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Kampf den Krebstherapie-Resistenzen  
  Zunehmend werden Therapieresistenzen bei verschiedenen Krebsarten ein Problem. Gefördert vom Wissenschaftsfonds (FWF) konzentrieren sich Innsbrucker Forscher jetzt auf die Ursachen der Therapieresistenz beim Prostatakrebs und Leukämie, um Möglichkeiten zur Therapieverbesserung zu finden.  
Über die Kommunikation zwischen den Zellen
Die Gruppe aus acht verschiedenen Forschungsteams der Innsbrucker Universität beschäftigt sich mit den grundsätzlichen molekularen Mechanismen der Kommunikation in und zwischen den Zellen. Dabei ist das Team, bestehend aus Bio-Chemikern, Experimentellen Pathologen, Pharmakologen und Urologen der Verbesserung von Krebstherapien einen großen Schritt nähergekommen.

Der Biochemiker Helmut Klocker von der Innsbrucker Universitätsklinik für Urologie analysierte beispielsweise mit seinem Team, warum Tumorzellen beim Prostatakrebs nach etwa zwei Jahren resistent gegen die gängige Hormontherapie werden.
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Prostatakrebs ist der häufigste Tumor und die zweithäufigste
Krebstodesursache beim Mann. Etwas jeder zehnte Mann ist im Laufe seines Lebens mit dieser Diagnose konfrontiert. Bei frühzeitiger Entdeckung des Tumors - etwa durch die regelmäßige Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut - ist die Heilung durch eine chirurgische Entfernung der Prostata möglich.
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Wenn die Chirurgie nicht mehr hilft
Wenn sich jedoch Tumorzellen außerhalb der Prostata angesiedelt haben, ist die Chirurgie nicht mehr zielführend. In der Regel wird eine Hormontherapie durchgeführt, bei der die Tumorzellen von der Versorgung mit männlichen Sexualhormonen abgeschnitten werden.

Die allermeisten Tumore sprechen gut auf diese Therapie an - es kommt zu einem Schrumpfen der Tumormasse. Der Erfolg ist jedoch zeitlich begrenzt. Im Durchschnitt entwickelt sich nach etwa zwei Jahren eine Therapieresistenz und das Wachstum des Tumors schreitet danach unaufhaltsam fort.
Im Zentrum der Untersuchungen an der Universität Innsbruck steht der Androgenrezeptor, jenes Eiweiß, das die Wirkung der männlichen Sexualhormone in den Zellen vermittelt und das Angriffziel der Hormontherapie darstellt.
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"Wir haben herausgefunden, dass der Androgenrezeptor bei der Hormontherapie nicht - wie noch vor ein paar Jahren vermutet - aus den Tumorzellen verschwindet, sondern im Gegenteil, auch in den therapie-resistenten Prostata-Krebszellen eine wichtige Rolle als Stimulator des Tumorwachstums spielt", erläutert der Biochemiker Klocker das Teilprojekt.
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Die Verhinderung von therapie-resistenten Tumorzellen
"Bei unseren Analysen kristallisierte sich heraus, dass die zur Zeit eingesetzten Therapien nicht in der Lage sind, die Funktion des Andogenrezeptor langfristig zu blockieren."

Aus diesen Erkenntnissen leitete die Gruppe die Arbeitshypothese ab, dass eine Eliminierung des Androgenrezeptors eine vielversprechende Chance zur Verhinderung von therapie-resistenten Tumorzellen darstellt. Erste Testergebnisse bestätigen das Konzept und schaffen die Grundlage, um diese Strategie für eine spätere Anwendung bei der Behandlung von Patienten weiterzuentwickeln.
Die zellteilungshemmende Wirkung von Glukortikoid
Dem Experimentellen Pathologen Reinhard Kofler, Leiter eines weiteren Teilprojekts, ist es gelungen, den molekularen Mechanismus für die zellteilungshemmende Wirkung eines Hormons der Nebennierenrinde - Glukokortikoid genannt - auf die Lymphozyten, die Zellen des Immunsystems, weitgehend aufzuklären.

Gemeinsam mit seinem Team untersuchte er dazu an einem "In
vitro-Modell - in Gewebekultur gezüchtete Krebszellen eines an akuter lymphatischer Leukämie erkrankten Kindes.

"Diese Erkenntnis hilft uns bei der Entwicklung neuer Therapieansätze bei Krebsformen, die sich von Lymphozyten ableiten lassen, fasst der Wissenschaftler die ersten Ergebnisse zusammen."
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Das Hormon Glukokortikoid
Glukokortikoide sind Hormone, die von der Nebennierenrinde gebildet werden und eine Reihe von regulatorischen Effekten auf den menschlichen Stoffwechsel ausüben. Zudem wirken diese Hormone entzündungshemmend und verringern Reaktionen des für die Abwehr von Infekten zuständigen Immunsystems.
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Neue Therapieansätze bei Leukämie
Auf die Zellen des Immunsystems, die sogenannten Lymphozyten, üben die Glukokortikoide eine besondere Wirkung aus: Sie können diese in ihrer Teilung hemmen und sogar in den Zellselbstmord - auch "Apoptose" genannt - treiben. Diese interessante Eigenschaft macht man sich auch in der Therapie von Krebsformen zu nutze. Insbesondere solchen, die sich von Lymphozyten ableiten, wie etwa den akuten lymphatischen Leukämien.
Solche Leukämien - besonders jene, die bei Kindern auftreten - sind extrem empfindlich auf die therapeutische Gabe von Glukokortikoide. Das derzeitige Problem ist allerdings, dass sich unter den Leukämiezellen einzelne Zellklone entwickeln, die gegen die zellteilungshemmende und Zelltod-induzierende Wirkung der Hormone resistent werden.

Deswegen müssen die Glukokortikoide bislang mit Chemotherapeutika, Bestrahlung und unter Umständen sogar mit einer Knochmarkstransplantation kombiniert werden.
In dem auf zehn Jahre geförderten Spezialforschungsbereich "Biologische Kommunikationssysteme" sollen grundsätzliche Fragen zu den molekularen Grundlagen der Signalweiterführung innerhalb und zwischen den Zellen erörtert und beantwortet werden.
Die Steuerungsmechanismen von Zellen
Der Biochemiker Hans Grunicke, Leiter des Spezialforschungsbereichs, beschäftigt sich gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Überall mit den chemischen Grundlagen jener Steuerungsmechanismen, die eine Zelle zur Teilung und zum Wachstum stimulieren beziehungsweise diesen Prozess auch wieder stoppen.

Daraus versucht man auf die Gründe für eine Fehlsteuerung des Zellteilungs- und Zellwachstums zu kommen. Die Chemiker Markus Hartl und Klaus Bister beschäftigen sich in einem weiteren Team mit Enzymen, die Wachstumssignale von der Zelloberfläche in den Zellkern weiterleiten Dieses Netzwerk wird dann mit der Signalweitergabe bei Tumorzellen verglichen.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Das Forschungsprojekt an der Uni. Innsbruck
->   Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
 
 
 
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01.01.2010