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Gigantische "Schlange" erzeugt in Schottland Strom  
  Eine gewaltige Schlange schwimmt in den schottischen Gewässern vor Edinburgh. Das 120 Meter lange und 750 Tonnen schwere Geschöpf misst 3,5 Meter im Durchmesser und schlingert auf der Meeresoberfläche, fünf bis zehn Kilometer vor der Küste. Keine Cousine des Ungeheuers von Loch Ness, sondern eine von Menschenhand gefertigte Maschine: "Pelamis" (griechisch "Seeschlange") heißt der Prototyp des ersten kommerziell betriebenen Meereswellenkraftwerks der Welt, das in diesem Sommer ans Netz gehen soll.  
Die im Wasser schwimmende Anlage nutzt die Kraft des Wellengangs - eine neue Form der Energieausbeute.
Vier Zylinder mit Gelenken verbunden
Scharniergelenke verbinden vier Zylinder des Kraftwerks. "Es würde selbst einem Jahrhundertsturm standhalten", meint der Geschäftsführer der Betreiberfirma Ocean Power Delivery, Richard Yemm.

Die bereits durch leichten Wellengang erzeugte Bewegung der Gelenke pumpt Öl mit Hochdruck und treibt Generatoren an. Der so erzeugte Strom wird über ein Kabel zum Festland geleitet.
->   Darstellung von "Pelamis" in Aktion (www.oceanpd.com)
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Noch liegen die Kosten bei rund zehn Cent
750 Kilowatt leistet die "Seeschlange" nach Firmenangaben, noch liegen die Kosten pro Kilowattstunde bei rund zehn Cent. Innerhalb von zehn Jahren soll sich der Preis jedoch mehr als halbieren und dem preislichen Niveau von Gas und Kohle (ca. vier Cent) angleichen. Eine "Wellenfarm" von einem Quadratkilometer auf dem Ozean könne 20.000 britische Haushalte mit Strom versorgen.
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"Ozeane beherbergen große Energiequellen"

"Die Ozeane beherbergen große Energiequellen unterschiedlicher Art", erläuterte die portugiesische Expertin Teresa Pontes kürzlich auf der Konferenz für marine Wissenschaften (EurOCEAN) im irischen Galway.

Am weitesten entwickelt seien Techniken zur Nutzung von Gezeitenenergie, von Wärmeenergie des Ozeans sowie von Meeresströmungen und Wellen. Die beiden letzteren hätten die besten Aussichten, kurz- bis mittelfristig wettbewerbsfähig zu werden.

Rechts im Bild ein Modell von "Pelamis".
Beispiel "Seaflow": Erster Unterwasserrotor
Mehr als 500 Kilometer südlich von Edinburgh kreist im 20 Meter tiefen Wasser des Bristol Channel ein elf Meter großer Rotor gemächlich in der Strömung der Gezeiten. An der Westküste Großbritanniens haben Forscher die Windenergietechnik sprichwörtlich auf den Kopf gestellt:

"Seaflow" ist der Prototyp des ersten Unterwasserrotors und kommt auf eine Leistung von rund 300 Kilowatt.
Unabhängig vom Wetter
Ohne die Fortschritte in der Nutzung der Windenergie wäre das nicht möglich gewesen, betont Jochen Bard vom Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) in Kassel.

Das Institut ist an dem sechs Millionen Euro teuren, von der britischen und der deutschen Regierung sowie der EU geförderten Gemeinschaftsprojekt beteiligt.

Vorteile der Technik: Die Unterwasseranlagen sind unabhängig vom Wetter und ihr Ertrag lässt sich gut vorausberechnen.
Neue Anlage für 2005 geplant
Bard: "Solange sich die Erde dreht und der Mond sie umkreist, ist diese Energie sicher." Ende 2005 soll eine neue Anlage mit einer Leistung von 1,2 Megawatt vor der Küste Nordirlands in Betrieb gehen.

Nach Schätzungen der "Seaflow"-Betreiberfirma Marine Current Turbines (MCT) könnten Unterwasserrotoren 20 bis 30 Prozent des Strombedarfs in Großbritannien decken.
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"Wave Dragon": Weiterer Prototyp eines Wellenkraftwerks
In Dänemark wurde Anfang März 2003 der 237 Tonnen schwere Prototyp eines neuartigen Wellenkraftwerks zu Wasser gelassen. Dabei handelt es sich um ein Modell des "Wave Dragon" im Maßstab 1:4,5. In Originalgröße soll der Wave Dragon bei einem Gesamtgewicht von 21.750 Tonnen eine Energie von vier Megawattstunden gewinnen.

Die langfristige Planung sieht vor, mehrere Wellenkraftwerke vom Typ Wave Dragon zu großen Parks zusammenzufassen, welche in mehr als 25 Kilometer Entfernung von der Küste Wellenenergie in Strom umwandeln und per Kabel an das Stromnetz am Festland abgeben.
->   Mehr dazu: Artikel vom 11. März 2003
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Umstritten: Gezeitenkraftwerke
Energieexperte Sven Teske von Greenpeace Deutschland sieht die Pilotanlage als logische Weiterführung der Idee der Windenergienutzung. Es müsse aber sichergestellt werden, dass sich Meeressäuger wie Wale und Robben nicht verletzten.

Als heftige Eingriffe in die Natur sieht Teske allerdings die so genannten Gezeitenkraftwerke, die vor allem an Meeresbuchten und Mündungsbereichen mit einem mehrere Meter hohen Tidenhub durch Ebbe und Flut aufgebaut werden. Das Wasser fließt durch Turbinen und erzeugt so Strom.
Weitere Anlagen sind geplant
An der Mündung des französischen Flusses Rance in der Bretagne ist seit 1967 das erste Gezeitenkraftwerk am Netz. Der dortige Tidenhub erreicht bis zu 14 Meter und lässt die 24 Turbinen jährlich rund 600 Millionen Kilowattstunden produzieren.

Noch ist die Zahl der weltweit weniger als zehn Gezeitenkraftwerke überschaubar. Für die Zukunft sind jedoch weitere Anlagen mit teils gigantischer Leistung geplant. An der Fundy-Bay in Neuschottland (Kanada) wird seit langem der Bau eines Gezeitenkraftwerk von fünf Gigawatt Leistung erwogen.
Meeresenergie für fünf Prozent des Energiebedarfs?
Nach Angaben des Forschungsverbundes Sonnenenergie wäre es durch verschiedene Formen von Meeresenergien möglich, rund fünf Prozent des globalen Energiebedarfs zu decken.

Daniel Plato, dpa
science.ORF.at
->   Info zu "Pelamis" (www.oceanpd.com)
->   Marine Current Turbines
->   ISET an der Universität Kassel
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01.01.2010