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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Weniger Sonnenlicht: Die Welt wird immer dunkler  
  Zunehmender Ausstoß von Treibhausgasen, globale Erderwärmung - alles kein Problem? Im komplexen Zusammenspiel zahlreicher Faktoren, die zum "Weltklima" führen, machen australische Forscher nun auf ein Phänomen aufmerksam, das bereits in den 1980er Jahren erstmals beobachtet wurde: Die Welt wird immer dunkler. Dafür verantwortlich sind winzige Teilchen in der Luft und immer mehr Wolken, die das Sonnenlicht abhalten. Nebeneffekt: Die Folgen des Treibhauseffekts werden reduziert.  
Das ist zumindest der Schluss eines Teams um Michael Roderick von der Australian National University in Canberra. Sie präsentierten ihre jüngsten Forschungsergebnisse zum "global dimming" bei der gemeinsamen Tagung der kanadischen und amerikanischen Gesellschaften für Geologie in Montreal, wie die Internetseite von "Nature" berichtet.
->   Joint Assembly of the American and Canadian Geophysical Unions
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Der Abstract des Vortrags ist unter dem Titel "Global Dimming, Diffuse Light and Photosynthesis" auf der Website der Tagung erschienen.
->   Der Abstract
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Mehr Wolken und mehr Aerosole
Erstmals berichtete von dem Phänomen globaler Verfinsterung der heute an der ETH Zürich tätige Umweltforscher Atsumu Ohmura im Jahr 1985. Ursache dieses "global dimming": Die Wolkendecke wird dichter, immer mehr Teilchen - die so genannten Aerosole - verdunkeln die Atmosphäre, weshalb immer weniger Sonnenstrahlung auf die Erde eintrifft.
Bis zu vier Prozent weniger Sonne pro Jahrzehnt
Das Phänomen an sich wurde laut "Nature" in den vergangenen Jahren von der Fachwelt in relativer Stille diskutiert. Die Fakten seien aber eindeutig: Seit den 1950er Jahren sei pro Dekade ein Rückgang von zwei bis vier Prozent an direkter Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfläche gemessen worden.
Ein globales Phänomen
War bislang umstritten, ob sich diese Beobachtung vielleicht nur auf die nördliche Hemisphäre bezog, so sagen die australischen Forscher nun mit Sicherheit, dass sich die Effekte auch im Süden nachweisen lassen.

Nach ihren Angaben sind die Verdunstungsraten in den vergangenen 30 Jahren auf dem fünften Kontinent signifikant gesunken: ein klares Zeichen dafür, dass weniger Wärmestrahlung die Erdoberfläche erreiche - und dass es sich bei der Verfinsterung tatsächlich um ein globales Phänomen handle.
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Aerosole
Aerosole sind mikroskopisch kleine Partikel von Schadstoffen fester oder flüssiger Beschaffenheit wie Ruß, Salze, Staub und anderen Nebenprodukte der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der Vegetation.
->   Mehr dazu in: Aerosole - "Megamoleküle" durch Sonnenlicht (17.3.04)
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Australien wird feuchter
Mit ihren Thesen liegen die australischen Forscher nicht im Trend ihrer meisten Kollegen: Deren Ansicht nach trocknet Australien aufgrund der Klimaerwärmung aus. Laut Roderick ist das Gegenteil der Fall, wird Australien eher feuchter.
Abhalten der Sonnenstrahlen
Er hält "global dimming" für eine Art negativer Feedbackschleife, die der Atmosphäre eine Selbstregulation erlaubt. Das Verbrennen von Kohle und Öl führe nicht nur zu einem Anstieg des Kohlendioxid-Gehalts in der Atmosphäre, sondern auch zu signifikant mehr Aerosolen in der Luft.

Zugleich führen die höheren Temperaturen zu mehr Wolkenbildung - gemeinsam mit den Teilchen in der Luft halten sie die Sonnenstrahlen ab.
Ankurbeln der Photosynthese, mehr CO2-Speicherung
Das Licht falle zudem gestreut und nicht mehr direkt auf die Erde, was der Fähigkeit der Pflanzen, CO2 zu absorbieren, entgegen komme. Dadurch könnte der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre auf einem gleichen Niveau gehalten werden, argumentiert Roderick.

"Diffuses Licht ist wie, wenn man Pflanzen mit Steroiden versetzt", zieht Roderick einen drastischen Vergleich. Es hüllt sie sozusagen von allen Seiten ein, statt sie nur auf der Oberfläche zu treffen. Selbst wenn die Gesamtmenge an Licht geringer sei als zuvor, werde die Photosynthese dadurch so stark angekurbelt, dass mehr CO2 aus der Atmosphäre absorbiert werden kann.

Weniger erfreulicher Nebensatz: Die "einzigen" Pflanzen, die unter der zunehmenden Verfinsterung tatsächlich zu leiden hätte, wären jene in Nordeuropa - da diese schon bisher nicht mit allzu viel Licht gesegnet sind.
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Eine wesentliche Studie zu dem Thema ist im Jahr 2002 in den "Geophysical Research Letters" 29/12, 10.1029/2002GL014910) unter dem Titel "Observed reductions of surface solar radiation at Sites in the United States and worldwide from 1961 to 1990" erschienen.
->   Die Studie (pdf-Datei)
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Verständnis von Luftverschmutzung und Klimaerwärmung
Laut Shep Cohen vom Institute of Soil, Water and Environmental Sciences in Israel würden es einige Kollegen nach wie vor bevorzugen, nicht allzu laut in der Öffentlichkeit über das Thema zu sprechen. Und zwar, weil es ansonsten als "Ausrede" für jedes Nicht-Reagieren auf die globale Klimaerwärmung verstanden werden könnte.

Dabei, so Cohen, sei es fundamental wichtig "global dimming" zu verstehen, um sowohl der Luftverschmutzung als auch der Klimaerwärmung begegnen zu können.
->   Online-Version von "Nature"
->   Atsumu Ohmura (ETH Zürich)
->   Australian National University, Canberra
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Polit-Wende: "Großexperiment" für Klimaforscher (11.10.02)
->   Wetterkapriolen: Die unterschätzte Rolle von Ruß (26.9.02)
->   Archiv zum Thema "Klimaerwärmung"
 
 
 
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01.01.2010