News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Ostereier & Co: Die Wissenschaft vom richtigen Kochen  
  Kochen, braten, backen und dünsten als Zubereitungsarten von Nahrungsmitteln gehören für die meisten wohl in die Küche. Doch es sind allesamt auch Beispiele für angewandte Physik. Werner Gruber vom Institut für Experimentalphysik der Universität Wien beschäftigt sich im Rahmen der Reihe "University meets Public" mit der Synthese von wissenschaftlichen Erkenntnissen und kulinarischem Forscherdrang. Dabei lässt sich etwa lernen, wie man zum perfekten Osterei kommt.  
Kulinarische Physik
Bild: Werner Gruber
Von Werner Gruber

Ein neuer Wissenschaftszweig ist im Erwachen. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass die Zubereitung der Nahrung im Fokus der Wissenschaft steht.

In der Vergangenheit beschäftigten sich auch viele Physiker mit dem Kochen. So entwickelte Dennis Papin den Druckkochtopf, um Knochen weich zu kochen. Dieses Experiment misslang, aber die Grundbausteine der Wärmelehre waren damit gelegt.

Beim Kochen geht es zu einem wesentlichen Teil um das Erwärmen von Speisen. Was liegt näher die Thermodynamik - die Lehre von der Wärme - und das Kochen zu verbinden?
...
Warum das Milchhäubchen auf der Melange?
Wahrscheinlich hatte einmal ein Ober diese wunderbare Idee, um mehr Kaffee zu verkaufen. Aber es gibt auch einen physikalischen Hintergrund. Die Luftblasen in dem Milchhäubchen wirken wie thermische Isolatoren. Die Wärme kann - genauso wie beim Styropor - nicht durch das Milchhäubchen. Dadurch bleibt der Kaffee länger warm. Man könnte vermuten, dass dieser Effekt nicht von großer Bedeutung ist. Aber exakte Messungen haben ergeben, dass der Temperaturunterschied nach 20 Minuten sechs Grad Celsius beträgt. Diese sechs Grad Celsius entscheiden zwischen gerade noch warm oder angenehm warm. Durch die physikalische Fragestellung ist es möglich, Altbekanntes zu erklären oder auch zu widerlegen und Neues zu entwickeln.
...
Wissenschaft und Kochen
Bild: Werner Gruber
Das "Guglhupfproblem": Warum sind die Rosinen nicht verteilt?
Was hat die Wissenschaft mit dem Kochen zu tun? Sehr viel. In beiden Bereichen werden Hypothesen aufgestellt. "Wie würde dieses oder jenes schmecken, wenn man dieses oder jenes dazugeben würde?", wäre eine Hypothese.

Das alleine ist noch keine Wissenschaft. Wichtig ist auch noch das Experiment. Man muss seine Hypothese überprüfen.

Jeder, der kocht, kann die Hypothesen auch überprüfen. Danach sollte auch ein Messprotokoll angefertigt werden, in dem die Bestätigung oder auch die Widerlegung der Hypothese niedergeschrieben wird. Dadurch muss man den selben Fehler nicht mehr machen.
Exakte Begriffe in Wissenschaft und Kochkunst
Die Wissenschaft verwendet sehr exakte Begriffe - dadurch weiß jeder was gemeint ist. Leider wird das in der Kochkunst nicht so gehandhabt. "Man verwende einen Teelöffel hiervon, rühre es langsam unter jenes und backe es bei geringer Temperatur für kurze Zeit", könnte ein einfaches Rezept sein.

Dabei stellen sich für einen Wissenschaftler mehrere Fragen: Sind alle Teelöffel gleich groß? Oder: Was heiß für kurze Zeit - eine Minute, fünf Minuten oder gar 15 Minuten? Natürlich weiß man, wie man das Rezept zuzubereiten hat, wenn man schon alle Fehler gemacht hat. Und dann funktioniert es perfekt.

