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Historiker: Päpste wussten genau um Nazi-Politik  
  Die Päpste Pius XI. (1922-39) und Pius XII. (1939-58) waren laut einer neuen Publikation über die totalitäre, antikirchliche und antisemitische Politik des deutschen Nationalsozialismus stets genau informiert.  
Das geht laut Kathpress aus bisher nicht veröffentlichtem Aktenmaterial des vatikanischen Staatssekretariats hervor, das der Historiker und Jesuit Giovanni Sale in einem Buch zusammengestellt und analysiert hat. Das Buch "Hitler, la Santa Sede e gli Ebrei" (Hitler, der Heilige Stuhl und die Juden) ist dieser Tage im Mailänder Verlag "Jaca Book" erschienen.
->   Mehr über das Buch ("Jaca Book")
Keine Illusionen des Vatikans
Der Vatikan habe Hitler und den Nationalsozialismus in der gesamten Ära des "Dritten Reichs" als Gegner betrachtet, unterstreicht Sale, Redakteur der Jesuitenzeitschrift "La Civilta' Cattolica". Er veröffentlicht unter anderem 80 Nuntiaturberichte aus München und Berlin an das Staatssekretariat unter Kardinal Eugenio Pacelli (dem späteren Papst Pius XII.) aus der Zeit von 1930 bis 1938.

Der Vatikan hat sich demnach zu keinem Zeitpunkt nach der Machtergreifung Hitlers 1933 der Illusion hingegeben, die Nazis könnten eventuell Verbündete der Kirche bei der Abwehr der bolschewistischen Bedrohung sein.
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Gesperrte Akten seit dem Vorjahr frei
Erst im Februar vergangenen Jahres wurden auf Anordnung von Papst Johannes Paul II. die bis dahin gesperrten Akten des Staatssekretariats für die Zeit bis 1939 der Wissenschaft zugänglich gemacht.
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Kirchenverträge 1933
Die deutschen katholischen Bischöfe hatten 1933 auf vatikanische Weisung das Verbot der NSDAP-Mitgliedschaft für Gläubige aufgehoben, nachdem sich Hitler zur Geltung der Kirchenverträge bekannt hatte.
Hoffen auf gemäßigtere Politik, langes Abwarten
Die von Sale ausgewerteten Berichte zeigen, dass der Apostolische Nuntius in Berlin, Cesare Orsenigo, nach Abschluss des Reichskonkordats noch eine Zeit lang glaubte, Hitler könnte nach einer Festigung seiner Macht den Weg einer gemäßigteren Politik einschlagen. Zudem überschätzte Orsenigo zu Beginn der dreißiger Jahre offenbar die Anfälligkeit der deutschen Katholiken für den Nationalsozialismus.

Beides trug dazu bei, dass der Vatikan anfangs eine vorsichtig abwartende Haltung gegenüber den Nazis einnahm und erst 1937 mit der Enzyklika "Mit brennender Sorge" die offene Auseinandersetzung wagte.
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01.01.2010