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Greenpeace: Gentechnikspuren in Milch nachgewiesen  
  Das Stichwort Gentechnik erregt regelmäßig die Gemüter - vor allem in Bezug auf Nahrungsmittel. Eine Folge ist die EU-Richtlinie zur Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten, seit April auch in Österreich in Kraft. Doch immer wieder weisen Kritiker darauf hin, dass es zu Verunreinigungen nicht gekennzeichneter Nahrung kommen könnte. Nun hat die Umweltorganisation Greenpeace Untersuchungsergebnisse veröffentlicht, denen zufolge sich Spuren von Gentech-Pflanzen in Milch fanden. Eine Folgestudie konnte jedoch nach Angaben von Forschern keine Gentech-Spuren nachweisen.  
Laut Greenpeace fanden Wissenschaftler in der Milch von Tieren eines bayerischen Landwirtes, der Gentech-Soja und Gentech-Mais verfütterte, Teile der Erbsubstanz dieser Pflanzen.

Es seien Bruchstücke der in Pflanzen eingesetzten Gene in Milchproben einer Kuh gefunden worden, die mit Gen-Soja und Gen-Mais gefüttert worden war, bestätigte auch Heinrich Meyer vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan.
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Nach Angaben der Umweltorganisation handelt es sich um einen Untersuchungsbericht des Forschungszentrums für Milch und Lebensmittel in Weihnstephan, Bayern, das als zentrale wissenschaftliche Einrichtung zur Technischen Universität München gehört.
->   Forschungszentrums für Milch und Lebensmittel
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Weitere Studie: Ergebnisse nicht bestätigt
"Was die Forschung bisher für unmöglich hielt, muss nun anders bewertet werden", erklärte Henning Strodthoff, Gentechnikexperte von Greenpeace, in einer Aussendung der Organisation vom Montag.

Bisher wurde demnach angenommen, dass Gentech-Pflanzen bei der Verdauung abgebaut werden und ihre Bestandteile nicht in Fleisch oder Milch gelangen.

"Es ist kein Ergebnis, das einen zweifelsfreien Rückschluss erlaubt", betonte jedoch Heinrich Meyer. In einer Untersuchung unter festgelegten Rahmenbedingungen mit eigenen Kühen hätten sich die Ergebnisse der ersten Studie von vor drei Jahren nicht bestätigt.
Lücke bei Kennzeichnungspflicht
Nach der EU-Kennzeichnungsverordnung für gentechnisch veränderte Lebensmittel besteht keine Kennzeichnungspflicht für tierische Produkte. "Die Lücke in der Kennzeichnung muss sofort geschlossen werden", fordert Strodthoff.

Tatsächlich müssen alle Lebens- und Futtermittel, in denen auch nur ein Teil des Ausgangsprodukts gentechnisch verändert wurde, laut der neuen EU-Verordnung gekennzeichnet werden. Auch dann, wenn die manipulierte Gensequenz im Laufe der Verarbeitung zerstört wurde und der Eingriff daher nicht mehr nachweisbar ist, etwa bei einem Öl aus Gen-Soja oder einem Sirup auf Stärkebasis.

Nur der Weg durch einen Tiermagen hebt die Kennzeichnungspflicht auf: Fleisch, Milch und Eier von Tieren, die mit GVO-Produkten gefüttert wurden, werden nicht angeschrieben. Außerdem muss die Herkunft aller Inhaltsstoffe nachvollziehbar sein, damit die bewusste Verwendung von GVO ausgeschlossen werden kann.
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EU: Strenge Kennzeichnung von Gentech-Produkten
Das EU-Parlament hat im Juli 2003 zwei Verordnungen mit strengeren Bestimmungen für die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) sowie für die Rückverfolgbarkeit von gentechnischen Produkten beschlossen. In Österreich trat die neue EU-Richtlinie zur Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten, am 18. April 2004 in Kraft.
->   Mehr dazu: Artikel vom 2. Juli 2003
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Ergebnisse drei Jahre unter Verschluss
Die Untersuchung des Forschungszentrums für Milch und Lebensmittel in Weihenstephan in Bayern wurde laut Greenpeace drei Jahre unter Verschluss gehalten. Die Umweltorganisation fordert nun weitere Studien - und eine Kennzeichnung von tierischen Produkten, die mit Gentech-Futter hergestellt wurden.
Bacillus thuringiensis-Gen gegen Schädlinge
In den analysierten Milchproben des Landwirts konnte laut Aussendung die Erbsubstanz von gentechnisch verändertem "Roundup Ready Soja" und genmanipulierten "Bt176 Mais" nachgewiesen werden.

"Bt" steht für Bacillus thuringiensis, ein Bodenbakterium, das als Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt wird. Durch genetische Manipulation wird einem Bt-Mais ein Proteingen eingeschleust, durch das die Pflanze das Gift selbst produziert.
Weg der DNA in die Milch ist unklar
Nach Angaben von Greenpeace zeigt der Untersuchungsbericht mehrere Möglichkeiten auf, wie die Gen-Abschnitte in die Milch gelangt sein könnten: Möglicherweise seien die Gen-Rückstände aus Futterstaub im Stall direkt in die frisch gemolkene Milch geraten, erläuterte Greenpeace-Gentechnikexperte Henning Strodthoff.

Es sei aber auch denkbar, dass nicht vollständig aufgespaltene Gen-Rückstände im Körper der Kuh die Darmwand passierten und so über das Blut in die Milch gerieten. "Das wäre eine Möglichkeit, wie es passiert sein kann - aber letztlich ist es nicht geklärt."

Bisher seien allerdings keine weiteren Untersuchungen durchgeführt worden, um den genauen Weg der DNA-Fragmente in die Milch zu klären.
Details zur Folgestudie: Keine Gentech-Spuren
In Weihenstephan hieß es hingegen, die Proben des Bauern seien Anlass gewesen für eine "echte" Studie mit eigenen Kühen. Dabei seien die Kühe vier Wochen lang an streng getrennten Orten gemolken und gefüttert worden.

Bei dieser Studie seien keine Gen-Anteile in der Milch gefunden worden. "Die ersten Ergebnisse sind gegenstandslos, weil wir eine ordentliche Kontrollstudie durchgeführt haben", sagte Meyer. Die Ergebnisse aus den Proben des Bauern seien vor drei Jahren nicht veröffentlicht worden, weil die Rahmenbedingungen auf dem Hof nicht bekannt gewesen seien.

"Es ist immer ein Problem, mit Proben von Dritten zu arbeiten - so was kann man nicht nach außen weitergeben."
->   Greenpeace Österreich
->   Greenpeace: "Wie kommen die Gene in die Milch?" (pdf-Dokument)
->   Mehr zum Thema Gentechnik in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010