Zur Lösung des Teelöffelproblems: In den guten Kochbüchern findet sich im Anhang, welche Menge gemeint ist, wenn man von einer Messerspitze oder einem Teelöffel spricht.
...
"University meets Public" in science.ORF.at
Das Kooperationsprojekt "University meets Public" zwischen dem Verband Wiener Volksbildung und der Universität Wien gibt es seit fünf Jahren. Nach dem Motto "leicht verständlich, unabhängig von Vorbildung und ohne finanzielle Barrieren" werden auch in diesem Semester eine Reihe von Vorträgen und Veranstaltungen angeboten. science.ORF.at stellt einige der Inhalte in Form von Gastbeiträgen vor.

Vortrag von Michael Gruber: drei Abende, ab 14.4.04, jeweils Mittwochs, 18.00 - 20.00 Uhr
Ort: Volkshochschule Meidling, Längenfeldgasse 13-15, 1120 Wien
->   "University meets Public"
...
Beispiel Spinat: Gesund für Kinder?
Bild: Werner Gruber
Werner Grubers Formel für die perfekte Weihnachtsgans.
Es gibt viele Meinungen zur Zubereitung von Nahrungsmitteln. Diese Meinungen haben uns unsere Mütter und Väter vermittelt - und meist haben wir diese Meinungen ohne Kritik akzeptiert.

Spinat ist gesund, weil es viele Vitamine enthält, könnte eine solche Meinung sein. Die Wissenschaft konnte aber zeigen, dass Spinat für Kinder krebserregend ist. Spinat hat einen hohen Anteil von Nitrite. Diese Nitrite selbst sind krebserregend.
Viele Aufgaben für die kulinarische Physik
Für Erwachsene besteht keine Gefahr, denn wir haben ein Enzym, das die Nitrite umwandelt und die Gesundheitsbelastung vermeidet. Aber Kinder bis zum 6. Lebensjahr besitzen dieses Enzym noch nicht - für sie ist Spinat krebserregend. Es gibt noch viele Meinungen, die bisher noch nicht überprüft wurden - viele Aufgaben für die kulinarische Physik.
Kochen - Für Verdauung und Geschmack
Das Kochen hat zwei wichtige Aufgaben:
1.) Die Nahrungsmittel sollen durch das Kochen leichter verdaulich gemacht werden.
2.) Den Nahrungsmitteln soll Geschmack verliehen werden.
Warum man Fleisch hart kocht
Bild: Werner Gruber
Warum schmecken Frankfurter beim Würstelstand besser als daheim?
Beim ersten Punkt denkt man automatisch an das "Weichkochen von Fleisch". Aber auch diese Meinung ist nur ein Vorurteil. Fleisch ist weich - es muss nicht mehr weichgekocht werden. Durch das Kochen soll das Fleisch hart werden.

Ungekochtes Fleisch lässt sich sehr schwer kauen - es hat die Konsistenz von Kaugummi. Erst wenn es fest oder hart ist, können sich die Zähne darin vergraben. Es werden bei diesem Vorurteil die Begriffe "hart" und "zäh" verwechselt.

Natürlich soll zähes Fleisch mürbe gekocht werden. Dazu gibt es dann mehrere Möglichkeiten: durch die Wärmeleitung, die Konvektion oder auch durch die Wärmestrahlung - alles Begriffe aus der Physik.
Wie kommt man zum perfekten Ei?
 
Bild: Werner Gruber

Ein Blick in das Labor: Mit Sensoren im Ei wird erforscht, wie sich die Temperatur im Verlauf der Zeit verändert. So kommt man zu einem perfekten Frühstücksei.

Es gibt viele Vorurteile zum Kochen, sorgen wir dafür, dass es Urteile werden. Damit können wir uns manche Mühen ersparen, bessere Speisen zubereiten und manchen Misserfolg vermeiden.
...
Informationen zum Autor Werner Gruber
Werner Gruber, geb. 1970, Studium der Physik, Promotion am Institut für Experimentalphysik der Universität Wien, seit 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter. Arbeitsgebiet ist die Neurophysik und Lehramtsausbildung, Hobby: Kochen und Essen.
->   Homepage "Kulinarische Physik" (Uni Wien)
...
"University meets Public" in science.ORF.at:
->   Statistik: Der (falsche) Umgang mit den Zahlen (7.4.04)
->   Michael Ley: Das Ende des europäischen Nationalismus (9.3.04)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010