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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Jahresringe von Zirben zeigen Klimaschwankungen  
  Wie war das Klima im Sommer 1869? Warm und trocken, mild und feucht? Ein Blick auf die Jahresringbreite einer alten Tiroler Zirbe gibt darüber Aufschluss. Ein Innsbrucker Team von Botanikern hat - gefördert vom FWF - den Einfluss von Klimaschwankungen der letzten 200 Jahre auf das Dickenwachstum dieser Nadelbäume untersucht. Das Resultat: Zirben eignen sich ideal als Klimaindikatoren.  
Tiroler Krippen, Wandtäfelungen und Perchten-Masken werden aus ihren gelblich-roten, bis zu zwei Meter breiten Stämmen geschnitzt, ein beliebter Schnaps aus ihren Nüssen gebrannt, und der angenehme Harzduft ihres Holz ist weithin begehrt. Die Zirbe gehört zu den beliebtesten Nadelbäumen der Alpen.
Idealer Maßstab für den Klimawandel
Seit jüngsten zeichnet den zur Familie der Kieferngewächse zählende Baum aber noch eine weitere Besonderheit aus: Walter Oberhuber und sein Forschungsteam vom Innsbrucker Institut für Botanik haben nämlich herausgefunden, dass sich die Jahresringbreite der Zirbe ideal als Maßstab für den Klimawandel eignet.
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Extremstandort: Klimaänderungen zeigen direkte Wirkung
"Die alpine Waldgrenze ist ein Extremstandort für den Baumwachstum. Klimatische Veränderungen wirken sich unmittelbar auf den jährlichen Holzzuwachs, also die Jahresringbreite, aus", erläutert Oberhuber das vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderte Projekt. "Als der am höchsten vorkommende Nadelbaum der Alpen - nämlich bis zu 2.400 Metern Seehöhe ist die Zirbe daher direkt den Folgen von Klimaschwankungen ausgesetzt."
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Klimaeinfluss über 200 Jahre untersucht
Bild: Universum Magazin
Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Werner Kofler und Evelyn Selva hat der Botaniker nun am Patscherkofel bei Innsbruck den Einfluss des Klimawandels der letzten 200 Jahre auf das Dickenwachstum - also auf die Jahresringbreite - der Zirbe (siehe Bild rechts) untersucht.

Der seit 1942 als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesene Patscherkofel (2.246 m) eignet sich besonders gut als Untersuchungsgebiet:

Der "Zirmberg", ein alter Name für das ganze Gebiet unmittelbar südlich der Landeshauptstadt, besteht aus dichten Zirbenwäldern, die bis zu 500 Jahre alte Bäume haben. Prinzipiell kann der Baum bis zu 1.000 Jahre alt werden.
Deutliche Wachstumsschübe im 20. Jahrhundert
"Bei unseren Analysen konnten wir feststellen, dass parallel zu mehreren bekannten Phasen der globalen Klimaerwärmung im 20 Jahrhundert deutliche Wachstumsschübe erfolgt sind", führt der Botaniker aus.

"Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die Zirben seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts auch oberhalb der bestehenden Waldgrenze aufgekommen sind. Die günstigeren klimatischen Bedingungen haben offensichtlich das Überleben dieser widerstandsfähigen Nadelbäume in größeren Meereshöhen ermöglicht."
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Beispiel 1816: Das "Jahr ohne Sommer"
Ganz anders hat die Situation im Jahr 1816 ausgesehen: Im so genannten "Jahr ohne Sommer" und den Folgejahren zeichnet sich in den Jahresringbreiten ein vorübergehender dramatischer Wachstumseinbruch ab. "Dieser ist auf die klimatischen Auswirkungen des Vulkanausbruchs Tambora in Indonesien ein Jahr zuvor zurückzuführen. Vergleichbar starke Wachstumseinbußen hat es bis heute nicht mehr gegeben."
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Auch der Winter hat seinen Einfluss
Eine weitere wesentliche Erkenntnis: Entscheidend für das Zirbenwachstum an der Waldgrenze ist nicht nur die Sommertemperatur.

Auch die vorwinterlichen Temperaturverhältnisse sowie die spätwinterliche Schneedecke haben einen gravierenden Einfluss auf die Zellbildung und somit auf die Jahresringbreite.
Ausblick auf die künftige Waldentwicklung
"Diese empfindliche Reaktion der Nadelbäume auf Klimaextreme ermöglicht uns aber auch Aussagen über die künftige Entwicklung unserer Wälder", resümiert Oberhuber.

"Die Analysen zeigen, dass milde feuchte Winter verbunden mit warmen-trockenen Sommern das Baumwachstum an der Waldgrenze eher begünstigen. Saisonale Dürreperioden werden hingegen die Stabilität von Wäldern inneralpiner Tallagen zunehmend beeinträchtigen."

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Institut für Botanik der Universität Innsbruck
->   Wissenschaftsfonds FWF
->   Universum Magazin
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Der Klimavergangenheit der Alpen auf der Spur (17.2.04)
->   Hochgebirgspflanzen als Indikator der Klimaerwärmung (29.7.03)
->   Tropische Gletscher als Klimaindikatoren (31.3.03)
 
 
 
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01.01.2010