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Zeilinger präsentiert "University of Excellence"  
  Der Physiker Anton Zeilinger präsentiert dem Rat für Forschung und Technologie am Dienstag sein Konzept einer "University of Excellence" - eine Spitzenuni mit naturwissenschaftlich-technischer Ausrichtung.  
"Unter starker Forschungs-Orientierung soll postgraduelle Ausbildung auf höchstem Niveau angeboten werden", erklärte Zeilinger im Gespräch mit der APA seine Idee, die nun konkrete Formen annimmt. Das Wissenschaftszentrum Wien (WZW) führt bereits eine Machbarkeitsstudie durch, in der auch die möglichen Kosten einer solchen Flaggschifforganisation geprüft werden.
->   Wissenschaftszentrum Wien
ETH oder MIT fehlen in Österreich
Für Zeilinger, der auch science.ORF.at-Host ist, fehlt in Österreich eine Spitzeninstitution wie es etwa die Eidgenössisch Technische Hochschule (ETH) Zürich in der Schweiz oder das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA seien.
Interesse für Naturwissenschaften und Technik wecken
Zwei Beobachtungen nennt der Vorstand des Instituts für Experimentalphysik der Universität Wien als primäre Motivation für seinen Vorstoß: Einerseits würden in Österreich, so wie in der gesamten EU, zu wenige Leute in technisch-naturwissenschaftlicher Richtung ausgebildet. Daraus resultiere auch die "nicht optimale Struktur unserer Wirtschaft in zu vielen alten Sektoren".

Von einem solchen Aushängeschild erwartet sich Zeilinger ein verstärktes Interesse junger Menschen in Naturwissenschaften und Technik, die Wirtschaft würde von mehr Absolventen in diesen Bereichen profitieren.
"Noch" Standortvorteile in Wien
Andererseits habe Österreich, speziell Wien, einen Standortvorteil. "In Osteuropa wird Wien immer noch als Anspruchszentrum gesehen, aus historischen Gründen haben wir noch die Nase vorne, und das muss man ausnutzen", so Zeilinger. Angesichts eines sich differenzierenden Universitätssystems werde sich irgendwo eine solche Spitzeninstitution herauskristallisieren, "wenn wir jetzt nicht handeln, wird es jemand anderer tun".
Synergie, nicht Konkurrenz zu anderen Unis
Zeilinger sieht in seiner "University of Excellence" keine Konkurrenz zu bestehenden Unis, sondern Synergien. Das zeige etwa der Vergleich mit dem Raum Boston, wo es mit Harvard und dem MIT zwei weltweit führende Einrichtungen gebe, aber dennoch 40 bis 50 weitere Einrichtungen des tertiären Bildungssektors, darunter auch Top-Universitäten. Mit den Rektoren der Universität Wien und der Technischen Universität Wien, Georg Winckler und Peter Skalicky, habe er sein Konzept bereits besprochen, "und beide sind bereit, das mitzutragen", sagte Zeilinger.

Seine Idee ist es, dass die bestehenden Universitäten an der Trägergesellschaft der "University of Excellence" beteiligt sind. Die Trägerschaft sollte auf breiter Basis stehen und auch die Wirtschaft und deren Interessenvertretungen sowie die Bundesländer umfassen.
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Vorbild Weizmann-Institut
Zeilinger hat gemeinsam mit dem Wiener Chemiker Peter Schuster international vergleichbare Institutionen besucht und unter die Lupe genommen, etwa das MIT oder das Institute for Advanced Studies in Princeton (USA). Als Vorbild für die "University of Excellence" nennt er aber am ehesten das Weizmann-Institut in Rehovot (Israel), wobei er die Einrichtung in Wien ("Wien ist der logische Standort dafür") allerdings kleiner halten würde. "Durch die Zusammenarbeit mit den bestehenden Unis müssten nicht alle Fächer selbst angeboten werden."
->   Weizmann-Institut
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"Beste Köpfe sollen vollkommen unabhängig arbeiten"
"Wichtig ist, dass dort die besten Köpfe vollkommen unabhängig arbeiten können", meint Anton Zeilinger. Die Einrichtung soll so gut sein, dass sich Leute aus aller Welt "darum reißen, dort studieren oder lehren zu dürfen".

Es müsse auch klar sein, dass ein erklecklicher Teil der Mittel in modernste Infrastruktur fließt, denn bestehende Unis seien zu stark personallastig, und auch der Wissenschaftsfonds FWF sehe sich gezwungen, zu wenig Investitionen und zu viel Personal zu fördern.
Entscheiden soll internationales Experten-Gremium
Grundprinzip der "University of Excellence" müsse sein, dass wichtige Entscheidungen, etwa über Forschungsfelder oder Personal, nicht von den Trägern getroffen werden. Die ersten Entscheidungen müsste ein international höchstkarätiges Gremium, "absolute Spitzenleute auf Nobelpreisträger-Niveau", fällen.

"Da darf keiner aus Österreich dabei sein - mich eingeschlossen", betont Zeilinger, dem dieser Aspekt besonders wichtig ist: "Für mich und die Proponenten dieses Projekts ist nichts drinnen, ich persönlich werde immer ablehnen, dort eine Professur zu machen, sonst bekommt das eine schiefe Optik."
Maximal 30 Professuren
Ein sinnvoller Start wäre mit zehn Professuren und ihren Arbeitsgruppen, im Endausbau sollten nicht mehr als 25 bis 30 Professoren an der "University of Excellence" beschäftigt sein. Sie sollten Arbeitsgruppen von jeweils rund 20 Mitarbeitern aufbauen - Leute, die an ihrer Diplomarbeit oder ihrem Doktorat arbeiten, sowie Postdocs.

"Welche Form der postgradualen Ausbildung angeboten wird, sollte so liberal wie möglich gehalten werden, das soll die Uni selbst entscheiden", sagte Zeilinger, der überzeugt ist, dass der Großteil dieser Mitarbeiter aus Drittmitteln finanziert werden kann.
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Workshop im Herbst
Im Herbst organisiert Zeilinger einen hochkarätig besetzten Workshop, bei dem er sein Konzept kritisch beleuchten lassen will. Erwartet werden dazu u.a. der aus Österreich stammende Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel, der Präsident der Humboldt-Universität Berlin, Jürgen Mlynek, der Präsident der ETH-Zürich, Olaf Kübler, der aus Graz stammende ehemalige Präsident des Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierates, Gottfried Schatz, sowie der in Österreich bereits in vielen Uni-Gremien tätig gewesene Konstanzer Philosoph Jürgen Mittelstraß.
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Hoffen auf Forschungs- und Wissenschaftsrat
Vom Forschungsrat erhofft sich Zeilinger Zustimmung zu seinem Projekt. RFT-Vorsitzender Knut Consemüller und der Chef des Wissenschaftsrats, Wolfgang Mantl, hatten sich vor einigen Wochen bei einem von der APA organisierten Round-Table-Gespräch für eine Eliten-Postdoc-Ausbildung in Österreich ausgesprochen. "Das ist finanzierbar, das ist machbar, und das trägt schnell Früchte", hatte sich Consemüller positiv zu dem Zeilinger-Vorschlag geäußert.
->   Anton Zeilinger (Uni Wien)
->   Forschungsrat
->   science.ORF.at-Archiv zu Anton Zeilinger
 
 
 
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01.01.2010