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Herzinfarkte: Fortschritte bei Therapie-Angeboten  
  Patienten mit einem akuten Herzinfarkt haben in Österreich zunehmend bessere Überlebenschancen - wenn sie rechtzeitig ins Spital kommen und dort die modernste Therapie erhalten.  
Dies erklärten am Dienstag Fachleute aus Anlass des Jahreskongresses der österreichischen Kardiologen (2. bis 5. Juni) in Salzburg bei einer Pressekonferenz in Wien.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufigste Todesursache
Nach wie vor sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent die häufigste Todesursache. Doch während es in der Prävention (Rauchen, Cholesterin, Bewegungsmangel, Bluthochdruck) noch einiges aufzuholen ist, werden die Techniken in der Behandlung immer besser.
->   Jahreskongress der österreichischen Kardiologen
Diagnose: Messung von Blut-Hormon
Grafik: APA, Quelle: Statistik Austria
Immer mehr Platz in der Diagnose und der Therapiekontrolle erobert sich die Messung der Konzentration des B-Type natriuretischen Peptids (BNP) im Blut von Herzpatienten.

Kurt Huber, Chef der kardiologischen Abteilung am Wiener Wilhelminenspital: "Das BNP-Hormon wird im Herzen gebildet. Patienten mit Herzmuskelschwäche haben erhöhte Spiegel im Blut. Es hat sich gezeigt, dass eine effektive Behandlung der Herzmuskelschwäche diese Konzentration senkt. Steigt das Hormon an, kann eine Verschlechterung der Herzschwäche bevorstehen."

Auch bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und bei Kranken mit Verengungen der Körperschlagader (Aorta) können erhöhte BNP-Werte auf ein höheres Sterberisiko hinweisen. Dann wäre eine Operation oder eine intensivere Therapie eventuell nötig.
Beste Therapie: Stents und Medikamente
Die beste Behandlungsmöglichkeit nach einem akuten Herzinfarkt ist die schnelle Aufdehnung des verstopften Herzkranzgefäßes mittels aufblasbarem Ballonkatheter und Einfügung einer aufklappbaren Drahtgitterröhre (Stent). Das senkt die Sterblichkeit drastisch.

Zweitbeste Möglichkeit ist die Gerinnselauflösung per Medikament (Thrombolyse). Beide Therapien sollten am besten binnen zwei Stunden nach dem Auftreten von Infarktsymptomen angewendet werden. Verbesserungen in Österreich steht aber offenbar auch ein Nachholbedarf gegenüber.
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Zurückhaltung gegenüber Stammzelltherapie
Mittlerweile eher zurückhaltend sind die Experten, was die Zukunftsaussichten für die Stammzelltherapie bei Herzmuskelschäden (z.B. nach einem Infarkt) betrifft. Dietmar Glogar, Präsident der österreichischen kardiologischen Gesellschaft: "Alle Studien deuten darauf hin, dass aus dem Knochenmark gewonnene Stammzellen, die dem Patienten infundiert werden, nicht so sehr zu Muskelzellen differenzieren, sondern eher zur Neubildung kleiner Blutgefäße führen. Im Zentrum eines Infarktes ist das Eintreten einer Regeneration nicht anzunehmen."
->   Mehr dazu: Herzinfarkte Diskussion um Stammzelltherapie (22.3.04)
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Akut-Versorgung: Nachholbedarf in Wien ...
Eine Verbesserung in Wien laut Kurt Huber: "Das Ziel ist es, die meisten Patienten zur Akut-PTCA zu bringen. Es gibt jetzt aber auch die Thrombolyse schon vor der Einlieferung ins Spital."

Mit dieser Organisation seit 1. März 2003 hätte die Infarktsterblichkeit von 17 auf weniger als zwölf Prozent gesenkt werden können. Allerdings, während tagsüber mehrere PTCA-Labors zur Verfügung stehen, gibt es in der Nacht das Wiener AKH (mit Rufdienst) und von Montag bis Donnerstag jeweils ein zweites Labor in einem anderem (KAV-)Spital. Von Freitag bis Sonntag gibt es nur das AKH (Rufdienst).
... und ganz Österreich
Der Präsident der kardiologischen Gesellschaft und PTCA-Labor-Chef am Wiener AKH: "Bei Behandlung während des Tages haben wir eine 30-Tage-Mortalität von zwei Prozent bei den Patienten. Kommen sie in der Nacht - da gibt es etwas Verzögerung -, liegt die Sterblichkeitsrate bei vier bis 4,5 Prozent. Wir haben in Österreich an sich eine sehr dichte Versorgung mit Katheterlabors. Über Österreich hinweg gibt es aber noch hohen Aufholbedarf."

Laut Huber gibt es die modernsten Behandlungsmethoden in der Akut-Therapie des Herzinfarkts zum Beispiel für Patienten im Waldviertel (Niederösterreich) nur in Einzelfällen. Lücken seien auch in Teilen der Steiermark (Ennstal) und einzelnen Alpenregionen vorhanden.
Vorbild Tschechien
Bezüglich der flächendeckenden Organisation eines PTCA-Service ist durch den erst vor kurzem erfolgten Neuaufbau die tschechische Republik dem österreichischen Gesundheitswesen offenbar voraus.

Franz Weidinger, Organisator des österreichischen PTCA-Registers (Universitätsklinik Innsbruck): "Die tschechische Republik ist hier sicher einzigartig. Sie ist das einzige Land, das flächendeckend eine PTCA zur Verfügung stellt." Allerdings gibt es über die Resultate noch Diskussionen. Nicht nur das Vorhandensein solcher Labors, sondern der frühest mögliche Alarm durch die Patienten, der schnelle Transport in eine spezialisierte Abteilung und eine möglichst kurze Zeit bis zur Therapie sind ausschlaggebend.
->   Österreichische Kardiologische Gesellschaft
->   Mehr zum Thema Herzinfarkt in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010