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Psychoedukation für Familien mit erblicher Belastung  
  Informationen über erblich bedingte Erkrankungen sind für Patienten oft schwer zu verstehen, da sie neu und sehr komplex sind. Aus diesem Grund ist es notwendig, psychoedukative Angebote in die Betreuung mit einzubinden, meint ein Team der Abteilung für Spezielle Gynäkologie am AKH Wien. Anlass ist der Diskurstag "GEN-AU 2004" in Graz am Donnerstag, bei dem es darum geht, was jeder Einzelne von medizinischer Genomforschung hat.  
Beitrag zum Diskurstag 2004: Genomforschung und Medizin
Von C. Fürhauser, V. Winkler, R. Kroiss, D. Bikas, T.Wagner und E. Kubista, Abt. für Spezielle Gynäkologie der Medizin-Uni Wien

Mittlerweile werden für viele Erkrankungen, die erblich bedingt sind, genetische Test angeboten. Allen Tests gehen ausführliche Beratungen voraus und auch das Ergebnis des Tests muss eingehend diskutiert werden.

Im Verlauf dieser Gespräche ist es notwendig, den PatientInnen verschiedenartige teils sehr komplexe Informationen zu vermitteln. Sind medizinische Fakten generell für Laien schon schwer verständlich, so sind es Informationen über genetisch bedingte Erkrankungen noch viel mehr.
Schwierige Faktenlage, oft Missverständnisse
Zum Beispiel müssen verschiedene medizinische Optionen für MutationsträgerInnen diskutiert werden: die Konsequenzen für Behandlungen, die Möglichkeiten der Früherkennung und auch der prophylaktischen Maßnahmen.

Informationen über die Weitergabe der genetischen Belastung in der Familie führen oft zu Missverständnissen. Für die PatientInnen ist es zum Beispiel schwierig zu verstehen, dass Veränderungen auch über die väterliche Linie vererbt werden können, wenn es sich bei der Erkrankung um eine typisch weibliche, wie zum Beispiel Brustkrebs, handelt.
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Diskurstag "Genomforschung und Medizin"
Am 17. Juni findet in der Stadthalle Graz der "Diskurstag GEN-AU 2004" statt. Die Veranstaltung widmet sich dem Themenfeld "Genomforschung und Medizin" - ausgehend von der Frage "Was habe ICH davon?".
->   Mehr zu der Veranstaltung
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Diagnose setzt "emotionale Prozesse in Gang"
Auch die Wahrscheinlichkeit, die Veränderung an Kinder weiterzugeben, wird oft falsch eingeschätzt. Eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent wird zum Beispiel so ausgelegt, dass, wenn das erste Kind die Veränderung geerbt hat, das zweite es nicht erben kann.

Grundlegende Informationen werden bereits vor der molekulargenetischen Analyse mit den PatientInnen besprochen. Auch bei der Aufklärung über das molekulargenetische Ergebnis werden notwendigerweise Informationen vermittelt.

Die vielfältigen neuen Informationen sind grundsätzlich schwierig zu behalten, außerdem werden durch die Diagnose-Mitteilung emotionale Prozesse in Gang gesetzt, die die Aufnahmekapazität der Betroffenen zusätzlich stark reduzieren.
Umfassende Betreuung durch Psychoedukation
Deshalb erscheint die Entwicklung eines innovativen psychoedukativen Angebots für Familien mit erblicher Belastung für eine umfassende Betreuung und Begleitung ausgesprochen wichtig. Das Angebot sollte auf verschiedenen Ebenen präsentiert werden, um zu garantieren, dass die Informationen für alle Betroffenen verfügbar sind.
Info-Abende, Erfahrungsaustausch
Regelmäßig stattfindende Informationsabende zu verschiedenen Themengebieten bieten die Möglichkeit zur ausführlichen Informationsvermittlung und zum Stellen von Fragen durch die PatientInnen. Außerdem bietet sich so die Gelegenheit für die PatientInnen, mit anderen Betroffenen Kontakt aufzunehmen und sich auszutauschen.

Zudem steht das genetische Beratungsteam für Gespräche auch nach dem Vortrag zur Verfügung. Unter anderem wird so der unverbindliche Kontakt zu PsychologInnen oder PsychotherapeutInnen des Teams erleichtert.
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Anonymität via Internet
Über eine Internet-Homepage können PatientInnen von zu Hause aus und anonym Informationen beziehen und vielleicht über E-mail Fragen stellen. Diese Art der Informationsvermittlung ist sowohl für Personen vor einer genetischen Beratung als auch für PatientInnen, die sich bereits untersuchen ließen, eine Hilfe.
->   Beratungsstellen genetischer Brustkrebs (Spezielle Gynäkologie, AKH Wien)
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Broschüren fürs Verständnis
Ergänzt kann das psychoedukative Angebot durch Broschüren zu relevanten Themen wie Vererbung, Früherkennung oder vorbeugende Maßnahmen werden. Die Folder können in jedem Stadium des Beratungs- und Testungsprozesses eingesetzt werden. Informationen können so nachgelesen und auch an andere Familienmitglieder weitergegeben werden.

Durch dieses vielfältige Angebot wird es Betroffenen ermöglicht, sich zu informieren und die eigene Erkrankung bzw. die Veranlagung zu einer Erkrankung besser zu verstehen.
Evaluation des Programms am AKH Wien
In der genetischen Beratungsstelle der Speziellen Gynäkologie im AKH Wien wird derzeit ein entsprechendes Programm für Familien mit erblichem Brust- und Eierstockkrebs eingeführt und auch im Sinne des Qualitätsmanagements evaluiert.
->   Spezielle Gynäkologie, AKH Wien
->   GEN-AU Genomforschung in Österreich
Mehr zum Diskurstag in science.ORF.at:
->   Epigenetik: Vom molekularen Modell zum Krankenbett (14.6.04)
 
 
 
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01.01.2010