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WHO: Tabak und Armut - ein Teufelskreis  
  Die Weltgesundheitsorganisation WHO stellt den Weltnichtrauchertag am 31. Mai nicht ohne Grund unter das Motto "Tabak und Armut - ein Teufelskreis": Gut ausgebildete Menschen kommen tendenziell eher von ihrer Sucht los oder fangen gar nicht erst an. Umgekehrt rauchen zunehmend sozial benachteiligte Menschen.  
Bis zu fünf Prozent des Einkommens
Menschen in ärmeren Haushalten geben laut WHO im Schnitt vier bis fünf Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Tabak aus. In China rauchen Menschen ohne Schulbildung sieben Mal häufiger als solche mit College-Abschluss.

Wenn in Bangladesh zwei Drittel des für Zigaretten ausgegebenen Geldes in Nahrungsmittel investiert würden, könnten dort mehr als zehn Millionen Menschen vor dem Hungern bewahrt werden.
->   Tobacco increases the poverty of individuals and families (WHO)
Je gebildeter, desto weniger Raucher
Auch in Europa rauchen nach Auskunft des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ/Heidelberg) besonders viele ärmere und wenig gebildete Menschen: Unter den 18- bis 19-jährigen Hauptschulabgängern in Deutschland etwa beträgt der Raucheranteil 64 Prozent, bei den gleichaltrigen Gymnasiasten sind es 39 Prozent.

Bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts habe eher die Oberschicht geraucht, erläutert die Leiterin des deutschen WHO-Zentrums für Tabakkontrolle, Martina Pötschke-Langer. Um 1950, als es die ersten Studien zum Zusammenhang von Lungenkrebs und Rauchen gab, habe sich der Anteil allmählich umgedreht.

Grund: Gebildete erfahren mehr über Gesundheitsfolgen und nehmen das, was sie gelernt haben, ernster. Pötschke-Langer plädiert daher für staatliche Einschnitte und gezielte Kampagnen in Boulevardzeitungen oder Fernsehprogrammen für sozial Benachteiligte.
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100.000 Raucher weniger in New York
Mehr als 100.000 Menschen haben in New York innerhalb eines Jahres mit dem Rauchen aufgehört. Hauptgründe dafür, dass etwa jeder zehnte Raucher vom Glimmstängel abließ, sind erhöhte Zigarettenpreise und ein Qualmverbot in Kneipen. Das zumindest berichtet die "New York Times" mit Verweis auf eine Umfrage der Stadt. Die hatte die umstrittenen Gesetze im Jahr 2003 erlassen.
->   World No Tobacco Day 2004 materials (WHO)
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Preiserhöhung gegen Glimmstängel
Bei einer Preiserhöhung für Zigaretten um zehn Prozent lassen einer Studie der Weltbank zufolge vier Prozent der Raucher vom Glimmstängel ab. "Bei Jugendlichen und einkommensschwachen Menschen sind es sogar 13 Prozent", sagt Pötschke-Langer mit Verweis auf die Studie.

"Tabaksteuererhöhung ist das geeignetste Mittel überhaupt, um insbesondere Jugendliche und einkommensschwache Menschen vom Rauchen abzubringen - auch wenn die Steuererhöhung gestückelt wird, wie in Deutschland."
Rauchfreie Arbeitsplätze, Verbot von Tabakwerbung
Zweitbestes Mittel seien rauchfreie Arbeitsplätze. "Es vergeht vielen die Lust am Rauchen, wenn sie in einer rauchfreien Umgebung arbeiten dürfen. Die Menschen rauchen dann auch oft abends nicht mehr."

Als drittes nennt die Expertin, die auch Medizinerin am Krebsforschungszentrum ist, ein Verbot der Tabakwerbung. "Als Einzelmaßnahme kann es eine Konsumreduktion von acht Prozent innerhalb von zehn Jahren bewirken."
->   Rauch-Kallath plant totales Rauchverbot im Büro (29.5.; ORF.at)
Verhaltenstherapie und Nikotinersatzpräparate
Die beste Art aufzuhören ist laut Pötschke-Langer die so genannte Schlusspunktmethode und nicht die allmähliche Reduzierung. "Man muss sich ganz klar auf einen Tag festlegen." Der sollte nach DKFZ-Angaben innerhalb der kommenden zwei bis drei Wochen liegen. Damit arbeite auch die Verhaltenstherapie.

"Eine Kombination aus Verhaltenstherapie und Nikotinersatzpräparaten stellt die erfolgreichste Methode dar, wird aber am wenigsten wahrgenommen", sagt Pötschke-Langer. Die Erfolgsrate betrage 30 bis 35 Prozent. Die Methode sei auch eine Investition in die finanzielle Zukunft. Denn ein Jahr täglich eine Schachtel Zigaretten zu kaufen, koste 1.300 Euro.
Die meisten Ex-Raucher hörten zwischen 25 und 45 auf
Die meisten Ex-Raucher haben im Alter von 25 bis 45 Jahren mit dem Rauchen aufgehört. "In dem Alter finden viele es lästig, permanent eine Zigarette zu benötigen", erläutert Pötschke-Langer.

Weitere Tipps: Aschenbecher und Feuerzeug verbannen, möglichst verschiedene Säfte trinken, Sport treiben, sich mit dem gesparten Geld kleine oder größere Wünsche erfüllen.

Simone Humml, dpa
science.ORF.at
->   Weltnichtrauchertag der WHO
->   Poverty and tobacco (Journal "Tobbaco Control", Bd. 10/2001, S. 210; pdf-Datei)
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Wirken Warnhinweise auf Zigarettenpackungen? (27.5.04)
->   Raucherentwöhnung: Drittel ist "heilbar" (14.4.04)
->   US-Studie: Rauchverbot reduziert Infarktrate (9.4.04)
->   Rauchen: Österreich als negatives Beispiel (22.1.04)
 
 
 
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01.01.2010