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Genaueste Datierung der Erdzeitalter  
  Die Einteilung geschichtlicher Zeitalter beruht auf Konventionen, ihre Anfangs- und Endpunkte sollen eindeutig und sinnvoll sein: Bei der Entdeckung Amerikas 1492 als Beginn der Neuzeit ist dies wohl unumstritten der Fall. Weit schwieriger gestalten sich die Versuche, die Geschichte der Erde in Perioden zu fassen. Forscher in aller Welt identifizieren nun Orte und Ereignisse, die als weltweit verbindliche Bezugspunkte gelten können - ihre Arbeit hat zur bisher genauesten Datierung der Erdzeitalter geführt.  
Komplett überarbeitete geologische Zeitachse
Alleine die verschiedenen Ansichten über das exakte Ende des Jura differierten um 30 Millionen Jahre, seit es erstmals in den 1930er Jahren datiert worden war. Zum ersten Mal seit 15 Jahren, so berichtet der Autor John Whitfield in der jüngsten Ausgabe von "Nature", wird in diesem Sommer eine komplett überarbeitete geologische Zeitachse vorgestellt.
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Der Artikel "Time Lords" ist in "Nature"(Bd. 429, S. 124, Ausgabe vom 13. Mai 2004) erschienen.
->   Zum Artikel in "Nature" (kostenpflichtig)
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Definition der Zeitalter-Grenzen
Es gibt eine Reihe von Ereignissen, die üblicherweise die Grenzen von Zeitaltern definieren: etwa das Auftauchen bestimmter Fossilien oder die Umkehr des Erdmagnetfelds. Wurden sie einmal als solche identifiziert, geht es dann um ihre genauest mögliche Datierung.

Stratigrafen untersuchen und betrachten dabei die zeitliche Bildungsfolge von Gesteinen mit ihren anorganischen und organischen Merkmalen und Inhalten (z.B. Sedimenten und Fossilien): bei ungestörter Lagerung gelten die tieferliegenden Gesteinsschichten älter als die höherliegenden.
Unklarheiten im Weltmaßstab
Da die Geologen in den verschiedenen Teilen der Welt aber unterschiedliche Gesteinsformationen als Maßstab verwenden, kommt es zu entsprechenden Unklarheiten bei der exakten Datierung.
GSSPs: Global einheitliche Bezugspunkte
Um diese Verwirrung zu lösen, setzen die Stratigrafen nun auf weltweit einheitliche Bezugspunkte - auf die so genannten "global standard stratotype-section and points" (GSSPs).

Dabei handelt es sich um Orte, an denen gute Beispiele für ein weltweites Ereignis gefunden wurden. Diese Orte werden von der International Commission on Stratigraphy (ICS) vorgeschlagen und dann von der International Union of Geological Sciences (IUGS) angenommen.
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Publikation
Das Buch "A Geologic Time Scale 2004" von Felix Gradstein, Jim Ogg und Alan Smith erscheint im Sommer dieses Jahres.
->   Mehr über das Buch (Cambridge Univ. Press)
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Beispiel Silur-Devon-Grenze
Der erste GSSP wurde 1972 nahe der tschechischen Stadt Klonk identifiziert: Die dort entdeckten Fossilien eines ausgestorbenen Wirbellosen markieren die Grenze vom Silur zum Devon.
->   Mehr über die Silur-Devon-Grenze
Trias-Beginn verknüpft mit China-Fundstätte
Bild: Nature
Wie "Nature" berichtet, gibt es 91 potenzielle GSSPs, erst 50 davon sind eindeutig mit einer geologischen Fundstätte verknüpft. Bei der besonders umstrittenen Frage, welche die Grenze vom Perm zum Trias betrifft (199,6 Mio. Jahre), hat sich nach jahrelanger Diskussion eine Stelle in der chinesischen Provinz Zejiang durchgesetzt.

Die Verantwortlichen seien dadurch so beeindruckt gewesen, dass sie ein sechs Meter hohes Denkmal errichten haben (siehe Abbildung rechts).
Genauest mögliche Datierung des Neogens
 
Grafik: Nature

Teil 1 der neu errechneten Erd-Zeitachse

Mindestens ebenso wichtig wie globale Standards für die Zeitgrenzen ist die genaue Datierung dieser Grenze selbst. Für die erdgeschichtlich jüngste Periode habe man in den vergangenen Jahren verstärkt zu der Methode der Gesteinsbestimmung durch astronomische Ereignisse gegriffen.

Damit sei etwa das Neogen - seit kürzerem gemeinsam mit dem Paläogen anstatt des früher üblichen Begriffes "Tertiär" verwendet - mit bisher ungekannter Genauigkeit datiert worden. Und zwar mit 23,03 Millionen Jahren (plus/minus 40.000 Jahre) - ein Meilenstein, "von dem jeder Geologe begeistert sein sollte", so Felix Gradstein von der Universität Oslo und ICS-Vorsitzender.
Zeitgrenzen auch im Präkambrium identifiziert
 
Grafik: Nature

Teil 2 der neu errechneten Erd-Zeitachse

Je weiter die geologischen Zeitalter zurück liegen, umso schwieriger ist das Auffinden eines GSSPs.

Aber auch hier machen die Forscher Fortschritte: So wurden im März dieses Jahres Gesteinsformationen im australischen Flinders Ranges als Markierung einer präkambrischen Periode vor 600 Millionen Jahren identifiziert.

Das Ziel der Forscher: Bis spätestens 2008 soll die gesamte geologische Zeitachse bis 600 Mio. Jahre vor unserer Zeit einen globalen Referenzpunkt erhalten. Spätestens dann soll auch eine Neuversion des kommenden Standardwerks erscheinen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at
->   "A Geologic Time Scale 2004" (pdf-Datei)
->   International Union of Geological Sciences
->   ICS
->   Geologische Zeitskala (Wikipedia)
 
 
 
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01.01.2010