, ob dies nun stimme oder nicht.

Damals einigte man sich darauf, dass es wohl von der Phantasie junger Wissenschaftler abhängen werde, ob sie mit Shannons mathematischem Modell noch etwas sinnvolles Anfangen können oder nicht. Und - auch wenn die Welt der Quanten um einiges spannender, weil unverständlich, ist - in anderen Bereichen wird die Theorie von Shannon noch immer erfolgreich angewendet. Zum Beispiel bei der Datenkomprimierung und den Fehlerkorrektur-Systemen.

Mariann Unterluggauer, Ö1-Matrix
->   Die Diskussion
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01.01.2010