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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Winzige Kunststoffteilchen sammeln sich in den Meeren  
  Eine unüberschaubare Anzahl an Gegenständen wird heutzutage aus Kunststoff hergestellt. Nicht wenig landet kurz darauf gleich wieder im Müll. Und mittlerweile findet sich dieser Plastikabfall auch überall in den Weltmeeren, wie nun Forscher in einer Studie festgestellt haben. Vor allem winzige Plastikfragmente haben sich demnach in den vergangenen 40 Jahren stetig in der Natur angereichert und kontaminieren heute fast alle marinen Lebensräume - zu finden an den Stränden ebenso wie in den Ozeanen.  
Die daraus erwachsenden Konsequenzen für die Umwelt sind aber nach wie vor unbekannt, wie die Wissenschaftler um Richard Thompson von der britischen University of Plymouth im Fachmagazin "Science" feststellen.
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Die Studie erscheint unter dem Titel "Lost at Sea: Where Is All the Plastic?" in "Science", Bd. 304, Seite 838, Ausgabe vom 7. Mai 2004.
->   Der Artikel in "Science" (kostenpflichtig)
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"Wo ist all das Plastik?"
Bild: Richard Charles Thompson
"Millionen von Tonnen Plastik werden jährlich produziert", schreiben die Wissenschaftler in "Science". Ihre Frage - im Titel formuliert - lautet denn auch: Wo ist all das Plastik? Die Antwort: Ein beträchtlicher Teil der Kunststoff-Gegenstände und Reste findet sich nach einiger Zeit in den Ozeanen wieder.

Zahllose große Gegenstände aus Plastik häufen sich demnach weltweit in den marinen Lebensräumen an, wie die Forscher weiter berichten. Und sie könnten dort über Jahrhunderte hinweg verbleiben.

Bild rechts: Große, intakte Gegenstände aus Kunststoff (wie etwa Plastikflaschen) finden sich weltweit an den Stränden ebenso wie kleine Fragmente. Das Bild zeigt einen Strandausschnitt in Europa.
Winzige Plastikfragmente durch Zerfall
Weniger Aufmerksamkeit sei jedoch bislang den kleinen Plastikfragmenten geschenkt worden, heißt es in "Science". Auf die Suche nach genau solchen winzigen Kunststoffresten machten sich nun die Wissenschaftler um Richard Thompson.
Vom Raketenteil bis zur Plastikflasche
 
Bilder: Richard Charles Thompson

Bild links: Teil einer Rakete an einem Uferstück der Karibikinsel St. Lucia, ein allerdings eher ungewöhnlicher Kunststofffund. Bild Mitte: Plastikflaschen und Kokosnuss, ebenfalls St. Lucia. Bild rechts: Plastikmüll auf den Azoren.
Mikro-Fragmente in den Proben
Laut Studie konnten die Forscher mikroskopische Fragmente aus Nylon, Polyester und sieben anderen Arten von Kunststoff in Sedimentproben aus dem Atlantik identifizieren.

Entstanden sind diese winzigen Reste wohl durch den allmählichen Zerfall größerer Objekte wie aus Kunststoffen bzw. synthetischen Polymeren hergestellte Kleidung, Verpackungsmaterial und Seile.
Deutliche Zunahme seit den 1960ern
Eine Untersuchung von Planktonproben, die seit den 1960er Jahren in britischen Gewässern bzw. auf einer Route Richtung Island routinemäßig gesammelt wurden, ergab zudem eine deutliche Zunahme solcher Plastikfragmente im Laufe dieser rund 40 Jahre.

Die Forscher glauben, dass die von ihnen identifizierten winzigen Kunststoffreste nur einen kleinen Teil jener Fragmente in der Umwelt darstellen: "Nun werden Methoden benötigt, um das volle Spektrum des vorhandenen Materials zu quantifizieren."
Kleinstlebewesen schlucken Plastikfragmente
Bild: Science
Sorge bereitet den Wissenschaftlern dabei vor allem die - nach wie vor offene - Frage nach den Auswirkungen dieser "Winzlinge" auf die Umwelt. Dass größere Kunststoffgegenstände - etwa Plastiksackerl - bei Vöglen, Fischen und Säugetieren zu einem qualvollen Tod führen können, wurde bereits dokumentiert.

Um nun das Potenzial der kleinen Fragmente zu testen, führten sie ein Laborexperiment mit diversen marinen Kleinstlebewesen durch: Diese wurden in Aquarien mit kleinen Mengen der Kunststoffteilchen gehalten - und hatten nach wenigen Tagen die Kunststofffragmente aufgenommen.
Bild rechts: Mikroskopisch kleines Plastikfragment im Verdauungstrakt eines Amphipoden Orchestia gammarellus.
Ausblick: Fast überall und immer mehr
"Unsere Ergebnisse demonstrieren das breite räumliche Ausmaß und die Anhäufung dieser Art von Verschmutzung", heißt es abschließend in "Science". Mit Verweis auf die rapide Zunahme der Produktion von Gegenständen aus Kunststoff sowie den eher kurzlebigen Umgang mit diesen gehen die Forscher zudem von einer weiteren Zunahme aus.
Sie fordern daher mehr Studien zu den Folgen für Umwelt und Gesundheit, denn - wie sie ebenfalls schreiben - es müsste etwa geklärt werden, ob toxische Substanzen auf diesem Wege in die Nahrungskette gelangen könnten.
->   Marine Biology and Ecology Research Group der University of Plymouth
->   Alles zum Stichwort Umwelt in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010