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Beginn der Konferenz über Rote Armee in Österreich  
  In der Moskauer Akademie der Wissenschaften ist am Donnerstagvormittag eine Internationale Konferenz zum Thema "Die Rote Armee in Österreich 1945-1955" eröffnet worden.  
Der Initiator der Veranstaltung, der Grazer Historiker Stefan Karner, unterstrich in seinen Grußworten die Bedeutung dieser ersten österreichisch-russischen Tagung, die der erste Schritt einer umfassenden Zusammenarbeit zwischen Historikern und Archivaren der beiden Länder sei.
Neue Qualität der bilateralen Beziehungen
"Hinsichtlich der Breite, Tiefe und Komplexität des Themas wird 50 Jahre nach Abschluss des Staatsvertrages und 60 Jahre nach der Befreiung eines großen Teiles von Österreich eine neue Tür in den bilateralen Beziehungen aufgestoßen", so Karner.
Ambivalenz der Roten Armee
Der österreichische Botschafter in Moskau, Martin Vukovich, betonte in seinem Eröffnungsreferat die Ambivalenz, welche die sowjetische Besatzungszeit innerhalb der österreichischen Bevölkerung hervorgerufen habe: "Der Vorstoß der Roten Armee auf österreichisches Gebiet im März und April 1945 hatte einen befreienden Effekt, da dieser der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich ein Ende setzte. Gleichzeitig muss aber auch gesagt werden, dass viele Österreicher vor der Roten Armee Angst hatten. Viele Österreicher (...) sind Anfang 1945 nach Westösterreich ausgewichen und haben lieber dort das Ende des Zweiten Weltkriegs abgewartet."

Vukovich unterstrich jedoch auch ein "akzeptables menschliches Verhältnis", welches sich in der Besatzungszeit zwischen den Soldaten der Sowjetarmee und der österreichischen Bevölkerung entwickelt habe.
Historischer Blick nach Westen
Emil Brix, der Leiter der Sektion Kultur im österreichischen Außenministerium, hob den symbolischen Wert des Symposiums hervor und warf dabei zwei Fragen auf: Hat in Österreich bis zum Zerfall des kommunistischen Systems der (historische) Blick in den Westen dominiert? Brix beantwortete diese Frage selber mit einem eindeutigen "Ja".

Es gelte somit für die österreichische Geschichtsschreibung, mehr und mehr den Blick gegen Osten zu wenden. Die mehr als ein Jahrzehnt dauernden Forschungen des Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung hätten diesbezüglich einen großen Beitrag geleistet.
Nicht zuviel, aber zu ungleich betrachtete Geschichte
Die zweite Frage von Brix war, ob wir es heutzutage mit zu viel Geschichte zu tun hätten. Auch hier wartete der Kulturchef des Ballhausplatzes gleich mit einer eigenen Antwort auf: "Zu viel Geschichte nicht, doch eine zu ungleichmäßig betrachtete Geschichte."

Brix führte weiter aus, dass die Beziehungen Österreichs zur Sowjetunion während der Besatzungsphase in der Vergangenheit immer nur als Vorgeschichte zum Staatsvertrag sowie zur heißen Phase des Kalten Krieges gesehen worden seien.

Doch müsse man "diese zehn Jahre als Teil der österreichischen Geschichte sehen." Er schloss mit den Worten, dass Geschichte eine "transnationale Brücke" sein könne, das sich in den Beziehungen zwischen Österreich und Russland bewahrheiten könne.
Heute gute bilateralen Beziehungen
Auf russischer Seite wurde das Eröffnungsreferat von Sergej Smirnow, dem für Österreich zuständigen Beamten im russischen Außenministerium, gehalten. Smirnow unterstrich die guten bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern: "Unsere beiden Staaten sind zu Partnern geworden in einem neuen Europa."

Der Leiter der Vierten Europäischen Abteilung im Moskauer Außenamt untermauerte seine These mit politischen Beispielen aus der jüngsten Vergangenheit: So habe es Treffen auf höchster politischer Ebene gegeben, einen aktiven diplomatischen Dialog sowie eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Bekämpfung des internationalen Terrorismus.

Das im April letzten Jahres vorgestellte Projekt einer von einer gemeinsamen Expertengruppe durchgeführten historischen Aufarbeitung der Besatzungszeit in Österreich habe in der russischen Öffentlichkeit eine große Resonanz gefunden, sagte Smirnow abschließend.
->   Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung (BIK)
 
 
 
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01.01.2010