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Regenwald-Analyse aus dem Weltraum  
  Der Regenwald Amazoniens beherbergt die komplexesten Ökosysteme der Welt, die direkt mit dem Weltklima in Wechselwirkung stehen. Daten über den Zustand dieser Gebiete wurden bislang nur durch räumlich begrenzten Untersuchungen vor Ort gewonnen. US-amerikanische und brasilianische Forscher haben nun einen eleganten Weg gefunden, sich in dieser Hinsicht ein umfassendes Bild zu machen: Sie verwendeten Beobachtungsdaten eines NASA-Satelliten, der Rückschlüsse auf die Ökologie des Regenwaldes ermöglicht.  
Im Rahmen ihrer Studie führten die Forscher um Gregory Asner von der Carnegie Institution großflächige Bodenexperimente durch, deren Auswirkungen sie dann aus dem Weltraum beobachteten. Auf diese Weise konnten sie ableiten, welche Gebiete in Amazonien etwa von Trockenstress oder verminderter pflanzlicher Produktion betroffen sind.
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Der Artikel "Drought stress and carbon uptake in an Amazon forest measured with spaceborne imaging spectroscopy" von Gregory P. Asner, Daniel Nepstad, Gina Cardinot und David Ray erschien als "Early Edition" auf der Website der Fachzeitschrift "Proceedings of the Nataional Academy of Sciences" (PNAS) und wird später unter dem DOI "10.1073_pnas.0400168101" abrufbar sein.
->   PNAS "Early Edition"
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"Hyläa" - die grüne Lunge der Erde
Amazonien, das größte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Erde im Tiefland des Amazonasstroms wird aufgrund seiner gewaltigen Biomasseproduktion - und der daraus folgenden Freisetzung von Sauerstoff - gerne als "grüne Lunge der Erde bezeichnet.

Das gewaltige Gebiet, dem der deutsche Naturforscher F.H.A. von Humboldt zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Namen "Hyläa" verlieh, umfasst in West-Ost-Richtung 3.600 Kilometer, in der Nord-Südrichtung sind es derer 2.800.
70 bis 80 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Biomasse
Die ökologischen Eckdaten dieser Region entziehen sich weitgehend der menschlichen Vorstellungskraft. Die Wälder des Amazonas beinhalten etwa 70 bis 80 Milliarden Tonnen an durch Biomasse gebundenem Kohlenstoff.

Jährlich assimilieren die Pflanzen dieses Gebiets vier bis sechs Petagramm Kohlenstoff. Das entspricht einer Zahl mit sechzehn Stellen, also vier bis sechs Billiarden Gramm.
Gefahr durch Brandrodung, El Nino, Klimaerwärmung
Ein Ökosystem von diesem Ausmaß ist selbstredend ein wichtiger Faktor für das Weltklima - daher ist es nicht nur von akademischen Interesse, mehr über den Zustand dieses Gebiets zu erfahren.

Wie bisherige Studien vermuten lassen, leidet der Regenwald nicht nur an der im Wanderfeldbau angewandten Brandrodung, die das Artenspektrum stark eingeschränkt hat. Auch die globale Erwärmung und das El-Nino-Phänomen setzen der grünen Lunge der Erde zu.
->   Mehr zu El Nino im science.ORF.at-Archiv
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El Nino und ENSO
Als "El Nino" (span. für "Christkind"), bezeichnet man eine in Abständen von zwei bis zehn Jahren meist zur Weihnachtszeit auftretende Klimaanomalie im tropischen Pazifik, die auf Störungen im Ozean-Atmosphäre-System zurückzuführen ist. Üblich ist auch die Abkürzung "ENSO" (für "El Niño/Southern Oscillations"). Das Hauptmerkmal ist die Verdrängung des kalten, nährstoff- und fischreichen Meerwassers vor den Küsten Perus und Ecuadors durch warmes, nährstoffarmes Meerwasser. Dies geht mit einer Veränderung der Luftdruckverteilung im Südpazifik einher ("Southern Oscillations"), bei der die Stärke des Südostpassates erheblich abnimmt.

Die Folge sind u.a. heftige Regenfälle in den sonst trockenen Gebieten im Westen Südamerikas und Trockenheit im sonst niederschlagsreichen Südostasien. Man vermutet auch weitere klimatische Auswirkungen außerhalb des Pazifiks, wie z.B. extrem kalte Winter in Nordamerika und Eurasien, extreme Dürre in der Sahelzone und Australien sowie starke Regenfälle im Westen der USA.
->   El Nino bei Wikipedia
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Untersuchung vor Ort ermöglicht kein Gesamtbild
So konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass das Blätterdach der Regenwälder während der Trockenperiode und ENSO-Phase (siehe Infobox oben) um ein Viertel zurückgeht. Bisherige Studien stützen sich jedoch zumeist auf lokale Analysen und lassen daher kein umfassendes ökologisches Bild zu:

"Der Amazonas ist schlicht weg zu groß und zu komplex, um ausschließlich am Boden untersucht zu werden. Bisher war es unmöglich, die grundlegenden Eigenschaften des Waldes, die für ein Verständnis der globalen klimatischen Vorgänge notwendig sind, zu erheben", betont der Erstautor der nun vorliegenden Studie, Gregory Asner.
Experimentelle Trockenzone geschaffen
Ein erster Schritt zur Schließung dieser Wissenslücke wurde jetzt von den US-amerikanischen und brasilianischen Forschern vollzogen. Zunächst bedeckten sie ein 10.000 Quadratmeter großes Areal im Zentrum Amazoniens mit Kunststoff und simulierten so eine "Trockenzone".

Dabei untersuchten sie unter anderem Niederschlag, Bodenfeuchte und Eigenschaften des Blätterdaches über einen Zeitraum von mehreren Monaten.
Satellitendaten mit Experiment verglichen
Diese Ergebnisse wurden dann mit den Beobachtungsdaten des Earth-Observing-1-Satelliten der NASA (EO-1) in Beziehung gesetzt, der seit November 2000 seinen Dienst im Weltraum versieht.

Die Satellitendaten wurden mit einer neuartigen Technologie, der so genannten "imaging spectroscopy" gewonnen. Diese Spektroskopie-Methode registriert die Abstrahlung von Sonnenlicht im Wellenlängen-Bereich von 400 bis 2.500 Nanometern.
->   Earth-Observing-1-Satellite (NASA)
Reflektierte Strahlung gibt Aufschluss
Asner und seine Mitarbeiter konnten zeigen, dass die Strahlungsdaten aus dem Weltraum stark mit den Werten der Bodenexperimente korrelieren.

Mit Hilfe eines geeigneten Modells ließ sich daraus eine Überblickskarte erstellen, die Aufschluss über die Verteilung von Bodentrockenheit und dehydrierten Blättern gibt.
Gesamtbild zeigt Risiko-Zonen
 
Bild: PNAS

Die Abbildung zeigt die durch Trockenstress gefährdeten Regionen im Tiefland des Amazonas im Dezember 2001. Areale mit hohem Risiko sind rot dargestellt, weniger gefährdete Gebiete blau. Die Trockenexperimente wurden an jenem Ort durchgeführt, der auf der Karte durch einen Stern gekennzeichnet ist.

Robert Czepel, science.ORF.at
->   Carnegie Institution, Department of Global Ecology
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01.01.2010