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Visualisierung der Dynamik von Wissenschaft  
  Am letzten Stand der Dinge zu sein, ist für Forscher zwar ein Gebot, wird aber immer schwieriger. Denn die Wissenschaften entwickeln sich schnell, dynamisch und nicht selten sprunghaft. Um einen Überblick über die Veränderungen in den Life Sciences zu bieten, haben US-Informatiker nun Computer-Visualisierungen der "hot topics" und ihrer Zusammenhänge in den vergangenen 20 Jahren vorgestellt.  
Mit Hilfe ihrer "Landkarten der Wissenschaft" wollen Ketan Mane und Katy Börner von der School of Library and Information Science der Indiana University Vertretern der Lebenswissenschaften ein Werkzeug in die Hand geben, das Trends besser verfolgen lässt.
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Die Studie "Mapping topics and topic bursts in PNAS" ist am 6. April 2004 als Online-Vorabpublikation in den "PNAS" (DOI: 10.1073/pnas.0307626100) erschienen.
->   Die Studie in den "PNAS"
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Grundlage: 47.000 Studien aus 20 Jahren
Die Forscher analysierten und kartografierten mit ihrer Methode den gesamten Artikelbestand der "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) von 1982 bis 2001 - insgesamt mehr als 47.000 Studien.

Sie identifizierten jene Begriffe der Artikel, die besonders häufig bzw. besonders plötzlich ("bursty words") auftraten und stellten Korrelationen zwischen ihnen her.
Auswahl der Schlüsselwörter
Um zu den wichtigsten Begriffen oder Themengebieten zu gelangen, wählten die Forscher zuerst jene zehn Prozent der Studien aus den 20 Jahren "PNAS" aus, die am häufigsten zitiert worden sind (Untergrenze: 14 Zitate).

Daraus wurden bestimmte Schlüsselwörter herausgefiltert: zum einen resultierend aus dem "Science Citation Index", mit dem das Institute for Scientific Information (ISI) in Philadelphia, den Wert des so genannten "Impact-Factors" - das Maß für die durchschnittliche Resonanz verschiedener Wissenschaftsjournale in der scientific community - errechnet; zum anderen das kontrollierte Vokabular von MEDLINE, die so genannten "MeSH terms" der amerikanischen National Library of Medicine (NLM).
->   Mehr über den "Science Citation Index" (ISI) ...
->   ... und die "MeSH terms" (NLM)
Die Top Ten der meistzitierten Begriffe
 
Grafik: PNAS

Die zehn wichtigsten und meistzitierten Wörter zwischen 1982 und 2001 waren demzufolge: 1) human, 2) animal, 3) mice, 4) molecular sequence data, 5) genes, 6) expression, 7) RNA, 8) DNA, 9) cell line, 10) cloning.

Die Abbildung oben gibt ihre Frequenz in den zehn Prozent der meistzitierten PNAS-Studien pro Jahr an.
Neue Begriffe, geringere Forschungsaktivitäten
Trends und Entwicklungen in den Lebenswissenschaften gehen aus der Grafik klar hervor. So etwa das Auftauchen neuer Begriffe ("sequence" 1987) oder das sprunghafte Ansteigen bestimmter Begriffe - z.B. "human" als Teil des "Human Genom Project", das ab 1988 das Erbgut des Menschen entschlüsselte.

Weiteres Beispiel: die Erforschung von Zelllinien ("cell line"), die bis 1991 stetig anwuchs, danach aber deutlich seltener wurde - aufgrund der zunehmenden Anwendungsorientierung dieser Forschung, wie Börner und Mane schreiben.
->   Chronologie der wichtigsten Ereignisse in der Biotechnologie
"Word bursts" und ihre Korrelationen ...
In einem zweiten Schritt wurden mit Hilfe des so genannten "Kleinberg's burst detection algorithm" jene Themen identifiziert, die in einem sehr kurzen Zeitraum enorm an Bedeutung gewannen ("word bursts").

Nachdem diese plötzlichen Top-Themen der Wissenschaft nicht unbedingt etwas mit ihrer allgemeinen Frequenz zu tun haben - so zählen "comparative study" und "dna primer", die gleich dreimal "ausbrachen", insgesamt nicht zu den meistverwendeten Begriffen - stellten die Forscher Verbindungen zwischen den Begriffen her.
... mit den meistzitierten Begriffen
 
Grafik: PNAS

Das gemeinsame Auftreten von Wörtern, die sich sowohl im Topf der meistzitierten als auch im Topf der plötzlich aktuellen Themen befanden, führte dann zu Korrelationen. Diese sind in Abbildung 2 grafisch dargestellt.

Begriffe wie "human" oder "DNA" sind auf der Landkarte nicht abgebildet, da sie nicht zu den "word bursts" zählen. Die Größe der Kreise gibt die Stärke dieser "bursts" an, die Farben ihren Zeitraum.
Vier Hauptforschungsbereiche abgebildet
Bei der Interpretation dieser Grafik raten Börner und Mane selbstbescheiden zur Vorsicht. Sechs von ihnen befragte Biologen haben aber dennoch eine Bewertung vorgenommen. Ihnen zufolge bilde die Landkarte Wachstum und Diversifikation der Biologie in den vergangenen 20 Jahren anschaulich ab.

Vier Hauptforschungsbereiche würden dadurch zum Ausdruck gebracht: Genforschung (links oben), Proteinforschung (rechts oben), Krebsforschung (rechts unten) und molekulare Sequenzforschung (links unten).
Überblick über neue Forschungstrends
Mit den neuen Visualisierungen sei ein neues Werkzeug geschaffen, das Wissenschaftlern, Unternehmen und Förderinstitutionen den Überblick über neue Forschungstrends, aber auch -barrieren ermögliche, so Börner und Mane abschließend.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at
->   School of Library and Information Science, Indiana University
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01.01.2010